Verkanntes Naturparadies Slowenien: Zwischen Bären und Küstenzauber
Flächenmäßig nur wenig größer als Niederösterreich, besitzt Slowenien spektakuläre Landschaften. Das zeigt ein neuer Bildband.
Warum in die Ferne schweifen, wenn das Abenteuer oder spektakuläre Landschaften ohnehin gleich um die Ecke warten? Christine Sonvilla und Marc Graf, die als Naturfotografen und -filmer die Welt bereist haben, wissen: Manchmal liegt das Paradies näher, als man denkt.
Graf hat sich auf die Lauer gelegt, um Tiger und Leoparden zu beobachten. Mit seiner Partnerin ist er durch die Everglades gestapft, wo sie eine aufgerichtete Wassermokassinotter oder ein Krokodil mit aufgerissenem Maul ablichteten.
Doch bei einem längeren Aufenthalt im weiten, doch recht leeren und staubigen Australien packte Graf die Sehnsucht "nach den Alpen, nach üppigen Blumenwiesen, glasklaren Gebirgsbächen und echten Säugetieren".
Und sie entdeckten Slowenien
Auf der Suche nach diesem idealen Ort entdeckten sie vor zehn Jahren ihre Leidenschaft für Slowenien. Slowenien – dieses kleine Land inmitten Europas.
Es hat zwar im Süden – für Naturfotografen wie sie besonders interessant – eine der dichtesten Braunbärenpopulationen der Welt. Doch wird Österreichs kleiner Nachbar gerne übersehen. Für viele ist er lediglich eine Durchgangsstation auf einer überfüllten Autobahn auf dem Weg nach Triest oder Kroatien. Manchmal ist ein Besuch in Piran oder der Hauptstadt Ljubljana drin.
Ein Fehler, offenbar. "Alles, wovon ich damals in Australien geträumt habe, die Alpen, die glasklaren Flüsse, Bären, unendliche Wälder und all das in unmittelbarer Nähe zueinander, genau das ist Slowenien. So klein und doch so groß", berichtet Graf. Die Bären und ihr Lebensraum waren erst der Anfang.
Die beiden Fotografen entdeckten die Welt im Miniaturformat: Im Norden erinnern die Julischen Alpen an die Rocky Mountains, die smaragdgrüne Soča an die Karibik. In den geheimnisvollen Karsthöhlen blitzt ein Hauch Südostasien auf, während die grünen Schluchten mit Wasserfällen fast tropisch wirken – wie Costa Rica. Und dann gibt es noch den Cerknica-See, der mal da ist und mal nicht. Wenn er austrocknet, fühlt man sich wie in den Badlands von South Dakota.
Das Klima Sloweniens: Alpin, kontinental, mediterran
Natur in Hülle und Fülle. Und das, obwohl zwischen den 3.000 Meter hohen Gipfeln der Julischen Alpen und der Meeresküste 115 Kilometer Luftlinie liegen. Möglich macht das die Topografie – und das Aufeinandertreffen unterschiedlicher klimatischer Einflüsse: von alpin über kontinental bis hin zu mediterran.
Sonvilla und Graf, deren Fotos schon im National Geographic, dem BBC Wildlife Mag oder dem Geo erschienen sind, haben sich mit dem Naturfotografen Michael Lechner zusammengetan, der behauptet: "Ein Jahr ohne Trip nach Slowenien ist ein verlorenes Jahr."
Gemeinsam haben sie den 260 Seiten umfassenden Bildband "Naturparadies Slowenien: Naturjuwel zwischen Küste und Karst" veröffentlicht.
Und das mit dem Naturjuwel ist nicht einfach so eine Plattitüde: Auf der breiten Palette an Landschaften fühlt sich eine ganze Menge an Lebewesen und Pflanzen wohl. Slowenien zählt zu den EU-Staaten mit der größten Artenvielfalt. Jede fünfzigste weltweit bekannte Tier- und Pflanzenart des Festlands hat hier ihr Zuhause.
37 Prozent der Landesfläche stehen unter Naturschutz
Das soll offenbar auch so bleiben. 37 Prozent der Landesfläche stehen unter Naturschutz. Das ist mehr als doppelt so viel wie in Deutschland und auch deutlich mehr als in Österreich.
Auch die Bevölkerung dürfte der Natur einiges an Raum zugestehen: "Was uns bis heute immer wieder aufs Neue positiv erstaunt: Die Slowenen legen einen erfrischend entspannten Umgang mit der Natur und ihren Wildtieren an den Tag. Nicht alles ist sofort ein Aufreger, man toleriert mehr, lässt den Wildtieren auch ihren Raum, selbst den größten Beutegreifern unseres Kontinents", schreibt Sonvilla im Buch.
Die begehrte Beute bei Menschen in Konditoreien rund um den Bleder See sind die berühmten Cremeschnitten: fluffig, süß, kalorienreich. Diese Tortenstücke aus Blätterteigunterlage, dicker Vanillecreme, Schlagobers und einem mit Staubzucker bestäubten Deckblatt aus Blätterteig. Doch der bekannteste See Sloweniens hat nicht nur die Süßigkeit zu bieten, sondern auch die Kircheninsel.
Kircheninsel im Bleder See
Mit ihrer charakteristischen Silhouette und der malerischen Wallfahrtskirche Maria Himmelfahrt auf der Spitze ist sie ein beliebtes Motiv für Fotografen. Vor allem, wenn Nebelschwaden im Herbst und Winter alles in ein mystisches Licht tauchen.
Noch mehr Charme? Bitte sehr: Das Küstenstädtchen Piran, eine Perle der Adria mit venezianischem Erbe. Die Altstadt mit ihren engen Gassen und dem charakteristischen Turm ist ein Muss, aber der Blick von der alten Stadtmauer toppt alles: Adria, soweit das Auge reicht.
Wie an Land beeindruckt Slowenien auch im Wasser: Zwar gehört nur ein winziger Abschnitt der Adria – gerade mal 47 Kilometer Küstenlinie – zum Staatsgebiet, doch die Artenvielfalt ist erstaunlich: Hier tummeln sich Seepferdchen, Lippfische und es gibt sogar Korallen.
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