„Der große Gatsby“ wurde mehrmals verfilmt. 1974 etwa mit Robert Redford und Mia Farrow. Die ausgelassenen Partys im Garten der Villa spielen im Roman und im Film eine Hauptrolle

Die große Sommerparty: Feiern wie Gatsby

„Der große Gatsby“ spielte vor 100 Jahren. Ein Zeitdokument der Zwanziger - und die glamouröseste Sommerparty der Literatur.

Er hat einen der legendärsten literarischen Partysommer der Literaturgeschichte geschaffen: der US-amerikanische Autor F. Scott Fitzgerald (1896-1940). In seinem berühmten Roman „The Great Gatsby“, die Geschichte eines rätselhaften reichen Mannes, der die Erfahrung macht, dass man Liebe nicht kaufen kann. Fitzgerald schrieb „The Great Gatsby“ im Jahr 1924, als er mit seiner Ehefrau Zelda den Sommer in Südfrankreich verbrachte. Das Paar selbst war bekannt für seine Exzesse, es trank sich die Welt gerne schön bunt, tanzte lieber auf Tischen statt auf der Tanzfläche, und hatte einen Hang dazu, aus reiner Lust und Freude vollbekleidet in öffentliche Brunnen zu steigen.

Wer so lebt, muss wissen, wie Party geht. Ja, das tat Fitzgerald. Und er kannte die Zwiespälte des amerikanischen Traums und die dunklen Abgründe der Glitzerwelt der „Roaring Twenties“.

Und wozu die ganze Party? Der reiche Gatsby (2013 von Leonardo DiCaprio gespielt) will seine  Jugendliebe Daisy (Carey Mulligan) beeindrucken und zurückgewinnen

©Warner Bros.

„The Great Gatsby“, mehrmals verfilmt, zuletzt mit Leonardo DiCaprio (2013), passt aus mehreren Gründen ins Hier und Heute: Die Geschichte spielt genau vor hundert Jahren, im Sommer 1922, und entführt in eine Zeit, die Nostalgiegefühle auslöst, aber auch zeigt, dass nicht alles Glück bringt, was glitzert und funkelt. Und sie passt zur Sehnsucht, die viele Menschen seit der Pandemie in sich tragen: endlich wieder einmal einen Märchensommer zu erleben, der uns sogar ein bisschen vormacht, als bliebe er für immer da.

Alles scheint möglich

Schon immer wird die Jahreszeit, die uns freie Tage unter der Sonne und Abende unter dem Sternenhimmel verspricht, von der Hoffnung begleitet, dass sich alles zum Guten wendet. Und von der heimlichen Erwartung, überraschende Begegnungen zu erleben, die vieles ermöglichen, vielleicht sogar die Erfüllung der großen Liebe. „So wandete mich denn das bekannte Gefühl an, mit diesem Sommer beginne das Leben von vorne“, heißt es denn auch in F. Scott Fitzgeralds Roman.

Wenn der Traum doch nur nicht zum Albtraum wird! Doch, das wird er zum Schluss – aber wer diese Geschichte noch nicht gelesen hat, es lohnt sich. Alles in diesem Sommer der New Yorker Upperclass vor hundert Jahren scheint sich vordergründig darum zu drehen, „etwas zu unternehmen“ und zu feiern. Der Leser wird Zeuge schillernder Partyszenen, die auf einem „kolossalen Anwesen“ auf Long Island stattfinden. Ein marmorner Pool, Lichter im Villenpark, Tanzparkett im Garten, Bands, Hollywoodstars. So geht Party – mittendrin im „blauen Dämmer der Gärten“. Es gibt ein großes Kommen und Gehen der Gäste aus New York, sie werden mit einem Rolls-Royce nach Long Island kutschiert. „Man wurde nicht eingeladen – man ging einfach hin“ – ohne den Gastgeber zu kennen, der äußerst mysteriös scheint und so Stoff für Partytratsch liefert: ist er ein Emporkömmling, Gangster, gar ein Mörder?

Die ganze Welt tanzt? Nein, es ist die New Yorker Upper Class. Fitzgeralds Roman diente auch Baz Luhrmann als Vorlage für seinen Kinofilm – mit Hiphop und aufblasbarem Zebra im Pool

©WARNER BROS HANDOUT / EPA / picturedesk.com/WARNER BROS HANDOUT/EPA/picturedesk.com

Am Buffet locken garnierte Hors d’oeuvres, und es gibt natürlich genug zu trinken. „Die Bar ist in vollem Betrieb, Cocktailrunden schwärmen aus und bevölkern den Garten, bis auch dort die Luft von Plaudern und Lachen erfüllt ist. Es wird getuschelt; man stellt sich vor, um den anderen gleich wieder zu vergessen, und es kommt zu überschwänglichen Begrüßungen zwischen Frauen, die einander nicht einmal dem Namen nach kennen.“ Das „Flüstern und Sekt unter Sternen“ hebt die Stimmung. Und dann noch diese Musik: Jazz. „Auf seinem Weg zur Wohlanständigkeit bedeutet das Wort Jazz ursprünglich Sex, dann Tanzen, dann Musik. Man assoziiert damit einen Zustand der nervösen Erregung“, schrieb Fitzgerald an anderer Stelle.

„The Great Gatsby“-Autor F. Scott Fitzgerald unterwegs mit  Ehefrau Zelda, 1920. Das exaltierte Paar feierte oft, tanzte gern auf Tischen und sprang auch mal bekleidet in öffentliche Brunnen

©Wikimedia Commons/Motor magazine, Spring 1924

Ja, es ist erregend, aufregend, denn es wird auch viel getanzt. Und zwar überall. Wild „mit Händewerfen à la San Francisco“, oder eng umschlungen, „nach der letzten Mode“. Genau so müsste man wieder mal eine Party erleben, den Alltag für ein paar Stunden vergessen. Wenigstens ein Buch lang. Gerade weil man weiß: Leichtigkeit gibt es niemals auf Dauer. Alles geht vorbei. Auch in „The Great Gatsby“: „Und ich hatte immer wieder nur diesen einen Gedanken: ,Das Leben ist so kurz, das Leben ist so kurz …’“

Annemarie Josef

Über Annemarie Josef

stv Chefredakteurin KURIER freizeit. Lebt und arbeitet seit 1996 in Wien. Gewinnerin des Hauptpreises/Print bei "Top Journalist Award Zlatna Penkala (Goldene Feder)" in Kroatien. Studium der Neueren Deutschen Literatur in München. Mein Motto: Das Leben bietet jede Woche neue Überraschungen.

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