Ein mit Tischdecken und Kerzenständern gedeckter Tisch, Hunde mit umgehängter Serviette sitzen darauf. Ein Buttler bringt das Futter

Wenn Hunde Musen, Models und Mode-Statements sind

Hunde waren nie nur Haustiere. Sie sind Stilikonen, parfümiert, bestimmen über berühmte Galeristinnen oder sind Musen großer Designer.

Der Imperator aus der Nachbarschaft entpuppte sich als Tyrann. Der Hund verliebte sich in die Kunsthändlerin Peggy Guggenheim und ihre Perserkatzen. 

"Ich nahm Imperator jeden Tag mit in die Galerie, und da er nicht mit dem Bus fahren konnte, wurde ich sein Sklave, ging mit ihm überall hin und brachte ihn jeden Abend um sechs zum Abendessen nach Hause", schrieb sie in ihren Memoiren über den eigenwilligen Boxer, den sie quasi adoptierte. 

Dazu machte Imperator demonstrativ auf den Boden ihrer Wohnung, wenn ihm etwas nicht passte. Und er bestand darauf, dass die Türen stets offenblieben. "Wegen Imperator war es unmöglich, in der Wohnung etwas Heimliches zu tun", schrieb sie. Schäferstündchen nach ihrer Trennung von Max Ernst wurden dadurch kompliziert.

Diese Anekdote erzählt Robert Williams im Bildband Chic Dogs (Assouline-Verlag), einer Hommage an den Hund als stilprägendes Wesen der Kultur- und Modegeschichte. Ob als Kompagnon von Models und Stars, als Statussymbol am Hof oder als stiller Zeuge barocker Kompositionen – der Hund tritt nicht bloß als Begleiter auf, sondern als ästhetisches Statement.

Viele Kulturen verehrten Hunde als Götter

Die Tiere symbolisieren Wohlstand, Treue und Schutz. Sie werden religiös verehrt – also jetzt nicht nur von manchen Besitzern, bei denen der Hund alles darf und immer brav ist, weil "der tut nichts".

Die Ägypter verehrten den Gott Anubis, die Azteken Xolotl. In der italienischen Torlonia-Sammlung thront eine 2.000 Jahre alte Hygieia, römische Göttin der Sauberkeit. Zu ihren Füßen: ein großer Hund, der unter dem Thron ruht, den Blick ruhig nach vorn gerichtet.

Ein Hund mit spitzen Ohren sitzt auf einem mit Hieroglyphen besetzen Schrein.

Ein tragbarer Schrein mit Anubis-Figur, dem altägyptischen Gott der Toten. Dieser wurde im Grab des Königs Tutanchamun gefunden.

©Jaroslav Moravcik/Alamy Stock Photo

In der italienischen Renaissance waren Hunde mehr als Staffage – sie spielten eigene Rollen. Besonders bei Jacopo Bassano, dessen Bild zweier angebundener Jagdhunde heute im Louvre hängt – nur ein paar Schritte von der Mona Lisa entfernt. Bassano war der erste große westliche Maler, der den Hund nicht nur malte, sondern ernst nahm. 

Auch Mantegna und Tizian setzten ihre adeligen Auftraggeber samt vierbeiniger Gefolgschaft in Szene – vom Bracco Italiano bis zum Bologneser Schoßhund.

Und in Velázquez’ "Las Meninas", dem Meisterstück der spanischen Hofmalerei, liegt der Hund nicht nur so herum: Ein gewaltiger Pyrenäen-Mastiff knotzt stoisch in der Ecke und ist offenbar doch genervt, als ihn ein kleiner Höfling mit dem Fuß aus dem Halbschlaf kitzeln will. 

Picasso abstrahiert Velázquez’ Kompositionen – und ersetzt in ihnen das große Tier durch seinen Dachshund Lump. "Er ist kein Hund, er ist kein kleiner Mann, er ist etwas anderes", soll der Künstler gesagt haben.

Der uralte Deal zwischen Mensch und Hund – Schutz gegen Zuwendung, Knochen gegen Treue – hat sich laut Williams radikal verändert. Das Haustier ist nun einmal etwas Besonderes und muss dementsprechend gehuldigt werden. Heute investieren "Hundeeltern" mehr Zeit, Geld und Emotionen denn je in das Wohlergehen ihrer Vierbeiner.

Hundeparfum von Dolce & Gabbana

Von 2018 bis 2022 stiegen die Ausgaben für Hunde allein in den USA auf stolze 137 Milliarden Dollar, schreibt der Autor. Und wenn der Mensch schon alles hat, bleibt nur noch eins: den Pudel zu parfümieren. 

Im August 2024 setzte Dolce & Gabbana ein Duftzeichen der besonderen Art: Mit "Fefé", benannt nach Domenico Dolces verwöhntem Zwergpudel, lanciert das Luxushaus das erste Parfum für Hunde – mit Moschus und Sandelholz. Laut der Luxusmarke ist es "zärtlich und umarmend" – für die verspielte Fellpflege zwischendurch und alkoholfrei, versteht sich.

Beim Futter hört der Spaß nicht auf – da fängt er gerade erst richtig an. Das Beste ist gerade gut genug für den besten Freund des Menschen. Wie "Chic Dogs" zeigt, wurde in London zur Einführung einer neuen Hundefuttermarke gleich groß aufgefahren: Ein Butler servierte den Vierbeinern ihr Mahl an einer festlich gedeckten Tafel – Kerzenschein, umgehängte Servietten, das volle Programm. Auch bei der Leine ist bei manchen grobes Tauwerk eher tabu. Da glänzt das Geschirr vor lauter funkelnden Steinchen.

Das Model und der Dobermann

Doch Hunde sind nicht nur Zielgruppe, sie sind längst Werbeträger. Gucci etwa schickte in den 1980ern eine adrett gekleidete Dame mit drei Pudeln auf die Straße. Ikonisch wurde auch Chris von Wangenheims Vogue-Shooting: Christie Brinkley im Seidenpyjama, die einen furchterregend bellenden Dobermann ohne große Anstrengung, dafür mit funkelndem Geschmeide bändigt. Und eine Deutsche Dogge macht sich nach wie vor hervorragend zum distinguierten Herren im Maßanzug.

Eine schön gekleidete Frau hat eine Einkaufstasche in der Hand und Leinen zu drei Pudeln

Mit drei Pudeln an der Leine lässt es sich offenbar bestens einkaufen. Zu sehen in der Gucci-Werbung aus den 1980er-Jahren.

©© gucci

Und überhaupt: Was wäre die Mode ohne Hunde? Offenbar ziemlich ideenlos. Die Tiere sind nicht nur treue Begleiter, sie sind auch Musen auf vier Pfoten. Als Christian Dior nach dem Krieg mit seinem "New Look" die Modewelt umkrempelte, war Mischling Bobby stets an seiner Seite – heimlicher Star des Hauses. Und seiner wurde gehuldigt: Das erste Fläschchen des Parfums "Miss Dior" war wie ein kleiner Hund geformt.

So groß war Yves Saint Laurents Bulldoggen-Dynastie

Karl Lagerfeld und Yves Saint Laurent – ohnehin ein Verhältnis wie Hund und Katz – hielten es auch in Sachen Haustier unterschiedlich. Lagerfeld vergötterte zuletzt seine Birma-Katze Choupette, während Saint Laurent sein Herz ganz den Hunden schenkte. Er hatte eine ganze Dynastie französischer Bulldoggen, alle mit dem Namen Moujik. Der letzte, Moujik IV., überlebte den Meister – und war noch in den 2010ern Stammgast auf Pariser Dinnerpartys und Adria-Yachten.

Buchtipp

Buchtipp

Robert Williams: Chic Dogs, The Classics Collection, 256 Seiten,120 Euro, Assouline, assouline.com

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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