Met-Luster Lobmeyr

Juwelier Tiffany und Rapper Drake stehen auf Lobmeyr-Luster aus Wien

Der Met-Luster des Glasspezialisten hängt in der New Yorker Oper. Nun bekommen auch die Filialen des Luxusjuweliers Leuchtkörper, die wie Sternenspritzer aussehen.

Sollte einmal jemand auf der Bühne gesanglich daneben greifen, dieser sternspritzartige Luster glänzt immer. Der „Starburst Chandelier“, wie er in New York heißt, rückt mit seinem Durchmesser von sechs Metern die Aula der Metropolitan Opera seit 1966 ins rechte Licht.

Und jetzt auch die Räumlichkeiten des Luxusjuweliers Tiffany & Co. Er stattet seine Filialen um den Globus mit kleineren Modellen des „Met-Lusters“ aus. Die Entwürfe stammen aus Wien – aus dem Hause J. & L. Lobmeyr. Gefertigt werden sie in der beschaulichen Werkstatt des Glasspezialisten im dritten Wiener Bezirk.

New Yorks geheimes Wahrzeichen

Es ist ein alter, niedriger Gebäudekomplex in der Salesianergasse, in dem diese Glassterne geboren werden. Im Schauraum hängen neben luftigen Exemplaren der Nachkriegsmoderne schwere, üppige Beleuchtungskörper. Hier arbeitet ein lebhafter Mann mit Converse-Schuhen und lockerem Spruch. Es ist Johannes Rath, geschäftsführender Gesellschafter des Familienunternehmens, das er mit zwei Cousins leitet.

Sein Großvater Hans-Harald Rath hat den Luster für die Oper 1963 entworfen. Dieser war mit einem aus dem Architekten-Team bekannt und bekam so den Auftrag. Der Enkel ist nicht unbedingt ein Freund des Understatements: „Für Tiffany ist der Met-Luster das Höchste. Er ist so eine Art heimliches Wahrzeichen New Yorks.“

Johannes Rath mit einem Met-Luster in der Lobmeyr-Werkstatt im dritten Wiener Bezirk. Das Modell hängt bald in einer Tiffany-Filiale

©KURIER/Jeff Mangione

Und der wiederum habe Tiffany als New Yorker Herzeigebetrieb zu gut gefallen. „Wir hatten 2017 den Auftrag, Miniaturluster für die Weihnachtsauslage im Tiffany-Flagshipstore auf der Fifth Avenue zu fertigen.“ 25 Strahlenkränzchen funkelten im Hintergrund der Edelsteine.

„Daraus hat sich eine berufliche Freundschaft mit dem damaligen Haupt-Dekorateur entwickelt.“ Der habe zu Rath gesagt: „Ich finde deine Luster so toll, ich werde sie in alle unsere Geschäfte bringen.“ Der Lobmeyr-Chef habe darauf nur lapidar geantwortet: „Gute Idee, mach nur!“ Aber so recht daran geglaubt dürfte er nicht haben. „Vor einem Jahr kam komplett unangekündigt eine Liste von zehn Filialen mit den Größenangaben. Da dachte ich: Okay, jetzt geht es los.“

Zu den ersten Geschäften zählten jene in Madrid, Sydney und Dubai. In den nächsten Monaten baut Lobmeyr 60 Met-Luster zusammen. Wien ist noch nicht dabei. „Die wollen fast alle Filialen damit ausstatten.“ Nachsatz: „Das sind um die 100.“

Lobmeyr freizeit Magazin

Wie groß der Auftrag im Endeffekt sein wird, wisse er noch nicht. Und auch nicht, bis zu welchen Größen die Exemplare anwachsen können. „Der bisher größte für Tiffany liegt bei 3,6 Metern Durchmesser. Damit ist er immer noch kleiner als der von Drake. Das habe ich ihm versprochen.“

Drake, der kanadische Rap-Superstar, hat nämlich den zweitgrößten Met-Luster (nach der Met) des Familienunternehmens mit vier Metern Durchmesser bei sich zu Hause hängen. Der Interior-Designer des Rappers sei auf den Wiener Leuchtkörper aufmerksam geworden. Doch bei Drake ist der Funke nicht sofort übergesprungen – das Finanzielle stand zunächst im Weg. „Das waren harte Preisverhandlungen, wir haben es aber geschafft, sein Budget um 50 Prozent anzuheben, damit wir mit gutem Willen auf seine Höhe kommen.“

Bis zu einer Million

Was so ein Luster koste? Rath: „Der Preis geht steil nach oben. Mit Verdoppelung des Durchmessers vervierfacht sich das Volumen. Ein Modell mit einem Meter Durchmesser liegt bei rund 20.000 Euro, bei sechs Metern knackt man die Million.“

Über den Hof, der mit Kopfsteinpflaster und Grün ausgestattet ist – im Sommer wird mit den Mitarbeitern gegrillt –, geht es in die Werkstatt. Hier sieht es nicht aus, wie man es für eine Luster-Produktion von Weltruf erwarten würde. Es gibt einen schönen hölzernen Dielenboden, es ist gemütlich und überschaubar. Hier wurde 2008 der Große aus der Met gereinigt und generalüberholt. Gerade wird ein neues Exemplar fertig. Jedes ist eigentlich ein Unikat. „Die Spritzer sind normiert in Größe und Anzahl der Steine. Das funktioniert wie ein Kochrezept. Es gibt zwar genaue Angaben, aber wie sie raufkommen, ist der Stimmung unserer Mitarbeiter geschuldet. Es ist immer aufs Neue anders, aber gleich zusammengebaut.“

Glashaus seit 200 Jahren

Starkoch Alain Ducasse weiß, was er seinen anspruchsvollen Gästen schuldig ist. Getränke serviert der französische Dreisterne-Patron nur in Lobmeyr-Gläsern. In New York hängt nicht nur der größte Met-Luster,  das Museum of Modern Art sammelt die geblasenen Gläser aus Wien. Seit 1823 hat sich J. & L. Lobmeyr dem zerbrechlichen Werkstoff verschrieben. Jedes Stück geht durch mindestens 18 Hände und mehrere Qualitätskontrollen.

Was die Stücke neben der aufwendigen Fertigung so besonders macht: namhafte Designer haben sie entworfen. Adolf Loos und Josef Hoffmann haben ebenso Vorlagen geliefert wie Helmut Lang oder Stefan Sagmeister. Auch bei den Leuchtkörpern setzte man in den vergangenen 200 Jahren immer wieder auf große Namen. Der Stararchitekt der Ringstraße, Theophil Hansen, kreierte Ende des 19. Jahrhunderts Luster, die barocke  und hellenistische Elemente verschmolzen. Im Jahr 1883  entwickelte Lobmeyr mit niemand geringerem als Thomas Edison die ersten elektrischen Kristallluster für die Wiener Hofburg und sorgte damit für eine Sensation.  

Anlässlich des 200-jährigen Bestehens würdigt das Wiener  MAK ab 7. Juni J. & L. Lobmeyr mit einer Ausstellung. Das Unternehmen selbst erstellt unter dem Titel „200 Points of Lobmeyr“ eine interaktive Karte mit den wichtigsten Händlern, Museen und Kunden des Hauses. Viele Punkte sind natürlich in Wien zu finden, aber  es geht auch nach Kolumbien, New York, Los Angeles, Mekka  und Medina.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember 2020 über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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