Wo die Werkstatt der griechischen Götter liegt
Auf der Insel Lemnos ist nichts in Stein gemeißelt. Höchsten Genuss versprechen lange Strände und fast ebenso lange, reich gedeckte Tafeln.
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Bei einem Ehekrach soll man sich nicht einmischen. Das führt zu nichts Gutem. Im Fall von Hephaistos, dem Gott des Feuers und der Schmiedekunst, führte es zu einem lahmen Bein.
Hephaistos schlug sich auf die Seite der Mutter Hera, worauf ihn sein Vater Zeus mit einem Fußtritt vom Olymp, dem Sitz der Götter, stieß. Anderen antiken Quellen zufolge stieß ihn die Mutter hinab. Der Aufprall jedenfalls zerschmetterte Hephaistos’ Bein. Und das führte schließlich doch zu etwas Gutem, zumindest aus Sicht der Insel Lemnos, ihrer Bewohner und Besucher.
Hephaistos' Werkstatt
Denn Hephaistos fiel nach dem Tritt genau dort vom Himmel. Die Inselbewohner pflegten sein verletztes Bein, er war ihnen dankbar und blieb für immer. Er lehrte sie die Schmiedekunst und brachte der Insel Reichtum. Wann immer es aus einem Vulkan rauchte, hieß es: „In Hephaistos’ Werkstatt wird gearbeitet!“
Vulkane und trockenes Klima
Und genau der vulkanische Boden war es, der in Kombination mit dem trockenen Klima eine der Grundlagen für Lemnos’ Blüte bildete. So wachsen dort süße Trauben, aus denen seit Jahrtausenden der berühmte limnische Wein gekeltert wird. Allein schon wegen der kunstvollen Tonamphoren, in denen der Wein auf der Maische liegt, lohnt es sich, ein Weingut aufzusuchen, etwa jenes von Manolis Garalis in Agios Dimitrios. Oder man fährt gleich weiter nach Kontopouli zum wunderbaren Gastgeber Paris Leristis. Bei ihm geht es hochprozentiger zu: In der Destillerie Leristis wird Tsipouro, der traditionelle griechische Traubenschnaps (mit Anisgeschmack oder auch ohne) gebrannt.
Weinbau
Der erfolgreiche Weinbau wird übrigens nicht nur der – dank Hephaistos – vulkanischen Erde zugeschrieben, sondern auch Dionysos: Ein Enkel des Weingotts soll die ersten Reben hierher gebracht haben. Genau weiß man es nicht. So wie auch der vom Himmel gefallene Hephaistos im Reich der Mythen angesiedelt ist. Aber was ist schon gewiss, auf einer Insel, die nicht genau weiß, wie sie heißt?
Jeder Versuch, zu klären, ob „Lemnos“ oder „Limnos“ richtig ist, scheitert: alte und neue Bezeichnung? Griechische und Englische? Nichts dergleichen lässt sich nachdrücklich festmachen. Die Griechen drucken Straßenkarten der Insel, auf denen diese einmal Lemnos, dann wieder Limnos heißt. Und beide werden, friedlich nebeneinander im Regal stehend, zum Verkauf angeboten.
Also sagen Sie, wie Sie wollen, Hauptsache, Sie kommen. Denn die naturschöne Unbekannte in der nördlichen Ägäis darf man sich nicht entgehen lassen. Lemnos (oder Limnos, ganz nach Geschmack) überzeugt nicht durch vordergründige optische Reize, sondern durch Tiefgang, Vielfalt und Geschmack. Im Anflug nichts als ein unscheinbarer heller Fleck im Meer („limnos“ soll in einer alten Sprache „weiß“ bedeuten), erschließt sich die Fülle der Insel erst auf den zweiten und dritten Blick. Und nach einer Woche stellt man fest, dass man so vieles noch nicht gesehen, noch nicht gekostet, noch nicht erlebt hat, dass man wiederkommen wird.
Älteste Stadt Europas
Wo fangen wir an? Bei den weiten Stränden, die Eltern mit Kleinkindern ebenso anziehen wie Surfer und Kiter? Bei der limnischen Heilerde, deren Wirkung bereits Homer in der Odyssee rühmte? Oder gar schon im 5. Jahrtausend vor Christus? Aus der Zeit sollen erste Spuren einer Siedlung bei Poliochni stammen, dass als „älteste Stadt Europas“ gilt und einst das sagenumwobene Troja, welches direkt gegenüber in Kleinasien lag, an Macht, Entwicklung und Architektur in den Schatten gestellt haben soll.
Poliochnis Ausgrabungen sind beeindruckend, ob man tatsächlich Europas älteste Stadt sieht, spielt wie so vieles auf Lemnos eine untergeordnete Rolle. Man kann daran glauben. So wie an den mysteriösen Kabirenkult, dem in der Antike nur auf Lemnos und dessen Nachbarinseln Samothraki und Imbros gehuldigt wurde. Dem Glauben an die Göttergruppe der Kabiren verdankt Lemnos die Reste einer imposanten Tempelanlage aus dem 4. Jahrhundert vor Christus in Kavirio im äußersten Nordosten.
Nichts ist in Stein gemeißelt
Und weil auf dieser Insel nichts in Stein gemeißelt ist, sie ihre Geschichte aber in Form von Steinen eindrucksvoll erzählt, sollte man gleich weiterfahren zum antiken Theater von Ifestia. Und zum Kap Falakro, wo seltsam glatte, kugelförmige Steinformationen – die Inselbewohner nennen sie liebevoll „die Kahlköpfe“ – erdgeschichtlich zeigen, was geschieht, wenn flüssige Lava auf Meerwasser trifft.
Die Geschichte dieser Insel füllt Bände. So auch die berüchtigte „Untat von Lemnos“, bei der die Frauen unter der Ägide ihrer Anführerin, Königin Hypsipyle, alle Männer von einer Klippe in den Tod stießen. Auch da scheiden sich die Geister am Wahrheitsgehalt. Doch es dürfte kein Zufall sein, dass die Amazonen in dieser Gegend beheimatet waren.
Tipps
Hotel
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Transport
Für Ausflüge zu historischen Stätten und kulinarischen Betrieben (siehe auch „K wie Kost-Barkeiten“) empfiehlt sich ein Mietauto. Kosten für einen Kleinwagen in der Hochsaison ca. 100 € pro Tag. Bucht man bei InterTravel das Varos Village Hotel, ist ein Mietwagen (Klasse A) dabei
Strände
Die Strände von Gomati im Norden und Keros im Osten sind (noch) ein Geheimtipp unter Surfern und Kitern. Für Familien sehr zu empfehlen: die flachen Strände von Platy, südlich der Hauptstadt Myrina,
Käse, Kaninchen und Konfekt
Nur eines steht außer Zweifel: die hohe Qualität der Kulinarik von Lemnos. Essen Sie, so viel Sie können. Sie werden nichts bereuen (solange Sie ohne Waage reisen). Hervorragende Ziegen- und Schafkäse, allen voran Kalathaki, muss man ebenso kosten wie die berühmten Flomari-Nudeln, aber auch gebratene Kaninchen, Rebhühner und Ziegen, ganz zu schweigen von allem, was das Meer hergibt. Danach sollten Sie bei Venizeliká, dem Traditionskonfekt aus Mandeln, Schokolade und Likör, zugreifen.
Gut gestärkt können Sie dann die Insel erwandern. Wer gut zu Fuß ist, besteigt den Berg Kakavos, auf dem sich, in eine Höhle gebaut, die berühmte „Kirche ohne Dach“ befindet. Geht man bei Sonnenaufgang hinauf, wird man vom ewigen Berg- und Küstenpanorama im Morgenrot belohnt. Bei Sonnenuntergang liegt die Kirche in goldenem Licht.
Für kleinere Spaziergänge bieten sich die Altstadtgassen und der Hafen der Hauptstadt Myrina an. Dort kann man den Fischern bei ihrer Arbeit zuschauen. Oder die nahe Festung besteigen. Myrina wurde übrigens nach der Mutter von Königin Hypsipyle benannt. Die von allen geliebte und verehrte Myrina war mit König Thoas verheiratet, einem Sohn des Gottes Dionysos. So sagt es die Mythologie. Wenn man daran glauben will. Aber das sollte man. Denn eine Insel, die antiken Göttern so viel bedeutete, kann auch den Menschen nur gefallen.
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