Weekender Ostfriesische Inseln: Sandstrände, viel Natur und gutes Essen
Entlang der malerischen deutschen Westküste erstrecken sich die Ostfriesischen Inseln im UNESCO-Weltnaturerbe Wattenmeer.
Überblick
nach Bremen oder Hannover, Weiterreise mit Zug (Norddeich Mole) und Fähre
per Nachtzug bis Hamburg und weiter nach Norddeich.
etwa 900 km, endet in Norddeich, da auf den Inseln kein Autoverkehr zugelassen ist.
Von Gerald Stiptschitsch
Die Westküste Deutschlands ist bekannt für ihr Weltkulturerbe, das Wattenmeer. Entlang dieser Küste werden die Inseln oft mit Perlen an einer Schnur verglichen. Doch während Reiseführer diese idyllische Beschreibung bevorzugen, fühlen sich Besucher eher an die entspannten Seehunde erinnert, die sich auf den flachen Sandbänken sonnen. Hier wird nämlich einen Gang runtergeschaltet.
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Die Ostfriesischen Inseln Borkum, Juist, Norderney, Baltrum, Langeoog, Spiekeroog und Wangerooge legen – obwohl sie einander ähneln – großen Wert auf ihre Individualität und sind den Launen der Nordsee ausgeliefert. Trotz enormer technischer Anstrengungen bedrohen Sturmfluten regelmäßig ihre Existenz, und nur durch Schutzbauten und ideenreiche, zum Teil über acht Meter hohe Befestigungsanlagen, können sie vor der Erosion geschützt werden. Diese Bauten mögen zwar das Bild der Inseln verändern, sind aber unverzichtbar für ihren Schutz. Immerhin gibt es den alten Spruch der Friesen "Gott schuf das Meer, die Friesen die Küste".
Der Tourismus hat die Inseln fest im Griff, und wie Ebbe und Flut bringen unzählige Schiffe Tag für Tag Besucher von und zum Festland. Viele kommen nur für einen Tagesausflug und versuchen dennoch, das Insel-Feeling mit nach Hause zu nehmen. Die Einsamkeit kilometerlanger Strandspaziergänge durch unberührte Natur ist jedoch auf den beliebten Inseln kaum noch zu finden. Wer einmal dort ist, bereut es oft, nur so kurz zu bleiben und sehnt sich danach, weiter entlang des Sandstrandes zu wandern und tief die frische Nordseeluft einzuatmen.
Autos? Nicht gewünscht! Der Ausgangspunkt für Fahrten zu den Ostfriesischen Inseln ist der kleine Hafen Norddeich nahe der Stadt Norden am Festland. Von dort aus können Besucher auf verschiedene Weise zu den anderen Inseln gelangen, entweder zu Fuß oder mit dem Fahrrad, der Bimmelbahn oder dem Insel-Bus. Streckenweise können sich die Besucher zweispännig kutschieren lassen, und auf den sehr kleinen Inseln wie Baltrum oder Spiekeroog sind nicht einmal Fahrräder erwünscht.
Um sich die Namen der sieben Ostfriesischen Inseln zu merken, gibt es eine Eselsbrücke: "Welcher Seemann liegt bei Nanni im Bett?": Das steht von Ost nach West für Wangerooge, Spiekeroog, Langeoog, Baltrum, Norderney, Juist und Borkum. Jede Insel hat ihre eigene Atmosphäre, ihren eigenen Charme und ihre eigenen Fortbewegungsmittel, um die Entdeckung der Besonderheiten zu erleichtern.
Norderney zum Beispiel ist vielleicht nicht die beliebteste, aber die am stärksten frequentierte der sieben Inseln. Sie bietet eine autofreie Stadt mit vielen Geschäften, Fisch-Imbissen und Unterhaltungsmöglichkeiten. Abseits der Stadt eröffnet sich eine eindrucksvolle Dünenlandschaft, die zum Erkunden einlädt. Dass statt hipper Mode allerorts "Friesen-Nerze", also winddichte Anoraks mit Kapuzen, angeboten werden, lässt Rückschlüsse auf das Klima ziehen. Verlässt man die Stadt, eröffnet sich mit einer eindrucksvollen Dünenlandschaft unvermittelt eine andere Welt. Beliebte Aussichtspunkte sind etwa die "Weiße Düne" oder die "Georghöhe" mit spektakulärem Ausblick über die Insel.
Wandern zu den Heulern
Seehunde und Kegelrobben lassen sich nicht nur auf Norderney, sondern auch auf Borkum oder Langeoog beobachten. Am besten klappt das am Ostende der Insel Langeoog, wo sich der Naturpfad Osterhook samt Aussichtsplattform befindet. Die beste Zeit ist im Sommer, wenn die Heuler zur Welt kommen und Bewegung in die sonst faul in der Sonne liegenden Tiere kommt.
Wer nicht nur einen kurzen Besuch zur Aussichtsplattform, sondern eine Tageswanderung mit knapp 19 Kilometern zurücklegen möchte, nimmt dazu die wohl schönste Wanderroute der Ostfriesischen Inseln, die vom Pirolatal im Westen von Langeoog bis nach Osterhook führt. Namensgeberin für das Pirolatal ist übrigens die selten gewordene Pirola (Pirola rotundifolia), ein an Maiglöckchen erinnerndes Gewächs, das seit dem Mittelalter auch als Heilpflanze bekannt ist. Von den Insulanern wird es deswegen auch liebevoll „Dünenmaiglöckchen“ genannt.
Hier sieht man auch eindrucksvoll, wie Ebbe und Flut das Watt mit seinen Wasserrinnen und Prielen bildet und damit einen Lebensraum für die artreichen, häufig überfluteten Salzwiesen schafft. Garnelen, Würmer, Krebse, Nesseltiere und viele Muschelarten bilden die Nahrungsgrundlage für zahlreiche Vogelarten – allen voran der Austernfischer. Nicht zu vergessen sind die Millionen Zugvögel, die hier Rast machen, um sich zu stärken und ihre Route fortzusetzen.
Kuriose Fakten. Wusstet ihr, dass...?
- … auf Norderney bis zu 8.000 Kaninchen leben, die so ziemlich alles durchbuddeln und auch abfressen? In den Parkanlagen können nur noch Pflanzen gesetzt werden, die von den Tieren verschmäht werden.
- … in den riesigen Salzwiesen von Norderney seltene Vogelarten wie der Rotschenkel leben? Zwischen den Dünen sind sogar Moore und Salzsümpfe entstanden, in denen man Pflanzen wie Sonnentau oder Königsfarn findet.
- … Baltrum den Spitznamen „Dornröscheninsel“ trägt, weil die Insel erst spät aus ihrem "Dornröschenschlaf" erwacht ist?
Die letzte Pferdeeisenbahn
Wem dann doch nicht zum Wandern zumute ist, der könnte auf der Nachbarinsel Spiekeroog die Landschaft mit Deutschlands einziger Pferde-Eisenbahn entdecken. Weil hier weder Autos noch Fahrräder erwünscht sind, heißt es entweder zu Fuß gehen oder sich mit echten Pferdestärken auf den Weg zu machen. Die Distanzen auf der nur 18 Quadratkilometer großen Insel sind zwar nicht so gewaltig und können leicht zu Fuß überwunden werden, mit der bereits 1885 errichteten Pferde-Eisenbahn, die von der Dorfmitte zum damaligen Herrenbadestrand im Westen der Insel fährt, geht’s dann aber doch etwas schneller. Die Fahrt durch die Salzwiesen dauert etwa zwölf Minuten.
Die Ostfriesischen Inseln sind zwar nicht alt, aber ihre Geschichte ist von Sturmfluten und Bedrohungen geprägt. In den vergangenen Jahrhunderten sind in der Nordsee immer wieder Inseln verschwunden und aufgetaucht. So hat 1362 die "Marcellus-Flut" eine Insel, die den Namen Buige hatte, zweigeteilt. Der östliche Teil, Oosterende, ist durch Sandanspülungen ständig gewachsen, während der andere Inselteil allmählich in den Fluten versunken ist.
1550 taucht in einer Urkunde erstmals der Name Norderney auf. Friedrich der Große gewährte den Siedlern im 18. Jahrhundert finanzielle Hilfe beim Aufbau der Inseln. Seit über 200 Jahren kommen Besucher nach Norderney, wo bereits 1797 das erste Seebad an der deutschen Nordsee gegründet wurde. Die Insel war ein Treffpunkt für den Adel und blieb durch verschiedene historische Ereignisse im Gedächtnis – wie die zahlreichen Kaninchen, die dem König einst als Verpflegung dienen sollten und heute zum Inselbild gehören.
Ich packe in meinen Koffer...
- ... Schwimm- oder Badeschuhe für Strandspaziergänge. Bei einer Wattwanderung werden sogar oft wasserdichte Stiefel getragen, damit es durch spitze Muscheln zu keinen Verletzungen kommt.
- ... Sonnencreme und Sonnenschutz. Die Stärke der Sonnenintensität wird häufig durch den kühlen Wind unterschätzt.
- ... einen "Friesen-Nerz", einen winddichten Anorak mit Kapuze, der Strandspaziergänge angenehmer macht.
Alle sieben Inseln des Nationalparks Wattenmeer bieten ihren Besuchern ein Reizklima und die berühmte Nordseeluft, die für ihre Reinheit bekannt ist. Das Klima ist auch im Winter relativ mild, und wirklich heiße Tage sind selten. Die Nordsee ist selbst im Sommer kühl, aber das hält die Besucher nicht davon ab, zu baden und sich danach in den gestreiften Strandkörben aufzuwärmen.
Die ständige Brise trägt dazu bei, dass man viele gesunde Inhaltsstoffe der Nordseeluft einatmet – vor allem fein zerstäubte Brandungs-Aerosole mit einem hohen Gehalt an Meeressalz, Jod und unzähligen anderen Wirkstoffen – was nicht nur für den Körper, sondern auch für die Seele gut ist. Die Luft auf den Inseln ist frei von Staub, Abgasen und Allergenen und bietet somit ideale Bedingungen für verschiedene Heilkuren. Als anerkanntes Nordseeheilbad hat Borkum über 150 Jahre Tradition in der Behandlung von Atemwegserkrankungen – ein Aufenthalt ist dann wohl doch für mehr als einen Tagesausflug interessant.
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