Vincent Cassel: "Ich bin kein Zyniker"
Frankreichs Hollywoodstar über sein wildes Image, Eva Green und warum sein Musketier-Film "D’Artagnan" auch für die TikTok-Generation interessant sein dürfte.
Stolz, gefährlich, mit einem schicksalsschweren Geheimnis aus seiner Vergangenheit als Bürde: So darf Vincent Cassel in "Die drei Musketiere – D’Artagnan" auftreten. Eine Rolle, die zu ihm passt: Der Schauspieler gilt als einer der großen Stars Frankreichs – und als einer der wenigen, die es auch in Hollywood geschafft haben.
In Filmen wie "Lai Haine - Hass", "Ocean’s 12" oder "Black Swan" brilliert er stets mit einer vibrierenden Intensität, niemals eindimensional, und stattet seine Rolle mit einer geheimnisvollen Vielschichtigkeit aus.
Am 13.4. läuft nun die rasante Verfilmung des legendären Romans von Alexandre Dumas als Film im Kino an. Cassel gibt den Athos. Und fechtet sodann tapfer gegen die Machenschaften von Kardinal Richelieu und Mylady de Winter (Eva Green) an, die gegen die Krone Frankreichs intrigieren.
Im Interview tritt Cassel charmant wie selbstbewusst auf. Die grauen Haare trägt er kurz, beinahe vom selben Ton wie sein grauer Pullover, die Ärmel: sind hochgekrempelt. Er lächelt.
Am meisten kommt dieses Motto bei mir beim Filmemachen zum Tragen. Filme zu drehen, ist Teamwork. Wenn das nicht alle so sehen, wird es am Set schnell problematisch.
Um ehrlich zu sein, ist diese Art von Projekt hier in Europa wirklich selten. Es bot sich eine Gelegenheit, die man einfach nicht ausschlagen kann. Für mich war die Rolle des Athos, so wie ich mich an sie aus dem Buch und den Filmen erinnere, immer der dunkelste Charakter darin. Er trägt das Drama, das Bedauern und die Reue in sich. Ich hatte stets das Gefühl, dass er die Emotionen der Geschichte in sich birgt. Als ich also gebeten wurde, die Rolle zu übernehmen, war ich überglücklich.
Ja, das stimmt! (lacht) Ich habe es wieder und wieder versucht. Und dann, ganz plötzlich, habe ich ein ganzes Jahr lang mit ihr verbracht. Und zwar buchstäblich. Bevor wir „D'Artagnan“ drehten, filmten wir direkt vorher nämlich noch eine Serie („Liaison", Anm.) zusammen. Sie ist eine meiner Lieblingsschauspielerinnen. Und heute, zwei Projekte danach, hintereinander mit ihr, kann ich sagen: Ich habe meine Meinung über sie nicht geändert.
Mysteriös, unverwechselbar, gefährlich und lustig.
Ja, auf jeden Fall. (schmunzelt)
Ich habe den Kerl damals angesehen und mir gedacht: Warte du nur mal ein paar Jahre, Mann. Wenn wir uns einmal wiedersehen, läuft die Sache aber anders.
Ich bin im Leben kein zynischer Mensch. Aber es stimmt: Wurde man einmal gebissen, neigt man dazu, selbst ein wenig bissiger zu sein. (lacht) Im Grunde ist die Beziehung zwischen D'Artagnan und Athos wie die eines älteren und jüngeren Bruders. Athos ist eine Vaterfigur für ihn. Manchmal muss man die Jüngeren vor ihren Fehlern schützen. Auch wenn das völlig sinnlos ist. Jeder muss seine eigenen Fehler machen.
Selbst wenn man sie auf eine gewisse Weise betrachtet und etwa ihre politischen Aspekte mit einbezieht, hat man das Gefühl, dass das alles heute noch ein wenig so sein könnte. Man hat zwar eine Vorstellung davon, was vor sich geht - aber die Wahrheit dahinter sieht ganz anders aus.
Ich erinnere mich noch gut an den Tag, an dem ich einen meiner ersten Filme gedreht habe. Ich war am Set, trank einen Kaffee und war etwa fünf Minuten zu spät. Da kam der erste Assistent zu mir und behandelte mich wie ein Stück Scheiße. "Was machst du da, du trinkst einen Kaffee? Du bist zu spät. Sofort in die Maske mit dir", fauchte er mich an. Ich habe den Kerl damals angesehen und mir gedacht: Warte du nur mal ein paar Jahre, Mann. Wenn wir uns einmal wiedersehen, läuft die Sache aber anders. (lacht) Und wissen Sie was? Ich habe ihn wiedergesehen.
Nun habe ich ihn wie Scheiße behandelt. (lacht)
Nein, "Pakt der Wölfe" war ein ganz anderer Film. Total übertrieben, irgendwie historisch, aber auch mit Kung Fu und seltsamen Monstern. Es war eher eine Art von Sci-Fi-Fantasy-Film. Unser Film dagegen ist insofern solide, als er Teil der französischen Kultur ist. Eine große Geschichte, die jeder kennt. Es war eine echte Herausforderung, sie wieder modern und interessant zu machen.
Nun, seltsamerweise haben wir festgestellt, dass die Jüngsten von der Geschichte total angetan sind. Ich denke, Menschen mit Schwertern auf Pferden zu sehen, die für die Integrität und andere hohe Werte kämpfen, ist immer noch sehr inspirierend - selbst wenn man mit TikTok aufgewachsen ist. Aber wenn man auf TikTok anderthalb Stunden lang Mädchen zugesehen hat, wie sie ihre berühmten Tänze aufführen, hat man ja vielleicht Lust, auch etwas Tiefgründigeres sehen.
Ich weiß auch nicht, woher ich diese Energie habe. Ich glaube, jeder besitzt einfach seine eigene Dynamik. Ich bin so geboren, würde ich sagen. Und weil ich so viele körperbetonte Rollen gespielt habe, neigen die Leute vielleicht dazu, diese energiegeladene Vorstellung von mir zu haben. Ich würde zwar nicht behaupten, ich wäre ein wahnsinnig ruhiger Typ. Aber ich bin auch nicht so intensiv, wie die Leute annehmen.
Mir gefällt das. Ich meine, ich habe kein besonderes Gefühl für Hollywood. Hollywood ist so vielseitig. Aber von einem Land ins andere zu springen, hat mir immer schon Spaß gemacht. Ich werde das auch weiterhin tun. Es muss auch nicht unbedingt Amerika sein. Es könnte England, Italien oder Spanien sein. Es könnte Brasilien sein.
Ich bin mit "Taxi Driver" und "La Dolce Vita" aufgewachsen. Die Helden darin, die waren Anti-Helden. Sie waren nicht überlegen, sie hatten Fehler und würden sie zugeben. Und genau das finde ich sehr interessant.
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