Reisetipp Schottland: Ein stürmische Schiffstour mit Dudelsackklängen
Welch eine Überraschung: Eine Schottland-Kreuzfahrt ist eine nasse Angelegenheit. Doch wen kümmert es. Das Land glänzt feucht in tausend Farben Grün, der Regen klimpert heiter und die Burgruinen hocken malerisch auf den Hügeln.
Es regnet. Kleine Tropfen klickern auf die Steine, große platschen in Pfützen. Nebelwolken ziehen über weite, saftig grüne Hügel oder stürzen wie Monsterwellen die Felsen herunter. Schottland ist getränkt – nicht in Whisky, sondern in Wasser. Ein Fluch – und gleichzeitig ein Segen. Alles ist satt grün. Auf den Farnen glitzern Regentropfen, die Rhododendren blühen in allen Farben des Tuschekastens. Gänseblümchen lugen keck aus dem dichten Gras und Palmen setzen exotische Akzente. Ein Land wie gemalt mit wilden Landschaften, zerklüfteten Bergen, die hier Munros heißen, dunkel schimmernden Seen, die hier Lochs heißen, und geheimnisvollen Hochmooren, die Boglach Arcaichte genannt werden. Die gälische Sprache, das merkt man schnell, ist in den schottischen Highlands noch sehr präsent.
Inmitten der landschaftlichen Schönheit, so meinen zumindest Fans der Film-Epen Highlander, Outlander und Rob Roy, sieht man kräftige Männer in Karo-Kilts mit wehenden Haaren und Breitschwertern in der Hand über die Hügel galoppieren. Sie ziehen in den Kampf, um ihre hübschen, rothaarigen Frauen und weitverzweigten Familien gegen verfeindete Nachbar-Clans zu verteidigen. Wer sich gerne solch wild-romantischen Gedanken hingibt, sollte eine Reise durch Schottland unbedingt ins Auge fassen – am besten nicht in einem hektisch-rumpelnden Untersatz wie Auto oder Bus, sondern auf einem Schiff. Die Lord of the Glens macht es möglich.
Das schicke Gefährt im Stil einer komfortablen Yacht für maximal 54 Gäste kreuzt im Westen Schottlands durch Fjorde, umrundet Landspitzen, besucht verwunschene Inseln und tuckert dann durch den Kaledonischen Kanal bis zur Hauptstadt der Highlands, Inverness. Gestartet wird in Glasgow, dann geht es – mit dem Bus – durch das „Tal der Tränen“ Glen Coe nach Kyle of Lochalsh gegenüber der Hebrideninsel Skye, wo die Lord of the Glens vor Anker liegt.
Wer bei dieser Bootstour durch Schottland vor allem die Durchquerung des Kaledonischen Kanals im Kopf hatte und stets ruhige Fahrt erwartete, wird bald eines Besseren belehrt. Das tapfere kleine Schiff mit einer Länge von 46 Metern und einer Breite von gut 10 Metern ächzt und schlingert bei aufkommenden Wellen, sobald es sich Richtung offene See bewegt. Doch Kapitän und Crew sind flexibel und bastelt flugs an einer neuen Route, die nicht minder schön ist und hauptsächlich durch ruhige Fjorde und Lochs führt.
Filmreife Burg
Zunächst gilt es aber, den Passagieren ein wenig festen Boden unter den Füßen zu verschaffen und zwar auf Eilean Donan Castle. Diese Burg kennt jeder, auch jene, die nie in Schottland waren. Sie ist ein Requisit der Filmgeschichte und durfte schon in Klassikern wie Highlander, Rob Roy und auch in „James Bond 007: Die Welt ist nicht genug“ auftreten.
Gäbe es dieses Gemäuer nicht schon, müsste man es erfinden. Mit seinen Türmen, Wendeltreppen, Wehrgängen und der steinernen Brücke, die auf die Burginsel führt, bietet es die ideale Filmkulisse. Der heilige Donnán von Eigg, ein keltischer Märtyrer, wohnte hier übrigens im 6. Jahrhundert am Loch Duich und gab der später dort errichteten Burg ihren Namen: Eilean Donan Castle – die Burg auf Donans Insel.
Der abgelegenste Pub
Die wetterbedingte Kursänderung der Lord of Glens beschert den Passagieren am nächsten Tag einen Geheimtipp. Es geht auf den Loch Nevis und dort zum Dörfchen Inverie auf der Halbinsel Knoydart. Hier wartet in der kompletten schottischen Abgeschiedenheit ein Superlativ. Inverie ist nur per Schiff oder per 29 Kilometer langem Fußmarsch über die Berge erreichbar. Eine Straßenanbindung gibt es nicht. Das verschafft dem einzigen Pub im Dorf namens The Old Forge – Die alte Schmiede – die Ehre, der abgelegenste Pub Großbritanniens zu sein. Offiziell bescheinigt vom Guinness Buch der Rekorde.
Weiter geht es tags darauf zur Insel Mull mit ihren malerischen Örtchen, den weißen Stränden und schroffen Bergen, um von dort aus die Isle of Iona zu gelangen. Diese Mini-Insel mit ihrem 563 gegründeten Kloster gilt als spirituelles Zentrum Schottlands und als Ausgangspunkt für die Christianisierung der schottischen Highlands. Am höchsten Punkt auf 101 Metern sprudelt die „Quelle der Ewigen Jugend“. Hier nehmen Pilger gerne ein paar Schlückchen und hoffen auf einen geistigen Neuanfang.
Achtstufige Schleuse
Danach geht es durch den Kaledonischen Kanal, der mitten durch die schottische Highlands führt. Auf der circa 100 Kilometer langen Strecke, die zu einem Drittel künstlich geschaffen wurde und zu zwei Dritteln aus natürlichen Seen besteht, werden 29 Schleusen überwunden. Die erste Prüfung für die Kapitäne wartet gleich beim Einstieg nahe Fort William. Hier müssen die Schiffe Neptune`s Staircase erklettern, eine achtstufige Schleusentreppe, in deren Kammern die Lord of the Glens in Millimeterarbeit hineinmanövriert werden muss. Zum Kanalausstieg bei Fort Augustus geht es über fünf Schleusenstufen wieder herab.
„Harry-Potter-Brücke“
Dazwischen liegt eine malerische Fahrt mit Highlights, die jedes Touristenherz höher schlagen lassen. Ganz vorne dabei der Besuch von Glenfinnan mit der „Harry-Potter-Brücke“.
Selbstverständlich zeitlich so abgepasst, dass man den dampfenden Jacobite Steam Train vorbeirattern sieht, der im Film als Hogwarts Express die Zauberschüler transportiert. Und dann natürlich Loch Ness. Hier wird man zwangsläufig Opfer der Legende. Denn, ganz ehrlich, kein einziger Besucher schafft es, dort NICHT nach einem Ungeheuer Ausschau zu halten.
Info
Anreise
Von Wien fliegen z.B. Lufthansa, Air France und British Airways jeweils mit Zwischenstopp nach Edinburgh, Ryanair fliegt direkt
Buchung
Die Lord of the Glens kann als einziges Schiff im offenen Gewässer und auch durch den Kaledonischen Kanals fahren. Angeboten von Lernidee Erlebnisreisen, 11 Tage zu festen Terminen ab 5.310 Euro. lernidee.de
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