Psychologisch untersucht: Wenn Veganismus die Karriere ruiniert

Sich als vegan zu outen kann für Männer im Job negative Folgen haben, wie eine Studie nun enthüllt.

Irritation, Unverständnis, Ablehnung: Als Veganerin oder Veganer stößt man im privaten Umfeld nicht immer auf positive Reaktionen. Dass die Entscheidung, sich rein pflanzlich zu ernähren, auch im Job Negatives nach sich ziehen kann, haben nun zwei Psychologinnen an der Universität Warschau herausgefunden. Veröffentlicht wurde die Studie im Journal of Social Psychology.

Dominika Adamczyk und Dominika Maison untersuchten, wie sich Veganismus auf die Wahrnehmung einer Person im Rahmen von Bewerbungen auswirkt – und wie diese Wahrnehmung je nach Geschlecht und Art der Tätigkeit variiert. Sie stellten die Hypothese auf, dass Männer, die offen darlegen, Veganer zu sein, kompetenter wahrgenommen werden als Frauen, die das ebenfalls tun.

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Sie nahmen auch an, dass vegane männliche Bewerber, die sich für eine vermeintlich maskuline Tätigkeit interessieren, als weniger kompetent angesehen werden. Das Gegenteil könnte der Fall sein, wenn sie sich für eine Stelle bewerben, die als feminin eingestuft wird. Bei Frauen sei es genau andersrum.

Auf dem Prüfstand

Die Studie wurde online mit polnischen Erwachsenen durchgeführt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden per Zufallsprinzip einer von acht Gruppen zugewiesen und bekamen einen fiktiven Lebenslauf vorgelegt. Der Lebenslauf unterschied sich in drei Punkten: Ernährung des Bewerbers (vegan oder nicht), Geschlecht des Bewerbers (männlich, weiblich) und berufliche Position (stereotyp männlich oder stereotyp weiblich). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden gebeten, die Eignung der Bewerberinnen und Bewerber für die Stelle auf Basis der Lebensläufe zu bestimmen.

Das Forschungsteam wählte Polen bewusst als Untersuchungsort. Das Land gilt in Europa als eines der konservativsten Länder in Bezug auf Veganismus. Eurostat-Daten aus dem Jahr 2019 zeigen, dass nur ein Prozent der Polinnen und Polen sich als Veganer oder Vegetarier bezeichnen.

Es zeigte sich: Die Ernährungsweise der Bewerberinnen und Bewerber hatte erheblichen Einfluss darauf, wie sie von potenziellen Arbeitgebern wahrgenommen wurden. Vegane Bewerber wurden als weniger geeignet für Berufe eingestuft, die mit Männlichkeit assoziiert werden, etwa Geschäftsführer oder Bauarbeiter. Aber als geeigneter für Berufe, die mit Weiblichkeit verknüpft werden, beispielsweise Kindergärtnerin oder Krankenschwester.

 

Job-Kompetenz: eine Frage der Ernährung?

Die Beobachtungen waren bei Bewerbern stärker ausgeprägt als bei Bewerberinnen. Vegane Kandidatinnen und Kandidaten wurden generell als weniger kompetent wahrgenommen als nicht-vegane Kandidatinnen und Kandidaten.

Den Autorinnen zufolge decken sich die Erkenntnisse mit früheren Studien. In vielen Kulturen werde Fleischkonsum mit Männlichkeit und Stärke assoziiert. Während eine pflanzliche Ernährung als weiblich oder schwach angesehen werde. Das könnte erklären, warum vegane Bewerber als weniger geeignet für typisch männliche Berufe angesehen wurden.

In Bezug auf Geschlecht und Veganismus wird offenbar mit zweierlei Maß gemessen: So waren die Nachteile für männliche Veganer größer als jene für Veganerinnen. Veganismus wird bei Frauen also augenscheinlich eher akzeptiert.

Folgestudien erforderlich

Allerdings, so geben die Autorinnen selbst zu, lassen sich die polenspezifischen Ergebnisse womöglich nicht auf andere Länder übertragen. Zudem wurden für die Studie fiktive Lebensläufe verwendet – es gab also keine tatsächlichen Bewerberinnen und Bewerber.

Künftige Forschungen sollten realistischere Szenarien einbeziehen, um die Auswirkungen von Veganismus auf Karrierechancen besser zu verstehen.

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