David Hockney: Die bunte, offene Weltsicht eines Optimisten
Die Malerei, diese totgesagteste aller künstlerischen Gattungen, lebt auch im digitalen Zeitalter – wie die David-Hockney-Ausstellung „Insights“ zeigt
Bank Austria Kunstforum Wien. Wie ein Paukenschlag das Ikonenhafte gleich am Anfang: der coole Minimalismus glitzernder Swimmingpools in der Sonne Kaliforniens. Als ein Spiel mit Wasser und Licht ist auch eine Komposition der Paper-Pools-Serie aus den 70ern angelegt.
„Die Ansicht nackter Männer mit großem Hintern provoziert den voyeuristischen Blick, doch sehr ironisch“, finden die Kuratorinnen Bettina M. Busse und Veronika Rudorfer von „Insights“ (bis 19. 6.) im Bank Austria Kunstforum Wien.
Die umfassende Werkschau von David Hockney entstand in Zusammenarbeit mit der Tate Gallery in London und zeigt zum 85. Geburtstag des Künstlers Arbeiten von etwa 1960 bis 2017.
Szenen am Pool
Der Brite gilt als einer der weltweit teuersten lebenden Maler. Sein Acrylgemälde „Porträt eines Künstlers (Pool mit zwei Figuren)“ wurde 2018 für knapp 80 Millionen Euro verkauft.
Thematisch, nicht chronologisch aufgebaut ist die Schau „Insights“ – mit Sprüngen, was die Zeit, das Medium und die Gattung betrifft. Alles so heterogen wie der Künstler selbst, der in seinem ganzen Stilpluralismus präsentiert wird.
Farben- und lebensfroh die Kreationen von der sunny side des Lebens im Entrée. Dagegen eher melancholisch „A Bigger Splash“, der halbdokumentarische Film des britischen Regisseurs Jack Hazan von 1973, der Hockneys privates und künstlerisches Umfeld porträtiert.
Dann ein Switch in ein anderes Medium: „In the Studio“ (2017) mit dem 80-jährigen Hockney in seinem Atelier in den Hollywood Hills besteht aus 3.000 Einzelfotos, aus denen mittels 3-D-Software am Computer am Ende eine Zeichnung mit den Mitteln der digitalen Fotografie entstand.
Malen am Bildschirm
Wie der Künstlerstar Malerei und Fotografie kreativ kombinierte und nicht zuletzt dank elektronischer Werkzeuge stets extrem produktiv war und ist, belegen iPad-Zeichnungen von 2011 – einer Phase des Malens ohne Farben, in der Hockney erklärte, mit dem iPad besser zu malen. Dort habe er alle Farben und Pinselstärken parat. Er müsse auch nicht warten, bis die Farben trocknen. Und er sei sich sicher, Vincent van Gogh hätte auch auf dem iPad gezeichnet, wenn es das damals schon gegeben hätte.
Das Prinzip ist stets das genaue Beobachten, der exakte Blick. Und je nach Medium ergeben sich neue Möglichkeiten der künstlerischen Umsetzung. So sind bei den eine riesige Wand füllenden „Seven Yorkshire Landscapes 2011“ mittels 18 digitalen Videos, synchronisiert und auf 18 Monitoren installiert, die vier Jahreszeiten zu erleben.
Kunstforum-Direktorin Ingried Brugger: „In den Bildern von Hockney wechseln ständig Aktives und Passives, skeptisches Zerschneiden der Wirklichkeit, Visionäres neben Konkretem – Erfundenes, Referenzielles und Abbildhaftes.“
Hockneys Wendigkeit in Stilen und Technik ist in der Schau dokumentiert durch
seine naturalistischen Doppelporträts wie „My Parents“ aus den 70er Jahren;
ein Flashback zu experimentellen Bildlösungen in den 50ern und frühen 60ern („The First Marriage“, 1962);
das ungemein reiche druckgrafische Werk (u. a. die Radierungszyklen „A Rake’s Progress“, 1961–1963; und „Cavafy“, 1966);
die knallbunten 80er-Jahre mit Bezügen auf Picasso, Van Gogh oder Matisse und
die Auseinandersetzung mit dem abstrakten Expressionismus.
Also was macht Hockney aus? „Dass er extrem aufgeschlossen und offen ist gegenüber allen Neuerungen und Techniken, die viel mit dem Sehen an sich tun haben und der Frage: Wie nehme ich das Leben wahr?“, sagt Busse.
„Und durch seine Wandelbarkeit ist er auch und vor allem für jüngere Generationen interessant.“
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