Kate Winslet hat Wiens Paläste verlassen: Wie geht es mit dem Filmstandort weiter?
Nach vier Wochen ist der Filmtross des US-Senders HBO wieder abgezogen. Solche Drehs bringen Wertschöpfung. Erste Zahlen der neuen Filmförderung lassen einen Produktionsboom vermuten.
Vergangene Woche waren noch große Scheinwerfer auf das Palais Pallavicini am Josefsplatz gerichtet. Dann war es aber vorbei mit dem Aufenthalt internationaler Stars wie Kate Winslet und Matthias Schoenaerts für den Dreh der HBO-Serie „The Palace“.
Es gab keine großen Verkehrsbehinderungen oder gar Straßensperren, sagt Marijana Stoisits, Chefin der Vienna Film Commission. Alles sei „reibungslos abgelaufen“. Die Produktionsfirma habe sich „hochzufrieden über die Zusammenarbeit mit der Stadt Wien“ gezeigt. Das kulturelle Angebot der Stadt von Opern bis Museen hätten die Filmleute „sehr gut genützt“. Ein Opernballbesuch ging sich nicht aus. „Aber sie waren ja auch zum Arbeiten in Wien“, sagt Stoisits schmunzelnd.
Der Andrang der Paparazzi auf den strikt abgeschotteten Dreh war überschaubar, aber auch Erinnerungsfotos mit der Politik gab es keine. Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) durfte immerhin mit Stoisits das Set in Schönbrunn besuchen und unterhielt sich mit Star-Regisseur Stephen Frears und der Executive Producerin Tracey Seaward.
Kaum Einschränkungen
In Schönbrunn wurde das touristische Angebot nicht eingeschränkt. An manchen Drehtagen war der Ehrenhof allerdings für Stunden abgesperrt, auch auf der Gartenseite wurden Besucher zeitweise umgeleitet und gebeten, keine Fotos vom Dreh zu machen, wie bei einem Lokalaugenschein zu beobachten war. Auf Anfragen von Touristen, warum das Schloss mit rot-blauen Fahnen dekoriert sei, sagte ein Mitarbeiter: „Die Frau von ,Titanic‛ ist da.“
Im Schlossgarten wurde ein künstliches Krautfeld angelegt, im Ehrenhof fuhren Militärfahrzeuge und Luxuskarossen ein und aus, und Touristen aus Deutschland beobachteten, wie Winslet die Prachttreppe emporstieg. "Sieht mir eher aus wie Angela Merkel von der Seite aus“, hörte man die Macherin des Privatvideos sagen.
Die Stadt erwartet sich durch mehr internationale Präsenz in Film und TV nicht zuletzt ein Nächtigungsplus. Direkt nachvollziehbar ist ein Anstieg der Wertschöpfung durch Dreharbeiten selbst. Mit dem am 1. Jänner gestarteten neuen Filmanreizmodell ist auch ein deutlicher Anstieg an internationalen Drehs in Österreich zu erwarten. Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) reiste am 19. Februar zum Filmfestival Berlinale, um erste Zahlen zu präsentieren.
Großer Andrang
Für die neue Förderschiene FISA+ vermeldete er bereits 26 Anträge mit einer Zuschusshöhe von insgesamt rund 20 Millionen Euro. Von den 26 Anträgen sind elf internationale Serviceproduktionen. Zum Vergleich: Im Vorjahr war der internationale Fördertopf allein mit dem Netflix-Spektakel „Extraction 2“ nahezu leer geräumt.
Mit den 20 Mio. erreichte FISA+ aber nun auch bereits das von der Regierung fürs gesamte Jahr 2023 veranschlagte Fördervolumen. Bei der zweiten Förderschiene ÖFI+ (für heimische Kinofilme) sind mit 8,5 Mio. Euro rund 55 Prozent der veranschlagten 15,5 Mio. erreicht.
Ein großer Trumpf der Förderung, die laut Stoisits in Berlin „Talk of town“ gewesen sei, besteht darin, dass die Summen nicht starr gedeckelt sind. Ein Budgetrahmen musste aber definiert werden. „Falls die budgetären Mittel nicht ausreichen sollten, was derzeit nicht klar abzusehen ist“, werde man wie vorgesehen ans Finanzministerium herantreten, um Sondermittel freizugeben, heißt es aus dem Kulturministerium.
Nächster großer Dreh
Im Vorfeld wiesen heimische Produzenten darauf hin, dass ein Boom auch entsprechende Ausbildung an Fachkräften bedingt. Einstweilen überwiegt aber die positive Stimmung. Soeben startete der Dreh zur prominent besetzten ARD/ORF-Koproduktion „Kafka“, die bis 19. Juni fast zur Gänze in Wien gedreht wird. Superfilm-Produzent John Lueftner sagt: „Das ist das erste große Projekt, das durch die vereinten Anstrengungen nach Hause geholt werden konnte.“ Denn bis in den vergangenen Herbst sei noch geplant gewesen, in Bratislava zu drehen, weil es in der Slowakei bessere Finanzierungsmöglichkeiten gab.
Fakten
Filmförderung
Das neue Filmanreizmodell mit FISA+ und ÖFI+ bietet einen Zuschuss von 30 Prozent pro in Österreich realisiertem Projekt, der um 5 Prozentpunkte steigen kann, wenn ökologische Kriterien erfüllt werden. Pro Film liegt der Maximalzuschuss bei 5 Mio. Euro, pro Serie bei 7,5 Mio. zusätzlich gibt es weiterhin eigene Landesförderungen
70,3 Millionen Euro
nennt das Wirtschaftsministerium als Wertschöpfung bei den bisher unter FISA+ eingereichten Filmprojekten aus dem In- und Ausland
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