Reisetipps für Bali: Mehr als nur Influencer-Hochburg
Saisonstart auf Bali: Ein verehrtes Pardies. Sie ist Influencer-Hashtag, Aussteiger-Hochburg – und alles dazwischen. Gut, dass immer mehr für die Insel getan wird.
Anreise
Direktflüge gibt es keine, es ist daher durchaus eine Überlegung wert, ein paar Tage Stop-Over einzulegen (z. B. in Taipeh, Eva Air). Neu: Neben dem Visum-on-arrival ist seit 14. 2. auch eine Tourismus-Abgabe in Höhe von umgerechnet circa 9 Euro zu bezahlen.
Von Nicola Afchar-Negad
Aus der Redaktion: Kurz vor Druck hat sich Balis Müllproblem zugespitzt. Der Westwind hat vermehrt Abfall an die Strände gespült. Bitte informieren Sie sich vor der Buchung über die Situation an Ihrem Reiseziel.
Alles ist still, keiner verlässt das Haus. Es wird nicht gekocht und die Musik bleibt aus. Die einzigen, die sich für 24 Stunden auf der indonesischen Insel Bali bewegen, sind die Affen im Sangeh-Wald, die Schildkröten im Meer vor Gili Trawangan – und sämtliche andere Tiere. Für sie ist Nyepi nichts Besonderes, für die Menschen aber schon. Der Tag der Stille, das balinesische Neujahr, fällt jedes Jahr auf einen anderen Tag, heuer war es der 11. März. Für exakt 24 Stunden pausiert das ansonsten turbulente Leben auf der 5.600 km² großen Insel. Das gilt für alle, auch Touristen. Die Balinesen glauben, dass die bösen Geister und Dämonen die Insel ein weiteres Jahr in Ruhe lassen, wenn sie sich zu Neujahr ganz ruhig verhalten.
Das Wohlwollen der Götter
Am Vortag das Kontrastprogramm. Die Ogoh-Ogoh-Paraden, im Rahmen derer teils riesige, für westliche Verhältnisse schaurige Puppen auf Bambusgestellen durch die Ortschaften getragen werden. Am Ende des Festivals werden sie verbrannt, sie stehen – man kann es sich zusammenreimen – für das Böse. Auf der hinduistisch geprägten Insel geht es eigentlich immer um den Wohlwollen der Götter. Es gibt zwei Kalender, einer davon ist nur für die Zeremonien. Das nimmt Ausmaße an, die man sich als Europäer beim besten Willen nicht vorstellen kann. Der Verkehr auf der dicht besiedelten Insel kommt gefühlt dauernd zum Erliegen, weil wieder irgendeine Prozession alles aufhält. Gehupt wird da nicht!
Der Tourguide erzählt einem derweil, dass er letztens die Zeremonie zum Dreimonatigen seines Babys verschieben musste, weil es auf denselben Tag fiel wie der allgemeine Feiertag der Haustiere. Kein Witz. Selbst das Drachensteigen-Lassen am Meer soll die Götter becircen. Und nichts davon hat mit aufgesetzter Folklore zu tun, nicht mal die Sarongs und Udungs, also die traditionellen Gewänder und Kopfbedeckungen. Man trägt das hier ganz selbstverständlich.
Vor den Häusern stehen geflügelte Löwen und Loro Blonyos, balinesische Statuen von Hochzeitspaaren. Sie sollen das Haus bewachen. An jedem Toreingang stolpert man fast über Opfergaben und Räucherstäbchen. Aber irgendetwas scheinen die Balinesen auch wirklich richtig zu machen, denn keine andere Insel hat so eine Anziehungskraft auf die Europäer – und aufgrund der geografischen Nähe auch auf die Australier.
Es gibt Inseln, die sind für ihre Landschaft bekannt. Andere für ihr Nachtleben und wieder manche auch für den einzigartigen Vibe. Und dann gibt es Bali, ein Ort, der irgendwie für alles steht.
Nehmen wir Ubud, die vielleicht bekannteste Kleinstadt der Insel, im Hochland von Zentralbali. Hierher kommen die Yogis und die Ruhe-Suchenden. Auf sie wartet eine High-End-Hotellerie, in der schon frühmorgens, wenn sich der Nebel noch durch den Dschungel kämpft, die erste Qi-Gong-Einheit wartet. Dazu die Frühstücksbowl und der frisch gepresste „Mangolicious“-Smoothie. Man merkt, in welche Richtung es in Ubud geht. Da darf auch ein „Kiss my Asana“-Schriftzug im Yoga-Raum nicht fehlen. Ubud ist angesagt (Tipp für Schnellentschlossene: Food Festival von 31.5. bis 2.6.2024), aber nicht mehr das alleinige Maß aller Dinge.
Fake fürs Fotoalbum
Canggu, an der südwestlichen Küste, hat sich empor-gentrifiziert. Concept Stores, hippe Lokale wie das „The Naked Coconut“ (frische Kokosnuss mit einem Schuss Rum und Limette!) und auch hier: das Beste, was die Hotellerie heutzutage zu bieten hat. Was man erwarten darf: Bilderbuch-Strände, gesäumt von farbenfrohen Sitzsäcken und den typischen Bali-Sonnenschirmen, Tedung genannt. Man verwendet sie auch – richtig geraten – bei Zeremonien. Was man nicht erwarten darf: den Strand für sich zu haben. Und genau das ist das „Aber“ der Insel: sie ist zu schön, um verlassen zu sein.
Wer Bali googelt oder das Hashtag eintippt, stolpert unausweichlich über Fotos von jungen Frauen in fließenden roten Gewändern, die über Reisfelder zu schaukeln scheinen. Und Menschen, die im Himmelstor posieren. Hinter ihnen: nur ein paar Wolken. Unter ihnen: ein Gewässer, in denen sie sich spiegeln. Nur: Es gibt im Pura Lempuyang Tempel zwar das Tor, aber kein Wasser davor. Was es stattdessen gibt: Spiegel-Tricks und eine Nummernausgabe schon früh morgens. Wer diese Inszenierung für sein Fotoalbum möchte, muss stundenlang warten, selbst wenn er eine der „Bali Instagram Touren“ gebucht hat. Aber immerhin: die roten Walle-Walle-Kleider muss keiner aus Europa mitbringen, findige Bauern vermieten sie in ihren Reisefeldern, damit das Selfie sitzt.
Abschreckende Beispiele, keine Frage. Die Insel der Götter scheint fast zur Insel der Götterdämmerung zu werden. Wer bei diesen Worten Bali gedanklich den Rücken zukehren möchte, sollte noch warten, denn das muss nicht sein. Es braucht nur ein paar Extra-Überlegungen, was einem wichtig ist. Und was nicht!
Eine Tour durch die Central Mountains beispielsweise, ja bitte. In Kuta feiern gehen, lieber nicht. Der Affenwald am Rande von Ubud ist gnadenlos überlaufen (merke: auch die Makaken-Affen sind heilig!), der in Sangeh bei weitem nicht ansatzweise so sehr. Das Paradies ist nicht immer ein Ort, es sind Momente. Und die kann man sich hier, gut 16 Flugstunden entfernt von Wien, fast überall schaffen.
Beispiel: die Gili-Inseln, konkret Gili Air, Meno und Trawangan. „Klares blaues Wasser, saubere weiße Strände, keine Autos, keine Motorroller, keine Verschmutzung. Man sieht sich auf den Gilis“. Dazu ein kleines Kind, das strahlend im Meer taucht. Eine Postkartenidylle aus dem Jahr 2010. Bis heute gibt es auf der größten der Insel, Gili Trawangan tatsächlich keine Autos, stattdessen leiht man sich Räder oder legt die paar Minuten Wegstrecke mit einer Cidomo zurück, einer Pferdekutsche. Über Gili T, wie man die Insel oft abkürzt, weht bis heute ein Hauch von: „Wir machen uns die Welt, wie sie uns gefällt.“
Auf zur Strand-Säuberung
Auch wenn die Zeiten vorbei sind, in denen es keinen beziehungsweise später nur einen Bankomaten gab. Und: keine Polizei. Dafür Magic Mushrooms und Freiluft-Kino mit gebrannten DVDs, unterbrochen von Stromausfällen. Das Ganze hat heute mehr System, aber nicht unbedingt mehr Ordnung, was man leider auch teils am Plastikmüll sieht.
Die Locals mit ihren „Grown here, not flown here“-T-Shirts kämpfen für das wieder befüllen von Plastikflaschen, bieten Sackerln aus Pflanzen-Fasern an und schließen sich zu Strand-Säuberungen zusammen. Was ihnen hoffentlich helfen könnte: die neue Tourismus-Steuer (pro Person circa 9 Euro), die diesen Februar in Kraft getreten ist. Zumindest theoretisch sollen anfangs 70 Prozent der Gelder in die Lösung der Müllproblematik fließen. Organisationen wie „Gili Eco Trust“ hätten sich Unterstützung verdient. Mit viel Engagement und noch mehr Humor (unter anderem führen sie ein „FlipFlop Adoption Center“) kämpfen sie dafür, dass ihr Gili T ein Sehnsuchtsort bleibt – und unter anderem Heimat von sieben verschiedenen Meeresschildkröten-Arten.
Und wem es trotz allem zu quirlig auf Bali ist, der macht es wie die Panzertiere: einfach weiterziehen. Sumba, eine Flugstunde von Bali entfernt, dürfte den Göttern auch gefallen. Und nicht nur denen.
Adressen und Tipps
Hotels
The Chillhouse, Canggu
Der Ort gilt derzeit als besonders hip, dieses Surf- und Yoga-Retreat unterstreicht das. @thechillhousecanggu
Raffles, Jimbaran
32 Villen mit jeweils eigenem Pool, direkt am Meer. In der Jimbaran Ecke. raffles.com/bali
Kalia Bingin, Uluwatu
Erwachsenen-Hotel, beliebt bei Surfern und Hochzeitsreisenden. In Uluwatu, Südspitze der Insel. kaliabali.com
Aktivitäten
River Rafting, Ayung River
Geht auch in der Trockenzeit, ideal z. B. während eines Aufenthalts in Ubud. balidewatarafting.com
Sangeh Affen-Wald
10 Hektar Fläche, circa 700 Makaken. Muskatbäume (sonst nirgends auf Bali) und Tempelanlagen. Circa eine halbe Stunde von Ubud entfernt.
Schnorcheln auf den Gili-Inseln
Zuerst mit den Schildkröten um die Wette tauchen, dann bei einer Strandsäuberung von „Gili Eco Trust“ mithelfen. giliecotrust.com
Shopping
Icon Bali Mall, Sanur
Gerade eröffnet. Inklusive „acht Wundern“, darunter ein immersiver vertikaler Garten. iconbalimall.com
Tao Collection, Ubud
Ubud ist perfekt für Interior-Shopping, z. B. Polsterhüllen und authentische Statuen. @taocollectionbali
Cove Concept Store, Canggu
„Insel-Essentials für jeden Tag“ im schicken Concept Store. coveislandessentials.com
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