Was wollte ich gerade noch?

Warum vergessen wir, was wir holen wollten, sobald wir im Zimmer sind?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

Es passiert schneller, als man „Schlüssel holen“ denken kann: Man steht auf, marschiert entschlossen ins Nebenzimmer – und dann? 

Ratloses Herumstehen. Was wollte ich hier gleich noch? War’s das Handy? Die Brille? Wollte ich mir vielleicht einen Kaffee machen? Ach, Mist. 

Man würde sich ja Sorgen machen, von wegen „das Alter“ und so – wenn diese plötzlichen Aussetzer einen nicht schon ein ganzes Leben begleiten würden. Aber wenn sie kein Frühzeichen des eigenen geistigen Verfalls sind, woher kommen dann diese nervigen kleinen „Blackouts“?

Wer, wenn nicht die Hirnforschung, hat darauf tatsächlich eine Antwort parat: Zum sogenannten  „Türrahmen-Effekt“ haben US-Psychologen um Gabriel Radvansky von der University of Notre Dame eine berühmte Studie dazu gemacht. Teilnehmer sollten sich bestimmte Objekte merken und diese in einem anderen Raum ablegen. 

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Dabei zeigte sich, dass allein das Durchschreiten einer Tür das Erinnerungsvermögen spürbar verschlechterte – als würde unser Gehirn beim Ortswechsel automatisch ein neues „Kapitel“ aufschlagen und den vorherigen Gedanken zurücklassen. Vereinfacht gesagt: Unser Kopf registriert den neuen Raum als neuen Kontext. Und macht einen Gedankenschritt weiter. 

Was davor wichtig war, verliert abrupt an Priorität – und das Abrufen wird schwieriger.

Das ist es also: Mein Gehirn ist ganz einfach zu schnell für mich! Immer einen Schritt voraus eben. Aber was tun, wenn man dann im anderen Zimmer oder in der Küche oder – dann schon wirklich peinlich – in einem Raum voller Kollegen steht und nicht recht weiß, was man eigentlich wollte? 

Erstaunlicherweise haben Radvansky und seine Kollegen dazu einen echten Oma-Tipp verifiziert. Die sagte doch immer, man solle zurückgehen, von wo man gestartet ist, dann würde einem die Sache schon wieder einfallen. Und tatsächlich fanden die Psychologen heraus, dass dann das alte, eigentlich abgeschlossene Kapitel im Gehirn wieder „aufspringt“ und man sich eher  an die ursprüngliche Intention erinnern kann. 

Falls nicht? Dann nimmt man es einfach gelassen. Und macht sich einen Kaffee.

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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