Balloons

Warum träumen wir oft, dass wir fallen – und schrecken dann hoch?

Fragen der Freizeit ... und Antworten, die euch überraschen werden.

Eine rostige Hängebrücke in den Anden. Ich wundere mich nicht, wie ich hierhergekommen bin, sondern genieße das unglaubliche Panorama. Aber ich muss weiter, ans andere Ende der Brücke. Und plötzlich macht mir die Höhe Angst. Langsam, Schritt für Schritt, und nur nicht hinunterschauen. Da, ein morsches Brett. Es kracht – und ich stürze ...

Fast jeder kennt solche Träume. Sie beginnen harmlos – und enden im freien Fall. Was folgt, ist ein kurzer, heftiger Ruck durch den ganzen Körper.  Und dann liegt man plötzlich hellwach im Bett und fragt sich: Was war das?

Was da passiert, nennt sich Hypnischer Ruck (englisch: hypnic jerk), auch Einschlafzuckung genannt. Ein Phänomen, das so alt ist wie der Mensch selbst – und so rätselhaft, dass es bis heute keine endgültige Erklärung gibt. 

Fest steht: Etwa 70 Prozent der Menschen erleben diesen Effekt irgendwann. 

Frage der Freizeit

Hier schreiben Autoren und Redakteure der freizeit abwechselnd über Dinge, die uns alle im Alltag beschäftigen.

Besonders häufig tritt er bei jungen Erwachsenen auf – mit zunehmendem Alter wird er seltener. Eine gängige Theorie stammt vom amerikanischen Neurowissenschaftler Tom Stafford von der University of Sheffield. Er beschreibt den hypnischen Ruck als „Fehlzündung des motorischen Systems“, die beim Übergang in den Schlaf auftrete.  

Der Ruck sei quasi ein kurzer System-Check: „Der Körper stellt sicher, dass er nicht in Gefahr ist, bevor er abschaltet.“

Noch weiter zurück geht der Evolutionsbiologe Oliver Sacks, der schon in den 1980ern spekulierte, ob es sich um ein uraltes Überlebensprogramm handeln könnte: Unsere Vorfahren, die in Bäumen schliefen, hätten durch das abrupte Zucken einen drohenden Absturz verhindern können – und damit ihr Leben gerettet. 

Kurios: Während die körperliche Reaktion messbar ist, ist der begleitende Falltraum nicht zwingend dabei. Und doch erzählen viele Menschen davon. Der plötzliche Verlust des Gleichgewichts, das ungebremste Hinunter – es ist ein Urbild der Angst. 

Und vielleicht auch eine stille Erinnerung daran, wie fragil das Einschlafen eigentlich ist. Wie ein kleiner Sprung ins Vertrauen... 

Denn was ist Schlaf anderes als ein Loslassen?

Andreas Bovelino

Über Andreas Bovelino

Redakteur bei KURIER freizeit. Ex-Musiker, spielte in der Steinzeit des Radios das erste Unplugged-Set im FM4-Studio. Der Szene noch immer sehr verbunden. Versucht musikalisches Schubladendenken zu vermeiden, ist an Klassik ebenso interessiert wie an Dance, Hip-Hop, Rock oder Pop. Sonst: Texte aller Art, von philosophischen Farbbetrachtungen bis zu Sozialreportagen aus dem Vorstadt-Beisl. Hat nun, ach! Philosophie, Juristerei und Theaterwissenschaft und leider auch Anglistik durchaus studiert. Dazu noch Vorgeschichte und Hethitologie, ist also auch immer auf der Suche einer archäologischen Sensation. Unter anderem.

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