So klingt das neue Album von Adele: 30, geschieden, sucht ... sich selbst
Ab Freitag ist ihr neues Album „30“ im Handel. Die freizeit hat reingehört.
Wenn schon nicht mit Angst, so durfte man dem neuen Album von Adele doch mit Sorge entgegensehen: Ein Superstar versucht an einen Supererfolg („25“) anzuknüpfen. Und das mit einem Album über Scheidung!
Man sah die Meisterin der stimmakrobatischen Powerballade schon mit gereckter Faust Richtung Tränenmeer fliegen. Und den Hörer mitnehmen zu einer Leidens-Achterbahnfahrt, die das letzte Bisschen inneres Glück, das nach Monaten der Pandemie noch da ist, endgültig aus dem Körper schleudert.
Fürchtet euch nicht! „30“, das neue Album, ist ganz anders.
Eines der besten Alben des Jahres. Mit der Option, für gar nicht wenige Menschen zum Lebensbegleiteralbum zu werden. Denn die Britin wirft – mit Hochdruckemotion nur dort, wo es sein muss, und mit neugewonnener Coolheit – einen Blick darauf, was es so heißt, alleine zu sein. Von der gefühlten Biografie in einer Steilkurve abzubiegen. Die Scheidung ist dafür nur der Anlass.
Klar, es gibt sie, die Songs, die einem das Herz umdrehen. Aber es sind andere, als man denkt.
„My Little Love“ etwa, in dem Adele die Schuldgefühle beschreibt, die sie ihrem Sohn, neuerdings Scheidungskind, gegenüber hat.
Oder „To Be Loved“, in dem sie mit hochgeschraubter Traurigkeit festhält, dass sie es probiert hat, aber gescheitert ist. Da fühlt man die existenzielle Krise, die eine Scheidung trotz aller gesellschaftlicher Normalisierung ist: Was für ein absurder Kredit, singt sie, den man auf die eigenen Gefühle aufnimmt, wenn man sich verliebt. Und wie teuer man das am Schluss einer Beziehung bezahlt.
Hinter den Kulissen
Die Stimmung des Albums ist aber eine andere: Mal in der Soundkulisse eines klassischen Filmmusicals, mal mit R’n’B-Entspanntheit, mal bereit für die Tanzfläche ist die Musik, eingängig, ohne aufdringlich zu sein.
Und Adele schält dazu aus den Beziehungstrümmern sich selbst heraus. Das ist eigentlich ein Stärke-Moment: Angeheitert („I Drink Wine“) singt sie sich in ihre eigene Existenz zurück, die man für den Anderen ja immer umformt. Liebe, ein Spiel für Narren, singt sie anderswo. „30“ blickt, erstaunlich abgeklärt, hinter die Kulissen dieses Spiels.
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