Disney will Themendörfer zum Wohnen bauen
Wem der Besuch der Themenparks nicht reicht, kann bald sein eigenes Disney-Haus kaufen. Experten sind skeptisch.
Gute Neuigkeiten für Disneyfans mit ausreichend Budget. Wer schon immer am liebsten in den Themenpark eingezogen wäre, soll in absehbarer Zukunft dazu Gelegenheit haben. Mitten in der kalifornischen Wüste, unweit von Palm Springs, entstehen unter dem Namen "Cotino" auf rund zehn Hektar 1.900 Wohneinheiten, die Teil des neuen "Storyliving"-Projektes sind.
"Stellen Sie sich Ihr Leben an einem Ort vor, wo der weltberühmte Disney-Service jeden Moment besonders macht", heißt es im Storyliving-Konzept. Vorausgesetzt natürlich, man kann es sich leisten – die Eigentumswohnungen, Einfamilienhäuser und größeren Anwesen gibt es nur zu kaufen, Mietoptionen sind nicht vorgesehen.
Eine große Lagune im Zentrum des Ortes soll Abkühlung verschaffen, Geschäfte, Restaurants und ein Strandclubhaus runden das Angebot ab. In diesem soll Disney-Entertainment das ganze Jahr über für Unterhaltung sorgen. Auch für die Öffentlichkeit gibt es die Möglichkeit Cotino zu erleben. Ein Hotel ist in Planung, Tagespässe sollen den Zugang zu Lagune und Wasserpark ermöglichen
Mickey-Maus-Dystopie?
Die Bewohnerinnen und Bewohner sollen "Teil der Inszenierung" werden – wie genau das aussehen soll, wurde bisher nicht näher erklärt. "Es gibt eine unglaubliche Nachfrage nach allem, was mit Disney zu tun hat. Unsere Fans suchen nach neuen Möglichkeiten die Marke in ihr Leben zu integrieren", sagt Josh D'Amaro, Vorsitzender der Themenparks. In den gebrandeten Gemeinden "kann nun jeder immer Teil von Disney sein”. Für Twitternutzerinnen und -nutzer klang das eher bedrohlich, auf der Plattform wird das Konzept bereits mit einer Black-Mirror-Episode oder der "Truman Show" verglichen:
"Wir schreiben 2052. Unser Protagonist: ein neugieriger 16-Jähriger. Er verbrachte sein ganzes Leben innerhalb der Mauern von 'Storyliving' und konsumierte 'Star Wars'-, Marvel- und Disney-Content ohne Ende. Es war das Paradies. Bis er sich eines Tages fragte: Was liegt hinter diesen Mauern?"
"POV: Du hast gerade versucht, dein 'Storyliving by Disney'-Ökodorf zu verlassen."
Nachhaltigkeit
Bei Experten stößt hingegen das ökologische Konzept auf wenig Gegenliebe. Obwohl Disney versichert, bei der Konstruktion auf Nachhaltigkeit zu achten, steht besonders die 10 Hektar große Lagune in der Kritik. "Es macht ökologisch keinen Sinn", sagt Nicola Ulibarri, die an der University of Californa über Wassermanagement forscht im Gespräch mit dem "Guardian". "In einer sehr heißen Wüste, in einem Staat, in dem wir nicht sehr viel zusätzliches Wasser zur Verfügung haben. Das Wasser verdunstet dort nur, weder wird es Trinkwasser für Menschen noch ein Lebensraum für Fische".
Erinnerungen an Celebration
Cotino ist nicht die erste Wohnanlage, die vom Disney-Konzern geplant wurde. Mitte der 1990er-Jahre wurde in Florida, in der Nähe des Disney World Resorts, die Stadt Celebration aus dem Boden gestampft. Deren Bewohnerinnen und Bewohner mussten sich an ein 70 seitiges Regelbuch halten, das unter anderem die äußere Umgestaltung der Häuser verbot und sogar die Vorhangfarbe vorschrieb. Die Stadt steht unter der Verwaltung einer Betreibergesellschaft, einen demokratisch gewählten Bürgermeister gibt es nicht.
2016 kam Celebration zuletzt in die Schlagzeilen, als die Einwohner den schlechten Zustand ihrer Häuser – undichte Dächer, Schimmel, abbröckelnde Balkone – öffentlich machten. Aus diesem Projekt hat sich der Disney-Konzern zurückgezogen. Wer sich davon nicht abschrecken lässt, muss sich dennoch in Geduld üben: Ein Baustart für Cotino ist noch nicht bekannt.
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