Stefanie Reinsperger ist ganz schön wütend
Stefanie Reinsperger ist für ihre Rolle im Salzburger Landkrimi nominiert. Ein Gespräch mit der Schauspielerin über ihre Zeit als Buhlschaft, den „Tatort“ und Frauenfeindlichkeit.
In diesen schrecklichen Zeiten kommt mir das alles sehr, sehr trivial vor“, schreibt Stefanie Reinsperger am Sonntagabend noch per eMail. Sie spricht damit das Interview an, dass ich mit der derzeit in Berlin lebenden Schauspielerin noch vor dem Einmarsch der Russen in der Ukraine geführt habe.
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„Aber vielleicht lenkt das Gespräch auch ein paar Menschen ab. Das wäre schön“, fügt Reinsperger noch zum Abschluss ihrer Nachricht hinzu. So möge es sein. Hier die Gesprächsaufzeichnung.
Stefanie Reinsperger: Überrascht nicht, weil wir das alle natürlich schon lange wussten. Ich hätte aber nicht damit gerechnet, dass alle bis zum Ausstrahlungstermin dichthalten und nichts an die Öffentlichkeit dringt. Dass das geklappt hat, war schon sehr super.
Nein, das bin ich ja schon (lacht). Und nein, ich glaube, das bedeutet einfach, dass wir nun zu dritt weitermachen. Als Kollegin finde ich das natürlich extrem schade, weil Anna eine großartige Schauspielerin und fantastische Partnerin vor der Kamera ist. Aber Anna hat ihre Entscheidung getroffen und wir alle haben die zu akzeptieren.
Für das Dortmunder Team macht dieser Ausstieg selbstverständlich sehr neue, spannende Erzählstränge auf. Wie finden sich jetzt die drei übriggebliebenen wieder? Was wird Faber machen? Wie werden Faber, Jan und Rosa diesen Verlust verarbeiten und damit umgehen? Die Zuschauerinnen auf diese Reise mitzunehmen finde ich schon sehr herausfordernd, und darauf freue ich mich schon: Wir beginnen in den nächsten Wochen mit den Dreharbeiten.
Ich habe vergangenes Jahr sieben Filme gedreht. Natürlich waren einige davon auch Krimis, aber lange nicht alle. Es macht für mich auch keinen Unterschied, ob ich jetzt einen Krimi oder ein Drama drehe. Es geht dabei mehr um die Figur, die ich spiele und um die Situationen. Mir geht es um Abwechslung, um künstlerische Vielfalt. Und das wird mir zum Glück derzeit auch ermöglicht.
Über einige Projekte darf ich noch nicht sprechen. Fix ist aber, dass diesen Sommer der neue Eberhofer-Krimi „Guglhupfgeschwader“ in die Kinos kommt. Das war eine schöne Arbeit. Dann habe ich in Österreich den Kinofilm “Meerjungfrauen weinen nicht” gedreht. Da gibt es aber noch kein genaues Datum. Ich hoffe, das wird auch noch dieses Jahr kommen. Bei den anderen Sachen ist das so ein bisschen noch warten, wann genau die die Erscheinungstermine sind.
Ich habe hier am Berliner Ensemble ein ganz, ganz tolles künstlerisches Zuhause, in dem ich mich sehr wertgeschätzt fühle, in dem ein Arbeiten auf Augenhöhe möglich ist, wo ich mich einbringen kann und gleichzeitig auch diese Freiheit zum Drehen bekomme. Aber ich vermisse Wien natürlich auch. Wien ist eine wundervolle Stadt. Meine Familie, meine engsten Freunde sind dort. Aufgrund der Pandemie bin ich dann noch weniger nach Wien gekommen.
Im ersten Moment war ich sehr, sehr glücklich, dass wir überhaupt wieder proben durften, aber da waren mir die Auswirkungen, was das mental und psychisch bedeute, auch noch nicht bewusst. Als wir „Schwarzwasser“ von Elfriede Jelinek probten, haben wir wirklich zwei Tage vor der Premiere erfahren, dass wir das nicht zum geplanten Termin aufführen werden. Wir haben das Stück erst neun Monate später zur Premiere gebracht. Wahnsinn.
Aber auch nur eingeschränkt. Ich freue mich schon wieder auf die erste Vorstellung, wo ich wieder alle Menschen sehen kann. Denn aktuell spielen wir ja aufgrund der Maskenpflicht in halbe Gesichter. Man weiß nicht, was unter den Masken passiert. Dabei finde ich es großartig, wenn ich auf die Reaktionen wieder reagieren kann. Ohne Masken ist das eine andere Energie.
Ich habe menschlich viel mitgenommen und gelernt. Ich würde nicht sagen, dass Salzburg ein Fehler war, aber ich hätte mir gewünscht, dass meine Zeit als Buhlschaft anders verlaufen wäre. Das Positive, was ich aus dieser Zeit mitnehme, war, dass ich gleich zwei Jedermänner hatte. Nach dem Ausfall von Tobias Moretti musste schnell nachbesetzt werden. Die Premiere mit Philipp Hochmair werde ich nie vergessen, das war magisch.
Durchaus. Ich war zu einer Zeit in Salzburg, an dem so Sachen wie Frauenfeindlichkeit in der Öffentlichkeit leider noch nicht so Thema war. Und ich auch menschlich gesehen noch nicht an dem Punkt war, damit selbstbewusst umzugehen. Aber wie ich rezensiert wurde, nein, wie mein Körper, mein Aussehen rezensiert wurde, war unterirdisch, diskriminierend und übergriffig.
In diesem Buch geht es um Vieles aber nicht explizit um Salzburg, so viel Raum nimmt das nicht in meinem Leben ein. Es ist keine Abrechnung, sondern eine Ermunterung. Ich will Problemzonen in der Gesellschaft ansprechen und hoffentlich auch einigen Frauen Mut machen. Es ist der Versuch, Wut zu rehabilitieren und zu sagen: Es ist total in Ordnung, Wut zuzulassen, gerade die weibliche Wut. Und das Buch ist ein Appell, sich nicht immer alles gefallen zu lassen.
Ich würde sehr gerne weiter mit der Catalina Molina zusammenarbeiten, weil die Zusammenarbeit mit ihr beim Landkrimi einer der prägendsten und wichtigsten der vergangenen Jahre war; weil Catalina jemand ist, der mich seit Jahren begleitet, bereits förderte, als mich noch niemand kannte. Es war damals ein großes Wagnis, mich für den Landkrimi zu besetzen, aber sie hat es einfach gemacht. Und sie hat mir viel Vertrauen gegeben, mich vor der Kamera entfalten lassen, in einer Art und Weise, wie ich sie eben sonst nur vom Theater kannte. Im Theater freue ich mich auf die tollen Projekte mit dem Berliner Ensemble. Grundsätzlich plane ich selten Jahre voraus, denn ich möchte immer offen für neue Projekte bleiben.
Bühne
Die 1988 in Baden bei Wien geborene Schauspielerin schloss 2011 ihre Schauspielausbildung am Max-Reinhardt-Seminar ab. Nach einer Verpflichtung am Schauspielhaus Düsseldorf kehrte Reinsperger 2014 nach Wien zurück und arbeitete dort zunächst am Burgtheater, bevor sie ans Volkstheater wechselte. 2017 und 2018 agierte die 34-Jährige als Buhlschaft im „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen. Reinsperger ist seit 2017 beim Berliner Ensemble tätig
Film
Auch im Film und Fernsehen ist Reinsperger häufig zu sehen. Nach Auftritten in David Schalkos Spielfilm „Wie man leben soll“, der Fernsehserie „Braunschlag“ oder dem Kinofilm „Licht“ (Regie: Barbara Albert) nahm ihre TV-Karriere vor allem mit der Rolle als Maria Theresia an Fahrt auf: Für diese Darbietung war sie auch für eine ROMY nominiert. Reinsperger ist seit 2016 Teil der ORF-„Landkrimi“-Reihe und ermittelt an der Seite von Manuel Rubey und unter der Regie von Catalina Molina in Salzburg. Seit 2021 ist sie auch Teil des Dortmunder „Tatort“-Teams.
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