Blick über den Grundlsee, rechts der Backenstein, links im Hintergrund der Hohe Sarstein

Weekender am Steirischen Meer: Der Grundlsee

Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist der schönste See im Land? Der Grundlsee ist ein guter Kandidat, und hat es in sich. Er wirkt zwar etwas verschlafen, ist aber tatsächlich sehr lebendig – begonnen bei der Geschichte seiner Villen bis hin zum Engagement eines Dorfrichters.

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von Wien nach Bad Aussee in ca. 3 Std 40 Min

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grundlsee.at

Am Stammtisch rumort es. Zwar wurde schon vor mehr als zehn Jahren beschlossen, dass es kein eigenes Kennzeichen für Bad Aussee mehr geben wird, doch der Ärger ist bei den Einheimischen noch lange nicht verflogen. Sie sind stolz auf ihre Gegend und überrannten damals die Behörden für das Ausstellen von „BA“-Wunschkennzeichen. Diese verlieren nach einer gewissen Dauer automatisch ihre Gültigkeit, viele von ihnen laufen demnächst aus. Proteste werden wieder laut, aber es hilft nichts. Demnächst ersetzt „LI“ (für Liezen) ihr geliebtes „BA“ – das gilt auch für die Bewohner von Grundlsee.

Da kann auch der örtliche Dorfrichter in Gössl nichts bewirken – auch wenn dieser sonst in der bezaubernden Region viel zu sagen hat. Dort, wo andere urlauben, kümmert er oder sie (2016 wurde erstmals eine Frau in das Amt gehoben), sich um kleinere Angelegenheiten, die aber nicht von geringerer Bedeutung sind: Wann wird das Vieh aufgetrieben? Welche Schäden, zum Beispiel an Zäunen, müssen repariert werden? Wann findet welches Fest statt? Das Amt des Dorfrichters ist also eine Art Kommunikationszentrale der Gegend und wird jährlich neu besetzt – neun Familien wechseln sich hier ab, die Tradition wird nach wie vor hochgehalten.

Die Villa Castiglioni ist beliebtes Fotomotiv und in Privatbesitz. Gerüchten zufolge soll hier über die Schaffung der Salzburger Festspiele sinniert worden sein

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Manfred Glueck/Alamy Stock Photos / Manfred Glueck/mauritius images

Genau diese Tradition ist es, die die Region so sehr prägt. Sie ist spürbar, an jeder Ecke, in jedem Gasthaus, auf jeder Route. Hier grüßen sich Wanderer freundlich, etwa wenn sie einander vom westlichen Eck des Grundlsees kommend auf dem „Wanderweg nach Gössl“ begegnen und in den dichten Waldstücken über Stock und Stein spazieren. Auch mit dem Fahrrad oder E-Bike lässt sich die Umgebung erkunden, oft mit Blick auf den See – und auf seine beiden Villen: Castiglioni und Roth. Beide haben eine bewegte Vergangenheit, beide sind heute in Privatbesitz. Doch nach wie vor ranken sich abenteuerliche Geschichten und Mythen um sie. So soll etwa Camillo Castiglioni, dessen Einordnung je nach Sichtweise vom verrückten Finanzspekulanten bis hin zum visionären Theatermäzen reicht, den unter dem Namen „Villa Grundlstein“ errichteten Prachtbau 1920 gekauft und mit Besonderheiten wie einer riesigen Orchideenzucht (damals der größten Europas) angereichert haben. Man munkelt, er habe hier mit Max Reinhardt und Hugo von Hofmannsthal über die Salzburger Festspiele sinniert, Gerüchten zufolge soll er sogar die Finanzierung dafür gesichert haben. Schließlich schenkte er die Villa seiner Herzdame Iphigenie Buchmann, die ihn später aber verließ und das Anwesen weiterverkaufte. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde hier außerdem die Privatbibliothek von Adolf Hitler zwischengelagert, dabei verschwanden Originalpartituren von Richard Wagner, die der Legende nach noch heute am Grundlsee vermutet werden. Doch es hält sich damit wie mit dem „Schatz vom Toplitzsee“, der eben dort versenkt worden sein soll, auch er wurde nach wie vor nicht gefunden.

Rad- und E-Biketouren rund um den Grundlsee: Von vielen Wegesabschnitten aus genießt man See-Blick

©Steiermark Tourismus / Tom Lamm

Sensationen unter Wasser

Müde danach zu suchen, wird man aber nicht. Inzwischen zieht die Geschichte viele Touristen an, bei der Fischerhütte am Toplitzsee (die nur zu Fuß oder mit dem Rad zu erreichen ist, und wo man auf der Terrasse direkt am Ufer einen wunderbaren Saibling serviert bekommt) erinnern mehrere Schautafeln mit Zeitungsberichten an die unermüdlichen Versuche der vergangenen Jahrzehnte, Goldbarren zu finden. Dabei stieß man in 60 Metern Tiefe auf eine andere Sensation: den 23 Zentimeter langen Toplitzseewurm, der im sauerstofflosen Tiefenwasser lebt. Nicht unter, sondern über Wasser lässt sich der Toplitzsee ebenfalls gut erkunden, nämlich auf einer Plätte. Bei der Fahrt (die Ab- und Anlegestelle liegt direkt bei der Fischerhütte) kommt man auch in die Nähe des dahinterliegenden, noch kleineren Gewässers: dem Kammersee, der in einem Felskessel liegt und nach einem kurzen Spaziergang erreicht werden kann. Ausflugsziele in der Umgebung, die etwas weiter weg vom Grundlsee liegen, sind etwa Bad Aussee mit seinem entzückenden Ortskern samt Kaffeehaus und Senferei (Tipp: Annamax). Oder der Loser mit seiner Bergbahn, Bike-Touren und Wanderrouten. Oder der Altausseer See, der nur zu Fuß zu umrunden ist und auf der Route einen Drehort des James-Bond-Streifens „Spectre“, die Jagdhütte, bereithält. Wahres Highlight ist auch das Narzissenfest, bei dem beeindruckende Figuren aus Blüten und Blumen präsentiert werden.

Mit traditionellen Holzbooten, den so genannten Plätten, lässt sich der See erkunden – darauf kann sogar gespeist werden

©steiermark_tourismus_ikarus.cc

Neues Feriendorf

Zurück am Ufer des Grundlsees fällt seit kurzem ein neuer Food-Truck auf einer öffentlichen Liegewiese nahe des Seehotels – genau gegenüber der Villa Castiglioni – auf: Bosna gibt es da zum Beispiel, und noch dazu eine ziemlich gute. Mittwochs parkt der Truck (bis 24. August), dann am Zloam-Teich, der inmitten des neuen und teilweise noch in Fertigstellung befindlichen Narzissendorfs Zloam etwas oberhalb des Grundlsees zu finden ist. Wo früher eine „Gstettn“ war und Einheimische auf dem kleinen Hang Skifahren lernten (der Skilift bleibt übrigens erhalten), kann nun Urlaub gemacht werden – das Ferienresort besteht aus 28 Häusern und 24 Appartements, einem Wirtshaus, einem Café, Tennisplätzen, einem Veranstaltungssaal (Fertigstellung im Herbst), einem Eislaufplatz (im Winter) und sogar einem Reitstall. Auch eine Rodelbahn ist in Planung.

Die beiden Gastgeber Julia Köberl und Jakob Zand sind Ausseer und damit so genannte „Dosige“. Nicht zuletzt deshalb kommen auch die Einheimischen gerne zu ihnen ins neue Feriendorf – zum Beispiel zum Essen zum Zloam Wirt, wo der 28 Jahre junge Küchenchef Johannes Ganisl Bodenständiges auf die Teller zaubert – etwa Cordon bleu, Krenfleisch vom Grundlseer Oxn oder, natürlich, Ausseer Saibling im Ganzen gebraten. Manchmal gibt es auch Gerichte mit Wild aus eigener Jagd.

Damit ist die gesamte Region, sowohl was die Kulinarik als auch die Freizeitmöglichkeiten betrifft, um viele Attraktionen reicher und bekommt neuen Aufwind.

Das neue Narzissendorf Zloam: mietbare Häuser und Appartments

©karl steinegger/narzissendorf zloam
Marlene Auer

Über Marlene Auer

Chefredakteurin KURIER-freizeit. War zuvor Chefredakteurin bei Falstaff und Horizont Österreich, werkte auch als Journalistin im Bereich Chronik und Innenpolitik bei Tages- und Wochenzeitungen. Studierte Qualitätsjournalismus. Liebt Medien, Nachrichten und die schönen Dinge des Lebens.

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