Wunderkammern des Wissens: Die schönsten Bibliotheken der Welt
Vom Büchertempel in Brasilien bis zur mittelalterlichen Jesuitenbibliothek in Deutschland: das sind die schönsten Bibliotheken der Welt.
Zeig mir dein Bücherregal und ich sag dir, wer du bist! Das beliebte Psychospiel unter Bibliophilen hat auch in Zeiten des eReaders nichts an Attraktivität verloren. Sicher, eilig platzierte Coffee-Table-Books drängen immer mehr danach, Eindruck zu schinden. Im privaten Rahmen freilich, denn in den Wunderkammern des Wissens werden die wahren Schätze erst auf Verlangen offengelegt.
Dem Prunk großer Büchertempel kann der Lauf der Zeit überhaupt wenig anhaben. Zum Glück. Wo möglich, wird (bau-)technisch aufgerüstet und werden unterirdische neue Bücherspeicher eingerichtet. Aber gegen die Visitenkarte einer beeindruckenden alten Bibliothek, den Lesesaal, hat die Moderne ohnehin keine Chance. Oder doch?
Real Gabinete Português de Leitura, Rio de Janeiro
Vom Bildungsverein für Auswanderer zum architektonischen Juwel Rio de Janeiros hat sich die „Botschaft“ Portugals in Brasilien entwickelt. Die kunstvoll gefertigten Bücherregale mögen zwar etwas bedrückend wirken, aber das Oberlicht und der schwere Luster sorgen im Lesesaal, dem „Salão de Leitura“ (siehe Bild oben), für optimales Lektürelicht. Originell auch der Zugang zu modernen Medien: Auf YouTube betreibt Gomes da Costa, Leiter des „portugiesischen Kabinetts“, einen eigenen Kanal.
Biblioteca Vasconcelos, Mexiko-City
Bleiben wir in der Neuen Welt. Gigantischer Betonblock, botanischer Garten oder üppig bestückter Büchertempel? Der Stolz des Viertels Cuauhtémoc in der Megacity Mexiko ist alles zusammen. Und gilt als absolute Sehenswürdigkeit für bibliophile Besucher der mittelamerikanischen Metropole. Die Hauptsammlung verfügt über einen Schatz von 600.000 Werken in etwa 40.000 Laufmetern Bücherregale. Entworfen wurde der nach dem ehemaligen Staatspräsidenten José Vasconcelos Calderón benannte Bau von einem anderen Sohn Mexikos, dem Architekten Alberto Kalach.
Klosterbibliothek Wiblingen, Ulm
Atemberaubend, dieses Deckenfresko von Franz Martin Kuen über dem Bibliothekssaal. Personifiziert als von Engeln umringte Frauengestalt, zeigt es die göttliche Weisheit, die über den Schatz von Wiblingen wacht. Gut 15.000 Bände waren das in der Blütezeit dieser sich über eine Länge von 23 Metern erstreckenden Schatzkammer. Im Zuge der Säkularisierung des zwischen 1740 und 1750 erbauten Klosters gelangte ein Großteil der kostbaren Bücher in andere Bibliotheken. Geblieben ist das reiche Interieur mit prachtvollen Skulpturen und geschwungenen Balustraden in dem marmornen Rokokosaal.
oder dieser Büchertempel
Jesuitenbibliothek, Abtei Maria Laach
Mit verschlungenen Gängen und Universalwerken von der Mathematik bis zu Medizin kommt diese Bibliothek einem Labyrinth sehr nahe. Fürs Wohl der 260.000 Bände ist Pater Petrus verantwortlich. Die für den heutigen Konvent bedeutendste Handschrift ist das um 1500 entstandene Kapitelsbuch mit Martyrologium, Benediktinerregel und Laacher Nekrolog.
Stiftsbibliothek Admont, Steiermark
Das Benediktinerstift Admont hat mit seiner wirklich sehenswerten Stiftsbibliothek nicht Eingang in diesen Bildband gefunden. Macht nichts, Hauptsache Bücherfreunde wissen um den wahren Schatz der Steiermark. Denn diese Klosterbibliothek ist aufgrund ihrer Maße von 70 Metern Länge, 14 Metern Breite und 13 Metern Höhe die größte der Welt und eines der bedeutendsten Gesamtkunstwerke des europäischen Spätbarocks.
Begegnung der Bildung
Moderne Archive des Wissens sind hier ebenso wie mittelalterliche Klosterbibliotheken zu sehen. Die Geschichte der Bibliotheken reicht dabei weit früher zurück. In Mesopotamien entstand vor Fünftausend Jahren eine der ersten Hochkulturen – und damit auch eine frühe Form der Bibliothek. Im dritten Jahrhundert vor Christus wuchs in der ägyptischen Hafenstadt Alexandria ein einzigartiger Wissenstempel, der Tausende Pergamentrollen mit den Aufzeichnungen der größten Gelehrten der damaligen Zeit aufbewahrte.
Spektakulär auch die vor zwanzig Jahren eröffnete neue Bibliotheca Alexandrina. Hinter den Mauern befinden sich zweitausend Leseplätze und Regalflächen für acht Millionen Bücher.
Schon im alten Alexandria reifte der Gedanke, dass Bibliotheken zu Begegnungsorten im Sinne der Bildung werden können. Einen gewaltigen Schritt nach vorne aber machten die Pilgerstätten für Gelehrte und Wissbegierige erst mit einer bahnbrechenden Erfindung. Um das Jahr 1450 waren Johannes Gutenbergs Experimente in seiner Druckwerkstatt in Mainz so weit fortgeschritten, dass um das Jahr 1450 mit beweglichen Lettern mit dem begonnen werden konnte, was wir heute unter Buchproduktion verstehen.
Die Folgen waren bald für alle sichtbar, zumindest in der Nähe von Städten. In Florenz etwa gründeten die Medici erste Privatbibliotheken, und auch andere europäische Fürstenhäuser trugen bedeutende Büchersammlungen zusammen. „Die Bibliothek wurde zum Prestigeobjekt“, heißt es in dem Band „Büchertempel“.
Goethe als Bibliothekar
Mit Goethe gab es in Weimar zeitweise sogar einen Dichter und Bibliothekar in einer Person. In seiner Amtszeit soll er den Buchbestand verdoppelt haben. Regelrecht Unsummen hat Kaiser Karl VI. in seine Hofbibliothek gesteckt. Der Österreichischen Nationalbibliothek am Heldenplatz ist das noch heute anzusehen.
Deren Prunksaal ist wegen Restaurierungsarbeiten bis 31. Dezember geschlossen. Bis dahin kann man auf den Augustinerlesesaal oder eine nahe liegende Bibliothek ausweichen. Oder wieder ein Coffee-Table-Book aufschlagen.
Kommentare