Paris leuchtet: Ein kleines Märchenland im Advent

Wie keine andere Stadt fasziniert die Metropole mit einem Potpourri aus Boutiquen und festlich herausgeputzten Kaufhäusern.

Info

Einwohner

2,2 Millionen (12,5 Millionen im Großraum Paris)

Touristen-Information

de.parisinfo.com

Anreise

Mit dem Nightjet ab Wien, 19.42 bis 9.35 Paris Gare de l’Est ab 59,90 €

Währung

Euro 

Von Brigitte Jurczyk

Im Basement strecken sich ein paar Dutzend Arme in die Höhe. In den Händen: Mobiltelefone. Es wird fotografiert, was das Zeug hält. Das Objekt der Begierde ist ein alter Bekannter, der da von einer riesigen Art-déco-Glaskuppel wie ein Star auf die Erde darniederschwebt: Der Weihnachtsmann – überlebensgroß, in seinem typisch rot-weißen Outfit, der zu einem Astronautenanzug mutiert ist.

Auch seine unvergleichliche Kopfbedeckung fehlt, dafür trägt er jetzt einen durchsichtigen Raumfahrerhelm und einen Rucksack voller Geschenke. Und der poppigbunt geschmückte Tannenbaum zu seiner Linken entpuppt sich als eine Rakete in Aktion. Voilà, wir sind im Kaufhaus Galeries Lafayette mitten in Paris. Es ist Vorweihnachtszeit und das Geschäft  brummt. Parfum, Luxustaschen, Schuhe gehen hier im Sekundentakt über den Verkaufstisch und an den fantasievoll geschmückten Schaufenstern draußen drücken sich nicht nur die Kinder die Nase platt.

Wer hat die kreativsten Dekoideen?

Gigantische Weihnachtsbäume und dekorierte Schaufenster in den Kaufhäusern haben eine lange Tradition in Paris. Seit Generationen ziehen sie kleine und große Besucher magisch an. Dabei liefern sich die Kaufhäuser Galeries Lafayette und Printemps, die in direkter Nachbarschaft am Boulevard Haussmann in der Nähe der Oper liegen, einen kreativen Wettbewerb um die aufregendsten Deko-Ideen. 

©Xinhua News Agency.All Rights Reserved / FOTOFINDER.COM/Xinhua/Gao Jing/FOTOFINDER.COM

In diesem Jahr ist ein weiteres Kaufhaus ins Rennen eingestiegen: La Samaritaine am Pont Neuf direkt an der Seine.

Das Leben schreibt die besten Drehbücher und sorgt für Überraschungen, mit denen man garantiert nicht rechnet: Als das altehrwürdige Warenhaus vor 16 Jahren seine Türen aus Feuerschutzgründen schließen musste, hätte niemand gedacht, dass das Gebäude Geheimnisse in sich bergen würde. Aus der geplanten Renovierung wurde eine Restaurierung: Denn als die Deckenabhängungen heruntergerissen wurden, kamen feinste Jugendstilfliesen zum Vorschein, die bei Modernisierungsmaßnahmen in den 1960er-, 1970er-Jahren verdeckt worden waren.  

©Javier Pina

Jetzt erstrahlt das prächtige Art-déco-Kaufhaus, das  Ernest Cognacq 1869 eröffnete, in weihnachtlichem Lichterglanz und präsentiert sich als Paradies für Shoppingqueens und -kings und alle, die ein stilvolles Geschenk fürs Fest suchen. Von Kosmetik bis Mode, Schmuck und Uhren – die Auswahl ist verwirrend groß. Irgendwann muss man sich zum Kauf entscheiden und nutzt dafür am besten eine Pause in einer der vielen Genussecken, die einen auf fast jeder Etage erwarten. 

Säulengänge mit  Charme

Nur fünf Gehminuten entfernt, vorbei am Louvre, der früheren Residenz der französischen Könige, taucht man in eine andere faszinierende Welt ein: Die Säulengänge des Palais Royal, das Anfang des 17. Jahrhunderts für Kardinal Richelieu gebaut wurde, versprühen einen leicht morbiden Charme. An der einen oder anderen Ecke blättert die Farbe von den Decken; noch hat niemand sie auf Hochglanz gebracht. Dafür wird hier fündig, wer zum Fest der Liebe etwas Besonderes, Ausgefallenes sucht:

Ein Kostüm von Jean Patou von 1969 zum Beispiel bei The Vintedge von Didier Ludot, einen extravaganten Duft von Serge Lutens, hochwertige Taschen von Delvaux, raffinierte Mode von Rick Owens, edle Lederhandschuhe aus dem schon 1924 gegründeten Haus Fabre. Dazu Vintagemode der Deutschen Gabriele Geppert oder Fotokunst in kleinen Galerien. Wer solche Schätze auf dem Gabentisch findet und nichts damit anzufangen weiß, ist selber schuld.  

©mauritius images / Julien Jean / Alamy/Julien Jean/Mauritius Images

Paris hat eine lange Tradition als Modehauptstadt und in den Kaufhäusern, kleinen Geschäften und Nobelboutiquen der Rue du Faubourg Saint-Honoré zeigt sie sich immer noch. Wer von den Eindrücken überwältigt wird, zieht sich in eines der vielen charmanten Cafés zurück, für die die Seine-Metropole ebenso berühmt ist. Zum Beispiel zum ausgiebigen Afternoon Tea ins Café Antonia im Hotel Bristol.

©Harald Jahn / picturedesk.com/Harald Jahn/picturedesk.com

Oder ins berühmte Le Nemours, direkt am Palais Royal. Hier an einem der schönsten Plätze von Paris, an der Place Colette, treffen wir die Buchautorin Murielle Rousseau: „Für mich ist Le Nemours eine Pariser Café Institution par excellence“, sagt die Deutsch-Französin, die in St. Germain-en-Laye bei Paris geboren und aufgewachsen ist und heute in Freiburg lebt. Sie hat gerade das Buch „Die Cafés von Paris“ (Insel Verlag, 14,40 Euro) veröffentlicht: Eine Ode an die kleinen und großen, historischen oder modernen, traditionellen oder ausgefallenen Lokalitäten, ohne die die Pariser nicht auszukommen scheinen. Selbst jetzt, Ende November, sitzen sie alle noch draußen, an den typischen Bistrostischen, die sich auch nach 100 Jahren nicht verändert zu haben scheinen.  

Geschenke, Geschenke, Geschenke

In der französischen Hauptstadt hat zum Glück das eine oder andere Charmante, Skurrile oder Originelle überlebt. Kleine Wunder, die gerade in der Vorweihnachtszeit das Herz erwärmen. Wie zum Beispiel der Eckladen E. Dehillerin. Da passt beim besten Willen höchstens die Kuppe des Mittelfingers hinein, oder – viel besser – eine süße Ganache von dunkler Schokolade: So klein sind die Praliné-Förmchen, die hier im Erdgeschoss auf dem Regal in verschiedenen Größen aufgereiht sind. Ein hübsches Präsent für die Freundin, deren Herz für süße Kreationen schlägt. Ein paar Stufen hinunter in den Keller stößt man dann auf das ideale Geschenk für Kannibalen: Einen Topf, in dem ein Kind oder ein kleiner Erwachsener ohne Probleme Platz fänden. „Mais non, Madame!“ („Aber nein!“), entrüstet sich der grauhaarige Verkäufer und lacht.

Dass Kunden, die das erste Mal das Geschäft mit den grün gefassten Schaufenstern in der Rue Coquillière betreten, große Augen machen – daran ist man hier zwar gewöhnt. Aber übertreiben muss man es nicht gleich. Der Spezialist für Kochutensilien ist seit mehr als hundert Jahren eine Institution in der Seine-Metropole. 1920 gegründet, um Profiköche zu beglücken, zieht er seit Generationen auch Hobbyenthusiasten am Herd an und solche, die diese beschenken wollen. 

Der Bauch von Paris

Ein paar Schritte weiter findet sich eine weitere Besonderheit: das Au Pied de Cochon. Ein typisches Pariser Restaurant, das seit den 1940er-Jahren rund um die Uhr an 365 Tagen im Jahr geöffnet ist. Es liegt in unmittelbarer Nachbarschaft von Saint-Eustache, der ältesten noch erhaltenen Kirche der Stadt, die im 16. Jahrhundert von einem Metzger gestiftet worden sein soll und nicht nur in der Vorweihnachtszeit ein Ort für zauberhafte Orgelkonzerte ist. Voilà: Wir sind im Hallenviertel, im „Bauch von Paris“ gelandet, wo bis 1969 die gusseisernen Markthallen der Metropole standen. Wo der gesamte Lebensmittelbedarf der Pariser umgeschlagen wurde, die Marktfrauen ein- und ausgingen, gekauft, gegessen, getrunken, gebetet und verhandelt wurde. Zehn Pavillons aus Eisenteilen und Glas entstanden unter Napoleon III. hier zwischen 1852 und 1870 und prägten das Bild des Quartier des Halles, das Émile Zola in seinem Roman „Le Ventre de Paris“ („Der Bauch von Paris“) so schön verewigte. 

Als die traditionsreichen Hallen Anfang der 1970er-Jahre abgerissen wurden, entstand an ihrer Stelle ein Beton-, Stahl- und Glasungeheuer im typischen Stil der Zeit. Welch Metamorphose: Statt Lebensmittel werden hier nun jährlich mehr als 50 Millionen Menschen durchgeschleust – in einem mehrstöckigen Tiefbahnhof. Während in den Restaurants und Geschäften drumherum der Betrieb wie eh und je weitergeht, hat Paris vor ein paar Jahren wieder an seiner „Magengegend“ operiert und für mehr als eine Milliarde Euro das neue „Herz von Paris“, das Forum des Halles, entstehen lassen. Das Genussviertel an der Grenze zwischen dem 1. und 2. Arrondissement hat das jedoch nicht weiter beeinträchtigt. Wie eh und je kauft man hier Feinkost in kleinen Épicerien. Im Foie Gras de Luxe gibt es die begehrte Gänseleber sowohl frisch als auch im Glas.

Aus der Rue Montorgueil machen Fromagerien, Bistros und die älteste Patisserie von Paris, die schon im Jahr 1730 gegründete Bäckerei Stohrer, eine einzige Genussmeile. Das Herz von Paris schlägt immer noch im Bauch und nicht wenige Touristen decken sich in diesem Viertel mit feinsten Zutaten zum Weihnachtsschmaus ein.

©Javier Pina

Aber jetzt hat auch geistige Nahrung hier Einzug gehalten – in Form eines gerade neu eröffneten Museums: In der Alten Börse, in Sichtweite der Pfarrkirche Saint-Eustache, wurde dank Tadao Andos genialem Umbau aus der Bourse de Commerce ein Tempel für moderne Kunst, in der die Pinault Collection untergebracht ist. Die Sammlung moderner Kunst eines der reichsten Männer Frankreichs steht nun der Öffentlichkeit zur Verfügung. Wenn das nicht ein beeindruckendes (Weihnachts-)Geschenk ist!

©Getty Images/EyeEm/Davide Dissegna/EyeEm/Getty Images

Wussten Sie dass ...

… Paris gar nicht so einmalig ist? Über 30 Städte und Dörfer auf der Welt tragen denselben Namen.
… es in der französischen Hauptstadt über 8.000 Cafés mit Terrassen gibt?
… Paris fünf große Kaufhäuser hat und etwa 17.500 Boutiquen? Der erste große Shoppingtempel – Le Bon Marché – wurde bereits 1852 eröffnet. Er gilt als das älteste Warenhaus der Welt. Gustave Eiffel konstruierte das Gebäude.

Pandemie-Regeln und Anreise

Für vollständig gegen COVID-19 geimpfte Personen ist die Einreise nach Frankreich unabhängig von der französischen Einstufung des Herkunftslandes in die Kategorie „grün“, „rot“ oder „orange“ ohne Quarantäne oder besonderen Reisegrund möglich. Nichtgeimpfte müssen einen negativen PCR-Test vorweisen können, der nicht älter als 72 Stunden ist.

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