Jö, ein Packerl! Eine humoristische Typologie für Geschenke-Auspacker

Zeig uns, wie du ein Geschenke auswickelst – wir sagen dir, wie und wer du bist. Sechs Typen im ironisch-psychologischen „Packerl-Profil“.

1. Die Aufreißer

Zack. Zack. Zack. So lautet das Motto jener Beschenkten, die ihr Packerl bereits aufreißen, bevor ihnen noch ein „Jö, danke!“ über die Lippen perlt. Dann wird behutsam Verhülltes ohne Tempolimit bearbeitet, damit schnell zum Vorschein kommt, was drinsteckt. Atemlos durch die Weihnachtsnacht, wobei unklar bleibt, was die Aufreißer denn so treibt. Gier ist es weniger als rasende Neugierde, da kann das Präsent noch so schön verpackt sein. Kunstvoll gebundene Schleifen sind für diese Typen wie hohe Hürden für Menschen mit Hüftleiden, deshalb haben sie stets ein Arsenal an Werkzeugen parat, um zügig ans Ziel ihrer Sehnsüchte zu kommen: Messer, Gabel, Schere oder das eigene Gebiss. Ritzratzfatz mit Nebenwirkungen: weil die Aufreißer die Idylle zügig in ein Schlachtfeld aus Papierfetzen, zerstörten Geschenkbändern und achtlos zur Seite geworfenen Kärtchen verwandeln. Und so kann es passieren, dass man beim Osterputz, Monate später, unter dem Sofa, eine Grußbotschaft findet, auf der steht: „Frohes Fest von der Poldi-Tant!“. Aber da sitzen die Aufreißer längst an ihren Überraschungseiern, die sie mit einem Fleischklopfer in Stücke zerschlagen – um dringend zu schauen, was drin ist.
 

Die Aufreißer

©Pammesberger Michael

2. Die Zögerer

Ein Geschenk! Für mich? Wirklich?“ Dieser Packerltyp kann es nicht nur nicht fassen, dass er beschenkt wurde, er zweifelt auch noch daran. So als ob er es womöglich gar nicht verdient hätte. Das wiederum führt dazu, dass diese Menschen warten und abwägen und nachdenken –  und an ihrer eigenen Packerlöffnungsunentschlossenheit zerschellen. Was tun sie stattdessen? Einatmen, ausatmen, die Präsente wie ein Weltwunder betrachten – und zaudern, weil es mindestens 1.001 Fragen gibt: Welches Packerl bitte soll ich bloß zuerst aufmachen? Ist der Pepi-Onkel womöglich beleidigt, wenn ich mich nicht sofort seiner Gabe widme? 

Vielleicht mag das liebe Christkind mir noch etwas zuraunen, bevor ich ans Werk gehe? Und wenn die Zögerer bis dahin nix ausgewickelt haben, dann sitzen sie noch heute, ohne zu bemerken, dass der Pepi-Onkel auch heuer wieder den abgelaufenen Eierlikör aus dem Vorjahr verschenkt hat. Mit Liebe natürlich, und Bussi vom Weihnachtsmann.

Die Zögerer

©Pammesberger Michael

3. Die Jäger

Hoppla, da komm’ ich – und greif’ auch gleich zu: So handeln und denken die „Jäger“ gerne, auch „die Übergriffigen“ genannt. Vor ihnen ist kein Geschenk sicher, denn schon während alle andächtig „Stille Nacht“ singen, ist er so sehr von der Vielfalt der Packerlflut begeistert, dass er fix denkt: Alles nur für mich, wunderbar, her damit. So tut er es dann auch:  Er stürzt sich ins Geschenk-Gemenge, packt zu und sammelt, ohne, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, ob die etwas schlampig verpackte Holz-Eisenbahn nicht doch dem Vierjährigen gehört und das Packerl mit dem Logo einer bekannten Dessousmarke nicht doch vielleicht der Gastgeberin, die in der Küche gerade an den Erdäpfelknödeln herumfummelt. Weil für ihn am Ende nur eines zählt: Was man hat, das hat man. Fix! Hauptsache es ist sehr, sehr viel. Blöd wird’s nur, wenn er auch jene Geschenke öffnet, die er am Vorabend selbst eingepackt hat – für andere nämlich.

Die Jäger

©Pammesberger Michael

4. Die Sammler

Eigentlich sind sie eine brisante Mischung aus „Jäger und Zögerer“. Denn einerseits sind diese Typen beseelt von der Geschenkeflut, sie greifen daher auch gerne zu – nur dann passiert nix. Im Gegenteil: Vielmehr ziehen sie sich in eine stille Ecke des Geschehens zurück, um dort vor ihrem Packerl-Großglockner entzückt-entrückt zu sitzen und ihn mit feuchten Augen zu betrachten: Alles nur für mich allein. In diesem fast schon meditativen Zustand erstarren sie förmlich und werden völlig handlungsunfähig. Auspacken? Fix nicht. Das muss alles erst verarbeitet, genossen, transformiert, begriffen, mit anderen besprochen und vielleicht in eine Tagebuchnotiz gegossen werden. Oder in eine „Wer hat mir was in welcher Dimension geschenkt?“-Excel-Tabelle. Und selbst danach wird nichts passieren, stattdessen auf bessere Auspackzeiten gewartet. Und auf einen hinausgezögerten Geschenkeglück-Orgasmus, der sich womöglich erst am Stefanitag so richtig entfaltet. Oder nächstes Jahr, wie alle Jahre wieder – zu Weihnachten.

Die Sammler

©Pammesberger Michael

5. Die Bewahrer

Mitunter auch „Pedanten“ genannt. Messer, Schere, Tupfer, Uhu und Pflaster bitte. Und ein schönes Schachterl gleich dazu. Weil diese Typen nahe an den psychischen Zusammenbruch geraten, beim Gedanken, das „schöne Geschenkpapier“ könnte beim Auspacken zerrissen werden – oder womöglich ein Band zerschnitten. Also fudeln sie an einem Knoten so lange mit spitzen Fingern herum, bis sich die Geschenkschnur sanft löst – völlig egal, ob dieses Procedere Stunden dauert. Weil: Ja nix verschwenden, alles aufheben, glattstreichen, aufwickeln, im Sinne einer Wiederverwendung recyceln. Papier wird zu akkuraten Rechtecken gefaltet, Geschenkekärtchen werden radiert oder mit Tippex behandelt, Bänder gebügelt. Eh klug – so lange dieses Tun im Namen der Wiederverwendung nicht auch noch das Weihnachtsessen betrifft und sich keiner mehr traut, die kostbaren Papierservietten anzufassen, um sich das Ganslfett von den Mundwinkeln zu tupfen. Weil da gleich jemand sehr nervös rufen wird: Bitte, bitte nicht! Die könnte ich doch so gut für meine nächste  Osterjause brauchen.

Die Bewahrer

©Pammesberger Michael

6. Die Zelebrierer

Exaltiert: Ja, so könnte man diese Menschen nennen. Oder aber: von sich selbst begeistert – als Beschenkte und auch als Schenker. Und so wird jedes Präsent geschüttelt, berührt, gewendet und bestaunt. Das alles nicht leise, sondern exzessiv laut: Mah, ist das schön! Mah, das hab ich mir ja soooo gewünscht! Um Himmels willen, ein Traum, Wahnsinn, mega, voll fein, herrlich, irre, puh! Vielleicht fließen Tränen, es wird geherzt, geküsst, gedrückt, gejubelt. Darüber hinaus wird auch jedes der eigenen Präsente kommentiert: Also, wie ich das gefunden habe, dachte ich mir, das passt nur zu einem einzigen Menschen, zu dir nämlich. Gut, billig war’s nicht, aber du bist es mir wert. Und gefällt es dir eh? Schau, damit kann man auch das machen – und das. Oder das. Freust du dich wirklich? Falls nicht, musst du es sagen, man kann alles umtauschen. Und auf einmal ziehen diese Typen alles an vorhandener Weihnachtsenergie an sich, wie ein schwarzes Loch, das Sterne schluckt. Was der Jäger gar nicht mag, den Bewahrer dazu veranlasst, beim Falten von Geschenkpapier Fehler zu machen, die Zögerlichen noch zögerlicher werden lässt, den Sammlern wurscht ist und den Aufreißern irgendwie auch. So betrachtet ergibt das alles eine lustige Schnittmenge – an wunderbar komisch Menschlichem.

Die Zelebrierer

©Pammesberger Michael
Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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