Pariser Einkaufstempel wie neu: Das Gesamterlebnis Kaufhaus
Galeries Lafayette und Printemps wurden durch die Coronakrise zum Umdenken gezwungen – und haben umgedacht.
Aus Paris Simone Weiler
Im „siebenten Himmel“ sollen die Kunden wie glücklich Verliebte schweben. Und so wirkt die Abteilung des Kaufhauses Printemps abgehoben von den sechs Etagen darunter. Hier sieht es nicht nach Einkaufszentrum ohne natürlichem Licht und mit massenweise ausgestellter Ware aus – eher nach einem schicken Mode-Atelier mit viel Sonne, die durch Glasscheiben fällt, und hohen Metallstäben, die den Raum strukturieren. Auf niedrigen Tischen aus Holz liegen einzelne Accessoires, und überall im Raum verteilt hängen jeweils ein paar Mäntel und Blusen an schlichten Ständern. Bunte Puffs laden zum Hinsetzen ein.
Der Bereich „Siebenter Himmel“ im Kaufhaus Printemps, der Ende September eröffnet wurde, ist der Second-Hand-Ware und dem Upcycling gewidmet, also der Mode aus aussortierten Materialien, die zu neuen Produkten gestaltet wurden. Die 1.300 Quadratmeter im letzten Stock waren lange unzugänglich für den Publikumsverkehr. Jetzt führen sie auf eine Terrasse mit atemberaubendem Ausblick auf Frankreichs Hauptstadt.
Mehr lokales Publikum
Indem es neue Trends wie jenen zu einem nachhaltigeren Konsum aufgreift, versucht das 1865 gegründete Traditionskaufhaus mit seiner charakteristischen Jugendstil-Glaskuppel am Boulevard Haussmann in Paris, mehr jüngeres und lokales Publikum anzuziehen. Und vielleicht auch solches, das sich teure Luxusmarken nicht unbedingt leisten kann/will.
„Wir bemühen uns um ein vielfältigeres Angebot“, bestätigt die Generaldirektorin Laurence Nicolas. Deshalb gebe es neuerdings einen extra Bereich für Sportbekleidung und einen weiteren für Spiele. Die Zielgruppe ist klar: Nicht nur Touristen möchte man locken, sondern auch Menschen aus dem Ballungsraum Paris, die hier ihre Weihnachts- und Nachweihnachtseinkäufe erledigen, vom Schlussverkauf im Jänner und Juli profitieren und auch den Rest des Jahres keinen Bogen mehr um die Einkaufstempel machen sollen.
Die große Konkurrentin nebenan, die Galeries Lafayette, geht ähnliche Wege mit dem Bereich „Creative Galerie“, in der Nachwuchs-Design-Talente ihre Schöpfungen verkaufen, und „Instabrand“, wo über das soziale Netzwerk Instagram berühmt gewordene Marken ihren Platz finden. 60 Prozent der Verkaufsfläche seien innerhalb eines Jahres umgestaltet worden, sagte Direktor Alexandre Liot gegenüber Le Figaro. Kunden will man künftig ein „Gesamt-Erlebnis“ anbieten, indem sie nicht einfach nur einkaufen, sondern auch essen und trinken, eine Ausstellung oder einen Yoga-Kurs besuchen können. In der Adventszeit sammelten sich Dutzende Kinder mit ihren Eltern vor den Vitrinen, hinter denen aufwendig gestaltetes vorweihnachtliches Spektakel mit lebensgroßen Figuren, viel Glitzer und zahllosen Lichtern gezeigt wurde. Auch im Warenhaus Le Bon Marché setzt man schon länger verstärkt auf lokale Kundschaft, etwa mit dem Angebot von Schönheits- und Schminktipps oder Aktionen wie der Begegnung mit Modeschöpfern.
Spätestens die Coronavirus-Pandemie hat die Pariser Shopping-Institutionen zu einem Umdenken gezwungen. Sie litten nicht nur durch monatelange Schließungen während der Lockdowns, sondern auch durch den dramatischen Einbruch des Tourismus. Vor der Krise kamen die Hälfte der Gäste der Galeries Lafayette aus dem Ausland, sehr viele von ihnen aus China. Die Pulks an Asiaten, die sich früher hier am Boulevard Haussmann tummelten, und die Busse sind seit Langem verschwunden. Tourismus-Experten zufolge werden die Chinesen nicht vor 2023 in größerer Zahl wieder in die französische Hauptstadt reisen.
Für die Galeries Lafayette zieht das massive Verluste nach sich. Denn 2017 gab dort laut dem Pariser Tourismusamt jede Besucherin und jeder Besucher aus China im Schnitt 1.400 Euro aus, um sich mit Luxus-Artikeln einzudecken. Auf sie wurde mitunter lange hin gespart.
Stolze Preise
Um weniger von ausländischen Touristen abhängig zu sein, bietet man nicht mehr nur puren, strahlenden und preislich exklusiven Luxus an – das ist auch im Kaufhaus La Samaritaine zu beobachten, das ebenfalls eine Pariser Institution mit langer Tradition ist und erst im Juni nach jahrelangen Arbeiten wieder eröffnete. Es gehört dem Milliardär Bernard Arnault, dem reichsten Mann Frankreichs und Besitzer des Luxuskonzerns LVMH (Louis Vuitton Moët Hennessy).
Zwar strahlen die Gebäude luxuriösen Glanz aus und beherbergen etliche renommierte Marken von Gucci über Prada bis Saint Laurent. Aber im Erdgeschoss befinden sich auch Tische mit Souvenirs oder Geschenkideen für jedermann – mehr oder weniger. Denn für bedruckte Kissen oder feines Porzellan-Geschirr werden immer noch stolze Preise verlangt. Daran sind die Pariser freilich gewöhnt.
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