Stranger Things macht's möglich: Ein uralter Song wird zum Hit

Wie Kate Bush zur Queen der Gen Z wurde? Dank der erfolgreichsten Netflix-Serie aller Zeiten: „Stranger Things“.

Netflix hat’s geschafft, „Stranger Things“ ist die erfolgreichste englischsprachige Serie der Welt, und tatsächlich ist der Mix aus Teenie-Horror, Romanze und Weltverschwörungsthriller in der vierten Staffel noch ein bisschen besser als bisher.

Ein unglaublicher Nebeneffekt dieser Popularität: Die knapp 64-jährige Britin Kate Bush hat den ersten US-Top-10 Hit ihres Lebens, liegt sogar vor everybody’s Darling Harry Styles, in anderen Ländern wie Australien, Neuseeland, Schweiz, Niederlande ist ihr 37 Jahre alter Song „Running up that hill“ überhaupt an der Spitze der Charts. Das ist in den USA dafür das dazugehörige Album „Hounds of Love“.

Was umso erstaunlicher ist, als Kate Bush praktisch NIE Musik für den Mainstream gemacht hat, wenn man mal von ihrem düster romantischen Teenager-Debüt „Wuthering Heights“ und „Babooshka“ absieht, das doch in einigen Land-Discos bis in die 90er auf der Playlist stand. 

Zu ihrer Glanzzeit in den 1980ern machte sie die Lieblingsmusik für Kritiker und Thirtysomethings, denen klar war, dass Tracks wie „The Dreaming“, „Night oft the Swallow“ oder „Leave it Open“ genial sind, aber schon auch ziemlich schräg.

So wie die Künstlerin selbst. Sie machte keine Musik für die Teens der 80er, die standen auf Madonna, Wham und A-Ha, nicht auf diese quirky junge Frau, die Ausdruckstanz, Mandolinen und Polyrhythmik liebt und Songs über Literatur des 19. Jahrhunderts schreibt, über einen Psychoanalytiker und seinen Sohn, ein schwules Pärchen in Bagdad oder den altösterreichischen Zauberer und Entfesselungskünstler Houdini. Sie war eine Außenseiterin. Verehrt von Kollegen, Kritikern und Fans, aber doch eine Außenseiterin.

Und genau das könnte es sein, was sie für die Gen Z sooo interessant macht. Die Kids lieben Außenseiter wie eben die sympathischen Nerds aus „Stranger Things“, Randgruppen, Nonkonformisten, dazu Gefühlschaos, Drama, Seelenschau. Sie beziehen im Gegensatz zu einigen früheren Generationen auch aktiv Stellung für die, die keine Mehrheit haben. Und haben in Kate Bush die perfekte Stimme dafür gefunden.

Anders lässt sich dieses Phänomen kaum erklären, denn alle „Stranger Things“-Staffeln hatten coole Musik, The Clash mit „Should I stay or should I go“ seien hier nur erwähnt, Peter Gabriel, Kiss, Queen – aber eine derartige Reaktion gab es noch nie. Die meisten Downloads auf Apple Music, auf Spotify, die meisten Google-Suchanfragen, die meisten TikTok-Covers.

Diese allgemeine Euphorie brachte nun auch die sonst sehr öffentlichkeitsscheue Künstlerin dazu, sich mit einem offiziellen Statement an ihre neuen, jungen Fans zu wenden: Sie bedankt sich bei den jungen Leuten, die ihrem Song zu neuem Leben verholfen haben - und outet sich selbst als Fan der Serie. Auf deren zweiten Teil im Juli sie mit "angehaltenen Atem" warte.

Wir halten mit dir die Luft an, liebe Kate. Und hören täglich deinen Song, auf dass uns der böse Vecna nicht erwische!

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

Kommentare