Oona Horx-Strathern

Trendexpertin verrät: So wohnen wir in der Zukunft

Oona Horx-Strathern über das Wohnen von morgen und wie die Zukunftsforscherin selbst Nachhaltigkeit in Küche und Co. umsetzt.

Gut gelaunt begrüßt uns Oona Horx-Strathern in silbernen Ballerinas und schickem roten Hosenanzug bei der Einfahrt zu ihrem Zuhause, einem kleinen Dorf. Ja, fast könnte man es so nennen, denn die Trendforscherin hat vor einigen Jahren, gemeinsam mit ihrem Mann, dem Zukunftsforscher Matthias Horx, zwei Bungalows in den weitläufigen hügeligen Garten gestellt, in dem schon ein verwunschenes altes Gartenhäuschen aus Holz, inklusive Teich, vorhanden war. Sogar eine Kirche ist in Sichtweite, sie steht vis à vis am Schafberg.

Mitten in Wien und doch am Land gruppieren sich die Wohn-Container in einer Art Siedlung auf dem Grundstück. Ausgestattet mit Bodenheizung, einer Wärmepumpe ohne Gas und Fotovoltaik, die anzeigt, wie viel Strom vom Netz kommt und wie viel vom eigenen Batteriespeicher, sind die Wohnmodule technisch zukunftsfest. Sachlich modern ragen sie mit ihren langen Glasfronten, deren Fassade und Flachdach mit Sonnenkollektoren versehen wurden, über die Wiesenhügeln. Der obere einmodulige Bungalow beherbergt ein Büro, oder wie es Horx-Strathern nennt, das sogenannte „Hoffice“.

Von ihrem „Hoffice“ sieht Horx-Strathern das Wohnmodul und die Kirche am Schafberg.

©Kurier/Gerhard Deutsch

„Seit der Pandemie ist es wieder wichtiger geworden, sein Homeoffice auch behaglich und wohnlich einzurichten“, sagt Horx-Strathern.

Wenn sie zu lange vorm Computer sitzt, wechselt sie auf ihr Wittmann-Sofa und beobachtet die Eichhörnchen beim Nestbau. „Wir brauchen analoges und digitales Leben, ein work-life-blending (Vermischung von Arbeit und Freizeit), weil wir beides im Hoffice brauchen und lernen müssen, Grenzen zum digitalen Leben zu ziehen. Wir müssen diese Gegensätze fühlen und ausgleichen.“ Im vorderen Teil des Office-Moduls ist das Büro ihres Vaters untergebracht, ein Historiker und Schriftsteller, der hier öfters für ein paar Wochen zu Besuch ist, um zu schreiben. Im gemeinsamen Vorraum hängt ein Neonschriftzug mit einem Spruch des Orakels von Delphi „Erkenne dich selbst“, der an die Balance zwischen Arbeit und Freizeit erinnern soll.

Energiesparen & flexible Möbel

„Auch Balance wird in Zeiten der Pandemie wieder wichtiger. Wir werden mehr Geld, Liebe und Aufmerksamkeit in unsere Wohnungen stecken, weil unser Zuhause wieder der Lebensort ist und wir viel mehr Zeit hier verbringen als früher“, sagt Horx-Strathern, die jährlich in ihren Homereports Studien zum Thema Wohnen veröffentlicht.

Im unteren Bungalow angekommen, der ein Kindermodul, ein Wohnzimmer-Küchen-Modul und ein Love-Modul, das aus Schlaf- und Badezimmer besteht, beherbergt, erklärt Horx-Strathern: „Ein schönes Zuhause wird immer wichtiger. Und der Interior-Trend geht eindeutig in langlebiges Design zu investieren, weil es nachhaltiger ist.“ Auch die Möbelproduktion selbst wird heute öfters hinterfragt. Das Mobiliar soll nicht nur flexibel genutzt werden können, sondern auch regional und nachhaltig produziert werden. Damit kann der CO2-Fußabdruck der Industrie maßgeblich reduziert werden. Deshalb stehen im Wohnzimmer der Familie vorwiegend handgefertigte Möbel, von Designer-Freund Piero Lissoni, die langlebig sind.

Post aus  der Zukunft: Über der Couch von Piero Lissoni für Living Divani hängt eine vergrößerte Postkarte aus den 1950er-Jahre

©Kurier/Gerhard Deutsch

Die Zukunftsforscherin mit irländischen Wurzeln setzt aber vor allem auch auf kluge Haustechnik mit möglichst wenig digitalem Aufwand. So wird ein großes Indoor-Fenster im Wohnzimmer auf Knopfdruck transparent, damit sie Neuankömmlinge gleich sehen kann. Möbel sollen aber nicht nur nachhaltig sein, sondern als „autobiografische Einrichtung“ persönliche Geschichten erzählen. „Wir haben schon lange keinen Fernseher mehr, denn er lenkt den Blick im Wohnzimmer direkt in ein schwarzes Loch.“ Stattdessen werden Filme auf die Wand projiziert, die die Familie dann gemeinsam ansieht. Dazu braucht es modulare Möbel, wie etwa Sofaelemente, oder Tische, die je nach Gebrauch – etwa zum Arbeiten oder zum Entspannen – komplex und spielerisch genutzt werden können.

Im Zentrum des Wohnzimmers befindet sich ein gemütlicher Kamin, vor dem ein kleiner Beistelltisch steht. Der Tischfuß, ein Korb, ist bis oben hin befüllt mit bunten Stofftieren. „Die sind alle von meinen beiden Söhnen, als sie noch klein waren. Es wäre schade gewesen, sie wegzuwerfen. So erinnern sie an unsere Familiengeschichte.“

Der Delphi-Spruch „Erkenne dich selbst“ ist für die Work-Life-Balance wichtig.

©Kurier/Gerhard Deutsch

Verspielte Wohnaccessoires, Abwechslung bei Sitzordnung und Arbeitsplätzen lockern starre Strukturen auf und sind laut Horx-Strathern das neue „Smart“ beim Wohnen. Hier erzählt etwa die dicke Holz-Tischplatte der Boffi-Küche eine Geschichte. Früher war sie Teil einer alpinen Berghütte, heute dient sie als Arbeitsplatte und Esstisch in einem und verbindet Wohnzimmer und Küche. Holz ist zudem das Material der Zukunft und wirkt antibakteriell.

Während sie in ihrer „conscious kitchen“, einer smart eingerichteten Küche, erzählt, dass Küchen in Zeiten der Pandemie wieder zum Ort der Nahrungszubereitung werden, protzige Showküchen daher ausgedient haben und funktionale Küchen als Ort der Kommunikation wieder gefragt sind, hält sie eine ihrer geblümten Wedgewood-Teetassen in der Hand, geshoppt auf Londoner Vintage-Märkten. Das Teewasser dazu kommt aus dem zusätzlichen Wasserhahn Quooker, über dem Spülbecken. „Wir haben extra einen eigenen Speicher für kochendes Wasser eingebaut, weil wir viel Tee trinken. Damit kann Energie gespart werden.“

Die Küche vereint Vintage mit Hightech. Hier der Hahn für kochendes Wasser, 

©Kurier/Gerhard Deutsch

Eines der wichtigsten Themen der Zukunftsforscher. Während sich Oona Horx mit Wohntrends und Ehemann Matthias sich mit dem Leben der Zukunft beschäftigt, forscht auch Sohn Tristan über die Trends von morgen. Dazu zählen Energie sparen, nachhaltiges Bauen, Zukunftsmaterialien und Leben im Klimawandel. Die publizierten Bücher illustriert dann Julian, der jüngere Sohn.

Den eigenen Energieverbrauch kontrolliert die Familie übrigens per App. „Jeder einzelne kann mit Smartmonitors dazu beitragen, weniger Energie zu verbrauchen.“

Florentina Welley

Über Florentina Welley

Mag. Florentina Welley schreibt seit 2006 als Lifestyle-Autorin über ihre Lieblingsthemen: Mode, Reise, Design und Kunst. Darüber hinaus konzipiert sie Shootings, kuratiert auch Kunst- und Designevents. Auch Film-Erfahrung hat sie, etwa als Co-Produzentin für den Spielfilm „Die toten Fische“, darüber hinaus ist sie in Werbung und Medien bekannt für Konzepte, Textierungen jeden Genres und Modeproduktionen samt Styling, Regieassistenz, Ausstattung und Kostümbild.

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