Routen für Genießer: Von Steyr aus um den Nationalpark Kalkalpen

Eine Reise von Steyr aus um den Nationalpark Kalkalpen auf den Spuren alter Industrie- und Kulturgeschichte – bis hin zu unberührter Natur und dem Leben im Einklang mit ihr.

Die Gegend um Steyr ist über allen Begriff schön. So urteilte anno 1819 der Komponist Franz Schubert, als er zum ersten Mal in der Industriestadt Station machte. Auch ein anderer großer Komponist sagte über Steyr, „wo ich alljährlich so gerne verweile“. Das war Anton Bruckner, der regelmäßig nach Steyr kam, um Ruhe und Erholung zu finden und an seinen Werken zu arbeiten. Oder im Gasthaus „Schwechaterhof“  einzukehren. Steyr war im Mittelalter aufgeblüht. Mitte des 15. Jh. war man neben Wien die vornehmste und wohlhabendste Stadt Österreichs. Zum einen wurde das Eisen über die Enns mittels Flößen angeliefert und zum anderen gehörte Steyr zu jenen Städten, die mit Venedig Handel trieben, und die Eisenwaren „made in Steyr“ waren in Venedig gefragt. 1830 begann Leopold Werndl in Letten bei Steyr damit, Gewehrbestandteile und Bajonette herzustellen. Seine Söhne übersiedelten mit der Fabrik nach Steyr, aus ihr entstand die Österreichische Waffenfabriks-Gesellschaft.

Das Hämmern der Maschinen ist längst verstummt. Wir spazieren am sogenannten Wehrgraben entlang, wo einst Säbel und Gewehre geschmiedet wurden. Heute plätschert das Gewässer friedlich und das Museum Arbeitswelt, in einer der ehemaligen Fabriken, ist der passende Ort für regelmäßig wechselnde Ausstellungen. Unser Stadtführer ist Wolfgang Hack, seine Vorfahren betrieben hier eine Fabrik für Besteck. Die Lage am  Zusammenfluss von Steyr und Enns sorgt für eine faszinierende Kulisse,  brachte aber auch Gefahr. Eine Messsäule für Hochwasserstände zeigt, mit welchen Herausforderungen die Menschen hier stets zu kämpfen hatten. Wir folgen der Enns Richtung Süden. Und können die Worte von Franz Schubert nur bestätigen. Mittlerweile ist südlich von Steyr der Nationalpark Kalkalpen eingerichtet – 2022 feierte man den 25. Geburtstag. In Ternberg treffen wir wieder auf das Thema Eisen und dessen Verarbeitung. Im Tal der Feitelmacher erlebt man in einem Museumsdorf die Herstellung der berühmten „Feitel“ – von der Manufaktur Löschenkohl über die Schleiferei am König bis zur Drechslerei am Erlach. Einst waren hier 17 Hämmer am Werk. Heute werden noch rund 20.000 Feitel im Jahr zu Schauzwecken hergestellt. Wer mag, kann sich seinen eigenen Feitel selber machen.

Von der Burg Losenstein sind heute nur mehr Ruinen übrig, ein Besuch lohnt aber allemal – schon allein wegen der tollen Aussicht aufs Ennstal. Losenstein wurde um 1150 errichtet, der letzte Losensteiner starb 1692 und bis 1894 diente die Burganlage als Steinbruch für die Anwohner. Wir folgen der Eisenstraße weiter und machen zwischen Reichraming und Großraming Halt beim Besucherzentrum Ennstal des Nationalparks Kalkalpen. Hier kann man sich über alles rund um den Nationalpark informieren, der das größte Waldschutzgebiet Österreichs umfasst. Die Buchenwälder des Nationalparks hat die UNESCO als Weltnaturerbe anerkannt. In den Besucherzentren kann man auch gleich geführte Touren zu verschiedenen Themen im Nationalpark buchen. 

Die Route

©Grafik

Auf den Straßen der Region waren schon die Oldtimer der legendären Ennstal-Classic unterwegs oder die Rallyeautos während der Phyrn-Eisenwurzen-Rallye. Wir sind natürlich entspannt unterwegs und genießen die Natur rund um uns. Auch wenn man beim Begriff Kalkalpen vielleicht an erodierte und kahle Felsen denkt, so weit das Auge reicht, so ist es vielmehr ein Meer aus Wald, das man rund um sich hat. Wir fahren über den wunderschönen Hengstpass, wo neben der Straße friedlich die Kühe weiden, nach Rosenau und weiter nach Windischgarsten. Wir folgen jetzt der Steyr Richtung Norden und machen Halt bei der auf einer Anhöhe gelegenen Wallfahrtskirche Frauenstein. Am Friedhof hinter der Kirche befindet sich übrigens das Grab des berühmten Quizmasters Hans-Joachim Kulenkampff. 

Urwildpferde im Cumberland Wildpark. 

©Andrusio Michael

Wir sind mittlerweile in der Gegend von Molln. Hier gibt es das einzige Wilderermuseum Österreichs, das nicht nur die Geschichte der Wilderei erzählt, sondern sich auch dem so genannten Mollner Wildererdrama widmet. Waffen sind auch das Hauptgebiet der Familie Schmidberger in Molln. Die Ursprünge der Waffenschmiede gehen zurück bis ins 14. Jht. Seit den 1980ern arbeitet man hier als Kunstschmiede. Es wird regelmäßig der alte Schmiedeofen angeworfen und Blankwaffen, Harnische oder Eisentruhen werden angefertigt. Oder alte Waffen fachmännisch restauriert. Zu den Kunden zählen Theater und Museen, aber auch die Schweizer Garde im Vatikan bestellt mittlerweile in Molln Waffen und Harnische. 

Der Name Schlierbach ist natürlich Kennern von Käse ein Begriff. Doch bevor wir uns dem Käse widmen, besichtigen wir das großartige Zisterzienserkloster. Schon allein wegen der Ausgestaltung der Bibliothek sollte man sich einen Rundgang nicht entgehen lassen. Seit 1620 sind die Zisterzienser hier und seit 1924 stellt man in einer eigenen Käserei Käse her. Der Klassiker schlechthin ist der Schlierbacher Bio-Schlosskäse. Heute werden die diversen Sorten nicht nur aus Kuhmilch, sondern auch aus  Ziegen- und Schafmilch gemacht. Die kann man in einem Panoramacafé mit toller Aussicht auf die Landschaft gleich verköstigen. Aber auch eine Glasmalerwerkstätte ist hier im Stift untergebracht. 

Die Ruine von Losenstein erhebt sich über der Enns

©Andrusio Michael

Die Kuhmilch für den Schlierbacher Schlosskäse kommt von Kühen aus dem oberösterreichischen Alpenvorland. Wer sehen will, wie die Kühe umsorgt werden, kann den Bergbauernladen in Scharnstein besuchen. Ein echter Bauernhof mit angeschlossenem Shop, wo die hier hergestellte A2-Milch – eine unveränderte natürliche Vollmilch, die von ausgewählten Fleckviehkühen geliefert wird – und die entsprechenden Produkte wie Käse oder Joghurt verkauft werden. 

In Scharnstein im Almtal wurde 1983 eine Firma gegründet, bei der es im Grunde auch darum geht, im Einklang mit der Natur zu produzieren und zu verkaufen, die Firma Grüne Erde.  Die Grüne Erde Welt in Pettenbach ist auch architektonisch einen Abstecher wert (selbst wenn man nichts kaufen will). Zur Kühlung der Räumlichkeiten gibt es 13 Lichthöfe. Begonnen hat alles mit einer handgefertigten Natur-Matratze, und heute bietet man 6.640 Produkte rund ums Thema gesundes und natürliches Wohnen, Schlafen und Leben an. 

Mit einem Abstecher ins wunderschöne Almtal lassen wir unsere Tour rund um den Nationalpark Kalkalpen ausklingen. Auf dem Weg zum Endpunkt des Almtals, dem Almsee, lohnt ein Stopp beim Cumberland Wildpark Grünau. Der Park wurde von der Herzog von Cumberland Stiftung ins Leben gerufen (daher der Name). Allein die Wanderung in der ursprünglichen Natur mit dem Toten Gebirge als Kulisse sorgt für perfekte Entspannung – unabhängig davon, wie das Wetter gerade ist. Und dazu hat man die faszinierende Tierwelt als weiteres Highlight. Rund 500 Tiere haben hier ihr Zuhause – darunter Braunbären, Wölfe, Luchse oder Steinadler. In den Gewässern des Wildparks werden übrigens auch Bachforellen aufgezüchtet und dann in der Alm ausgesetzt. 

Das hätte Franz Schubert wohl auch gut gefallen.

Leben entlang der Route

Für den Aufenthalt in Steyr empfiehlt sich das Stadthotel Styria. Die Lage ist ideal, zumal das Hotel direkt am Stadtplatz liegt. Damit kann man gleich vom Hoteleingang zu Rundgängen in der Altstadt von Steyr aufbrechen. Das Gebäude selbst kann als historisch gelten und ist überhaupt eines der ältesten in Steyr, die Ausstattung ist aber modern – inklusive Wellnessbereich. Parken kann man entweder auf den Parkplätzen am Ennskai oder in einem Parkhaus auf der anderen Seite der Enns (Verbindung über eine Fußgängerbrücke).
Stadthotel Styria 
Stadtplatz 40–42
4400 Steyr
stadthotel-steyr.at

Auf eine lange Geschichte blickt auch das Haus zurück, in dem heute das Hotel-Restaurant Minichmayr untergebracht ist. Hier kann man nicht nur sehr gut essen, sondern hat dabei auch noch die tolle Aussicht auf die Kulisse von Steyr und den Zusammenfluss von Steyr und Enns. Wenn man mag und das Wetter es zulässt, kann man die ausgezeichnete Küche, die Aussicht und den Sonnenuntergang vom Gastgarten des Restaurants aus genießen.
Hotel & Restaurant Minichmayr
Haratzmüllerstraße 1–3
4400 Steyr
hotel-minichmayr.at

Ein ungewöhnliches Hotel mit Zimmern und Suiten, die urig und luxuriös zugleich sind, entdeckt man in der Gegend von Molln. Im Leben4.jetzt übernachtet man z. B. in einem Troadkasten. Unter einem Troadkasten versteht man einen Getreidespeicher, der meist in massiver Blockbauweise errichtet wurde. Der, in dem man im Leben4.jetzt übernachtet, ist 300 Jahre alt, was man ihm aber nur von außen ansieht. Innen ist der Troadkasten mit allen Annehmlichkeiten ausgerüstet: mit Fußbodenheizung, Küche  und sogar Sauna (mit Holzbefeuerung oder elektrisch). Geschlafen wird im ersten Stock (den man über eine  ziemlich steile Treppe erreicht, man hat aber Seile zum Anhalten), dort gibt es einen großen TV-Schirm samt Internetanbindung, eine frei stehende Badewanne und die Gäste können auch im Whirlpool relaxen. Der Hausherr Gerhard Bernegger richtet die Zimmer detailverliebt mit den passenden Gegenständen ein und kein Zimmer ist hier wie das andere. Alternativ zum Troadkasten gibt es auch eine romantische Hütte, eine Altholz-Suite, eine Birken-Suite oder eine Honeymoon-Suite. Wenn man Hunger bekommt (und nicht in der eigenen Küche kochen will), kann man im dazugehörigen Mostheurigen speisen. Die Küche ist regional und bodenständig – so wie man es von einem Mostheurigen erwartet. Wenn man mit dem Elektroauto unterwegs ist, kann man übrigens vor dem Hotel laden.
Leben4.jetzt
Ramsau 29/30
4591 Molln
leben4.jetzt

Ist man einmal in Grünau  im Almtal angekommen, kann man im Almtalhof absteigen. Das Hotel hat eine über 100-jährige Tradition und ist familiär geführt. Mit seiner in die Region passenden Architektur verspricht das 4-Sterne-Haus schon von außen einen gemütlichen Aufenthalt. Auch die Zimmer sind entsprechend gemütlich gestaltet, samt Himmelbett, und für das Interieur des Hotels hat man über Jahrzehnte die dazu passenden Schmuckstücke zusammengetragen. Das Hotel eignet sich als idealer Ausgangspunkt für Ausflüge ins schöne Almtal und nach der Tour kann man im hoteleigenen Spa entspannen. Auch ein Restaurant, wo man mit regionalen und saisonalen Zutaten kocht, ist angeschlossen. Und wer mag, kann sich übrigens ein Almtal Picknick-Körberl zusammenstellen lassen.
Almtalhof
Almeggstraße 1
4645 Grünau im Almtal
almtalhof.at

Eine Adresse, an der man Top-Gastronomie findet, ist das Restaurant Das Geyerhammer in Scharnstein. In einem Gebäude, wo einst die Almtaler Sensenschmiede ihre Kantine hatten, gibt es seit 2022 Fine Dining. Geführt wird das nobel und modern eingerichtete Lokal von den Gastroprofis Robert Hochbrugger und Jan Plakolm. Die Küche ist modern, die Kombinationen interessant. Jedenfalls isst man hervorragend in Scharnstein. Empfohlen wird vor einem Besuch eine Tischreservierung.
Das Geyerhammer
Grubbachstraße 13
4644 Scharnstein
das-geyerhammer.at

Nach einem Besuch des Stifts Schlierbach kann man sich im dazugehörenden Panorama Café niederlassen. Sei es um die hier hergestellten Käse-Variationen zu probieren oder sich Kaffee und Kuchen schmecken zu lassen. Nach einer Führung gibt es hier eine Käseverkostung.  Auf jeden Fall kann man von der Terrasse aus den Blick über das obere Kremstal genießen.
Panorama Café
Stift Schlierbach
Klosterstraße 1
4553 Schlierbach
stift-schlierbach.at/cafe-panorama

Michael Andrusio

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