Reise durch's Michelin-Paradies: Die besten Gourmet-Spots der Türkei

Bekannt für unzählige Sonnenstunden, türkises Meer und einen funkelnden Nachthimmel, findet man die Sterne jetzt sogar auf den Tellern der besten Restaurants. Warum die türkische Küche boomt und welche Rolle eine kulinarische Wiener Zutat spielt.

„Hier sind sie drinnen“, sagt Ömer Faruk Bingöl und deutet auf eine Pfanne, in der köstliche Köfte braten. „Eine Zutat, die Österreichern besonders gut schmeckt und, etwas anders verarbeitet, in unserer Restaurantkette Ramazan in der Türkei zu den Bestsellern gehört“, lacht er. „Weil wir Köfte, genau wie beim Wiener Schnitzel, in Bröseln panieren.“ Bingöl kochte vor Kurzem als kulinarischer Botschafter in der türkischen Botschaft in Wien mit typischen Zutaten aus Izmir auf, um den neuen Zero-Waste-Gedanken und regionale Produkte der türkischen Küche vorzustellen. 

Chef Ömer Faruk Bingöl stellte in Wien die neue türkische Kochkunst vor : mit einer Wiener Zutat

©Privat

Heute sind unter den Gästen, die in der Türkei urlauben, immer mehr Food-Lover, die nach Istanbul, Izmir oder Bodrum zu neuen kulinarischen Hotspots pilgern. Dort hat sich der Einsatz der innovativen Köche, die sich für eine umweltbewusste, frische Küche einsetzen, bezahlt gemacht.

Der Guide Michelin hat kürzlich die neuen Restaurants in Izmir und Bodrum, den zwei beliebtesten  Urlaubsregionen auf der ägäischen Halbinsel, für ihre vielfältigen Gerichte ausgezeichnet. Auch neue Sterne-Restaurants in Istanbul kamen in den türkischen Michelin-Führer hinzu.

Istanbul gilt zwar als Hochburg des Streetfoods, hat aber heute bereits 77 von Michelin-Guide empfohlene Restaurants, 
 

 

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Dass sich die kulinarischen Botschaften, die Michelin mit der Auszeichnung von modernem Fine-Dining und engagierten Chefköchen vermittelt, auch finanziell auszahlen, zeigen die Tourismuszahlen, die in der Türkei im vergangenen Jahr um 60 Prozent gestiegen sind. 

Neue Feinschmeckerparadiese 

Eigentlich ist es logisch, dass jetzt die Gegenden in Izmir, rund um Urla und in  Bodrum, rund um Muğla, als neue Feinschmecker-Paradiese gelten. Die Ägäisküste, bekannt für schmackhafte Olivenöle, war schon immer eine der Regionen mit der höchsten Olivenproduktion in Anatolien.  Wen wundert es daher, dass Olivenöl, aromatisiert mit Kräutern, wie Thymian, Rosmarin oder Minze, hier sogar auf dem Frühstückstisch zu findet ist? In Izmir gibt es für wertvolle Heilkräuter wie Şevket-i bostan (Gottesdistel) sogar eigene Feste und typische „Izmir-Köfte“ werden mit ihnen zubereitet.  

 Bodrum ist einer der kulinarischen Hotspots der Türkei. Hier findet man auch das Kitchen von Chef Osman Sezener, 

©Tga türkei tourismus

Von Alaçatı bis Bodrum servieren Chefköche frischen Wolfsbarsch und Meeresfrüchte wie Tintenfisch, Austern, Garnelen, die mit Kräutern gewürzt sind. „Besonders sind aber Gemüsesorten wie Sea Beans (Grüne Bohnen), die man in Europa nur sehr schwer findet“, erzählt Ömer Faruk Bingöl.  
Sämtliche Produkte, vom Gemüse bis zu Biofleisch, Olivenölen  und Gemüsesorten, kommen heute aus regionalen, hauseigenen Betrieben, genau wie der Wein. Innovative Önologen und junge Köche haben die alte Koch- und Weinbautradition in Izmir und Bodrum neu aufgemischt und folgen mit ihren Fine-Dining-Restaurants dem Farm-to-Table-Konzept und dem Zero-Waste-Ansatz. 

Küchenchef Osman Sezener und sein grüner Stern im OD Urla
 

©Welley Florentina

Weinliebhaber sollten unbedingt eine Tour entlang der malerischen Weingartenroute rund um Urla zur schönen Urla  Vinery machen. Von Zypressen umgeben, bekommt man in dem Weingarten neben einer Verkostung auch eine Einführung in den Weinbau. So wurden die Weine der Rebsorten Bornova Misketi und Foça Karası- und Gaydura von jungen Önologen rund um Urla rekultiviert und vor dem Aussterben bewahrt. Sie schmecken übrigens bestens zu frischen Meeresfrüchten, die man gleich in der Nähe in den ausgezeichneten Sterne-Restaurants von Izmir verkosten kann. 

Das schicke Restaurant Od Urla ist in einem Glashaus untergebracht, umgeben von einem Park

©Izmir

Denn die  Restaurants schenken lokale Weine aus und servieren dazu Besonderheiten der regionalen Küche. Deshalb wurden die Restaurants OD Urla, Vino Locale und Hiç Lokanta in Izmir für ihre „Grüne Küche“ mit einem „Grünen Michelin-Stern“ ausgezeichnet. 
Wer neben wunderschönen Stränden, antiken Ruinen und turbulenten Basaren in Izmir die ausgezeichnete Kulinarik probieren möchte, findet mitten in der malerischen Altstadt von Urla das schicke Hiç Lokanta mit seiner pflanzenbasierten Küche, das einer besonderen Philosophie folgt. 

Sterneregen in Izmir & Bodrum

Hier heißt es: vom Wald auf den Teller. Das Lokal in einem ehemaligen griechischen Theater, setzt zu 100 Prozent auf Nachhaltigkeit. Das zeigt sich von den verwendeten Zutaten bis hin  zur Wassereinsparung und Abfallbewirtschaftung. Wer etwa Salat aus Wildkräutern, Beeren und einer Vinaigrette aus fermentierten Bohnen und Körnern bestellt, schmeckt den Hiç-Olivenwald, das größte Bioanbaugebiet der Region, mit. „Wir sind ein zirkulärer, nachhaltiger Betrieb. Der Naturpark will die lokale Flora und Fauna vor der ständig wachsenden Urbanisierung schützen“, sagt Chef Ekin Can Kün vom  Hiç Lokanta.

Grüner Stern: Im trendigen Hiç Lokanta in Izmir kommen frische Produkte aus dem eigenen Olivenwald auf den Teller

©Hic Lokanta

Im Landesinneren punktet das Vino Locale mit seiner schönen Lage und ausgeklügelten Menüs. Umgeben von alten Olivenbäumen, Artischockenbäumen und Weinbergen liegt das Sterne-Restaurant nicht nur in einer malerischen Gegend, sondern bleibt auch durch seinen sympathischen Küchenchef Ozan Kumbasar in Erinnerung. Auch er erzählt seinen Gästen gerne bei einem Glas Wein aus den hauseigenen Weingärten, von seiner Zero-Waste-Philosophie.

Im Vino Locale in Izmir sorgt Seray Kumbasar für Interior und Wein, Küchenchef Ozan kocht auf offenem Feuer

©Vino Locale

„Wir spiegeln den Wandel der Natur auf unserer Menükarte und servieren alles vom Land bis zum Meer“, so Kumbasar, nebenberuflich auch Dozent an der Wirtschaftsuniversität Izmir. Seine Frau Seray stellt Gästen die passende Weinkarte etwa zu Zackenbarsch mit würziger Chili-Tomatensauce, zusammen. Eine Inspiration, die das Gastronomenpaar von Reisen nach Thailand mitbrachte. Von Michelin bekam Ozan einen grünen Stern, seine Frau Seray  wurde sogar als beste Sommelière der Türkei ausgezeichnet. Auch der gut bestückte After-Dinner-Barwagen ist ein Fixpunkt nach jedem Abendessen. 

Im Vino Locale in Izmir sorgt Seray Kumbasar für Interior und Wein, Küchenchef Ozan kocht auf offenem Feuer 

©Burcin esin

Wer im Vino Locale keinen Platz mehr bekommt, kann sich in der Nähe von der Kochkunst des schicken Glashaus-Restaurants OD Urla verwöhnen lassen. Chefkoch Osman Sezener bekam zusätzlich je einen Stern für seine beiden Restaurants OD Urla in Izmir und Kitchen in Bodrum. Er bezieht seine Produkte aus einem Umkreis von  maximal zehn Kilometern. „Wir bauen Obst, Gemüse und alles was geht in unseren eigenen Gärten an, ernten Oliven für unser Olivenöl, züchten unsere eigenen Tiere auf unserem Bauernhof. Wir haben uns zu Zero-Waste verpflichtet, und das tun wir auch,“ sagt der  Küchenchef. Sezener inspiriert mit seiner Philosophie viele lokale  Landwirte, nachhaltig zu wirtschaften, oder auch am offenen Feuer zu kochen – eine seiner Spezialitäten. Die er auch im Kitchen, seinem zweitem Restaurant in Bodrum anbietet. Dort gibt es etwa über heißen Holzkohlen gegrillten Oktopus, verfeinert mit einer Salsa Verde aus Gartenkräutern.

Duygu Özerson Elakdar in Izmir gibt Kochkurse in ihrem Bio-Betrieb und serviert auch Geschirr von Hic Ceramics 

©Welley Florentina

Kochen und Kunst ist eine Leidenschaft, die Duygu Özerson Elakdar in Izmir in ihrem Bio-Betrieb verbindet. Im Hic Ceramics in Urla kann man zusehen, wie Olivenöl gemacht wird, einen Wildkräuter-Kochkurs besuchen und die herrlichen Salate und Mezze auch gleich verkosten.

Duygu Özerson Elakdar in Izmir gibt Kochkurse in ihrem Bio-Betrieb und serviert auch Geschirr von Hic Ceramics 

©Welley Florentina

Als Draufgabe macht die Chefin gerne eine Führung durch ihr Designstudio. Denn die schönen Teller auf denen die Speisen serviert werden, stellt sie aus Steingut selbst her.   

Geheimtipp in Istanbul 

Wer nach einem typisch türkischen Frühstück im Güllüoğlu Baklavacısı in Istanbul, und einem Stadtbummel rund um den Galatatower Lust auf einen gepflegten Lunch hat, sollte ins nahe Restaurant Mükellef spazieren.

Chef Osman Serdaro kocht im Teruar in Urla auf   

©Teruar Urla

Von der Dachterrasse hat man einen herrlichen Blick über Istanbul zum asiatischen Teil, wo ein weiteres, mit einem Grünen Michelin-Stern ausgezeichnetes Lokal liegt. Das Circle by Vertical gilt als Geheimtipp. „Unsere Kompostierungsmaschine wandelt Lebensmittelabfälle innerhalb von 24 Stunden in Kompost oder Tierfutter um. Altöl verwandeln wir in Flüssigseife und verwerten übrig gebliebene Zutaten in Küche und Bar,“ so Küchenchef İbrahim Tunç. Er  setzt neben Kreislaufwirtschaft auch auf Vertical Farming. Bleibt nur noch Afiyet olsun, guten Appetit, zu wünschen.

Florentina Welley

Über Florentina Welley

Mag. Florentina Welley schreibt seit 2006 als Lifestyle-Autorin über ihre Lieblingsthemen: Mode, Reise, Design und Kunst. Darüber hinaus konzipiert sie Shootings, kuratiert auch Kunst- und Designevents. Auch Film-Erfahrung hat sie, etwa als Co-Produzentin für den Spielfilm „Die toten Fische“, darüber hinaus ist sie in Werbung und Medien bekannt für Konzepte, Textierungen jeden Genres und Modeproduktionen samt Styling, Regieassistenz, Ausstattung und Kostümbild.

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