1916 wurde die Naschmarkt-Kapelle aus dem damaligen Freihausviertel übersiedelt.

Neuer Segen für die alte Naschmarkt-Kapelle

Versteckte Andachtsräume: In der Stadt sind viele Kapellen mit bewegter Geschichte verteilt. Am Freitag wird die Kapelle am Naschmarkt neu gesegnet.

Was sich hinter dem Bauzaun verbirgt, lässt sich bereits erahnen. Am Freitag, den 12. Jänner um 14 Uhr wird das Geheimnis endgültig gelüftet. Die denkmalgeschützte Naschmarkt-Kapelle, auch Johann-Nepomuk-Kapelle genannt, wird nach monatelanger Sanierung wieder sichtbar.

Niemand geringerer als Dompfarrer Toni Faber wird die Kapelle zur Wiedereröffnung segnen. Angekündigt haben sich außerdem der Mariahilfer Bezirksvorsteher Markus Rumelhart (SPÖ), Pfarrer Gerald Gump und Marktamtchef Andreas Kutheil.

Dabei ist die Kapelle auch erstmals für alle zugänglich, normalerweise ist sie aus Sicherheitsgründen geschlossen. Drinnen befinden sich eine Marienstatue und drei Reliefs.

Gold auf Graffiti

Immer wieder wurde die kleine Kapelle Opfer von Vandalismus wie Graffiti-Beschmierungen. Jetzt erstrahlt die Kapelle in neuem Putz und neuen Farben: Weiß, Gold und Altrosa. Die Beleuchtung wurde innen und außen erneuert, der Wasserschaden in der Mauer behoben. Die Sanierung wurde mit 110.000 Euro veranschlagt. Bezahlt wird diese Summe vom Bezirk – und auch vom Marktamt. Denn immerhin ist es die einzige Kapelle auf dem Areal eines Marktes. Dort befand sie sich aber nicht immer.

Kapellen in der Stadt

Virgilkapelle
1., U-Bahn-Station Stephansplatz

Naschmarkt-Kapelle
6., gegenüber Li. Wienzeile 18

Linienkapellen
5., Bruno-Kreisky-Park
14., Linzer Straße 457

Wagners Kapelle am Gürtel
9., Gürtel, U-Bahn-Bogen 115

Sisi-Kapelle am Himmel
19., Himmelstraße 125

Brigittakapelle
20., Forsthausplatz

 

Früher, konkret im 17. Jahrhundert, war diese Kapelle im 4. Bezirk im Freihausviertel zu finden. Sie war damals ein Teil der Rosalienkirche. Das Freihausviertel, wo man heute die TU findet, hat seinen Namen daher, dass dessen Besitzer Steuerfreiheit genoss. Durch die Türkenbelagerung und durch Brände wurden die Bauten samt Rosalienkirche und die Kapelle zerstört. Es gab immer wieder Aufbauversuche.

Im 20. Jahrhundert wurde das Viertel mehr und mehr verkleinert, bis es schließlich zur Gänze aus dem Stadtbild verschwand. Das einzige Überbleibsel ist die kleine Johann-Nepomuk-Kapelle, die an die Rosalienkirche angebaut war. 1916 wurde die Kapelle letztlich auf den Naschmarkt verlegt und der Stadt übertragen.

Kapellen am Linienwall

Die Johann-Nepomuk-Kapelle ist in Wien weit nicht die einzige. Doch was ist eine Kapelle eigentlich? Der Unterschied zu einer Kirche liegt in erster Linie in der Größe: Kapellen sind kleiner. Und sie können auch in Privat-Besitz, oder wie am Naschmarkt, im Besitz der Stadt sein.

Elena Holzhausen, Denkmalpflegerin der Erzdiözese Wien, nennt einen weiteren Unterschied: Für sie sind Kapellen auf jeden Fall „kein Ort, wo sich eine Pfarrgemeinde bildet“. Vielmehr würden sie aus dem Bedürfnis hervorgehen, eine Stelle zum Beten zu errichten. Für dieses Bedürfnis gibt es mehrere Gründe: „Der Grund kann ein Wunder sein. Oder ein Ort der Natur, der berührt und religiöse Gefühle auslöst, wie etwa bei der Sisi-Kapelle am Kahlenberg. Oder es steht ein Verteidigungsgedanke dahinter – wie bei den Linienwallkapellen“.

Dieser Linienwall wurde 1704 zum Schutz der Vorstädte Wiens und als abschreckende Maßnahme gegen die immer wieder in Niederösterreich einfallenden aufständischen Ungarn errichtet. Zwischen 1740 und 1760 entstanden an den Toren des Linienwalls rund 18 Kapellen. Sie alle waren dem heiligen Nepomuk, dem Brückenpatron, geweiht.

Zweck der Kapellen war, allen Reisenden und Mautbeamten Gelegenheit zu bieten, zu beten. Die letzte Linienkapelle Wiens, die noch an ihrem ursprünglichen Ort steht, ist die Hundsturmkapelle. Sie steht am Bruno-Kreisky-Platz in Margareten und wurde im Jahr 2007 für 290.000 Euro von der Stadt renoviert.

Später wurde der Linienwall übrigens auch zur Steuergrenze. Seine letztliche Beseitigung ermöglichte die Vollendung des Gürtels und den Bau der Stadtbahntrasse.

Otto Wagner, Sisi, Virgil

Nahe der Volksoper wurde im Zuge des Baus der dort 1898 eröffneten Stadtbahn von Otto Wagner auch eine heute noch bestehende Johannes-Nepomuk-Kapelle gebaut. Sie war der Ersatz für eine Kapelle, die wegen der Bauarbeiten abgerissen wurde. Sie befindet sich zwischen dem ehemaligen Stadtbahn- und heutigen U6-Viadukt und der inneren Fahrbahn des Währinger Gürtels im 9. Bezirk – und ist der erste Sakralbau Wagners.

Nicht ganz so eindeutig ist, wie es zum Bau der Brigittakapelle im 20. Bezirk kam. Um ihre Entstehung ranken sich viele Legenden. Heute wird sie jedenfalls von der georgisch-orthodoxen Gemeinde für Messen genutzt.

Die bereits erwähnte, neugotische Sisi-Kapelle im 19. Bezirk ist auch im Besitz der Stadt. Sie wurde anlässlich der Hochzeit des kaiserlichen Paares Elisabeth und Franz Joseph errichtet – mitten im Wald. Noch heute werden hier Messen zelebriert.

Während die Sisi-Kapelle am Berg thront, findet man die Virgilkapelle unter der Erde. Sie ist heute ein Museum. 1973 wurde sie beim U-Bahnbau entdeckt. Sie zählt zu den am besten erhaltenen gotischen Räumen der Stadt.

Über Nina Oezelt

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