Russische Rampensau: Ein Besuch in Kopenhagen

Ein Markenzeichen Kopenhagens ist das Nebeneinander von historischer und moderner Architektur.

„Wollen Sie lieber das Zimmer gereinigt haben oder ein Fahrrad für einen Tag?“

Die Frage des Rezeptionisten im Hotel mutet zunächst etwas ungewöhnlich an. Aber warum nicht das Zimmerservice gegen ein Rad eintauschen? In Kopenhagen ist bekanntermaßen ohnehin das Bike Verkehrsmittel Nummer eins. Dass das Radeln in Dänemarks Hauptstadt so populär ist, darf nicht verwundern: Kopenhagens Straßenzüge sind so breit, dass fast jede Straße von zwei großzügig bemessenen Radfahrstreifen flankiert ist, auf denen man komfortabel dahinrollen – und sich über die Abwesenheit von Kampfradlern freuen – kann.

©Wolfram Kautzky

Wer es bequem mag, kann natürlich mit der Metro durch die Stadt sausen. Wobei einem erst bei näherer Betrachtung auffällt: Da sitzt gar kein Fahrer drin! Tatsächlich verkehren die U-Bahn-Garnituren vollautomatisch, noch dazu im Zwei-Minuten-Takt. Gedränge auf den Metro-Bahnsteigen ist den Kopenhagenern daher fremd.

Freigeister und Hausbesetzer

Freigeistern sei das Stadtviertel Christianshavn empfohlen. Dort haben vor einundfünfzig Jahren Hausbesetzer ein nicht mehr benütztes Militärgelände übernommen und die anarchistische, kreative, alternative Freistadt Christiania ausgerufen. Mittlerweile vom dänischen Staat als autonome Kommune geduldet, ist das autofreie Christiania, das heute rund tausend Menschen beherbergt, eine von Kopenhagens größten Besucherattraktionen geworden. In der Pusherstreet wird ungeniert Cannabis verkauft und konsumiert, für dessen Besitz man freilich laut dänischem Gesetz außerhalb Christianias bestraft werden kann. Sicherheitshalber ist am Ausgang des Geländes daher ein Schild mit der Aufschrift „You are now entering the EU“ angebracht – eine Warnung der besonderen Art.

Der Zar und der Turm

Ein Markenzeichen Kopenhagens ist das Nebeneinander von historischer und moderner Architektur: Mit Rokokobauten wie dem Schloss Amalienborg, dem Wohnsitz der dänischen Königsfamilie, kontrastieren futuristische Gebäude wie das gegenüberliegende Opernhaus. Einen Überblick über die Altstadt verschafft man sich am besten von der Spitze des Runden Turms (Rundetaarn). Hinauf gelangt man nicht über Stiegen, sondern über eine breite, zweihundert Meter lange Rampe. Der russische Zar Peter I. soll hier einst mit einer Kutsche hinaufgeprescht sein, um einer jungen Kopenhagenerin zu imponieren – eine richtige Rampensau also.

Was Dänemarks Hauptstadt, die in jedem Ranking zu den lebenswertesten und sichersten Städten der Welt zählt, auch sympathisch macht, sind ihre Bewohner. So viel Freundlichkeit und Gelassenheit findet man anderswo nicht so leicht. Das mittlerweile oft strapazierte Zauberwort für das Lebensgefühl der Dänen heißt „Hygge“ und bedeutet so viel wie „Wohlbefinden“. Selbiges wirkt übrigens ansteckend.

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