Oslo Oper Bibliothek Sauna

Oslo ist eine coole Kühle mit heißer Sauna im Fjord

Die norwegische Hauptstadt ist eine moderne Kulturmetropole mit beeindruckenden, nüchternen Bauten. Aber sie kann auch anders.

Überblick

Anreise mit dem Flugzeug

Austrian fliegt von Wien einige Male pro Woche in 2 Stunden 15 Min. direkt nach Oslo. Ansonsten umsteigen in Frankfurt – mind. 4 Stunden 15 Min. 

Alternative Anreise

Mit dem Zug dauert die Anreise aus Wien mindestens 27 Stunden. Mit dem Auto ist man mindestens 20 Stunden unterwegs (wenn  der Fährfahrplan ideal ist). Elektroautos finden in Norwegen ein dichtes Netz an Ladestationen (ladestasjoner.no). Maut ist für E-Autos auch günstiger.

Bevölkerungszahl

Ca. 700.000 / Großraum: 1,5 Millionen

Das ringt auch dem norwegischen Läuferpaar Respekt ab. „Ist es kalt?“, wollen die Jogger wissen, als sie gesehen haben, wie der dampfende Tourist in den vier Grad frischen Oslo-Fjord steigt. Nach der Antwort. „Ja, ein bisschen“ strecken sie den Daumen nach oben und laufen weiter die belebte Hafenpromenade entlang.

Gegenüber der Oper schwimmen im neuen Stadtteil Bjørvika hölzerne Saunen unterschiedlicher Bauart auf dem Wasser. Einheimische wie Besucher sind ganz wild aufs Schwitzen und Abkühlen in urbanen Gefilden. Vor allem im Winter sind ihnen neugierige Blicke gewiss. Daher tragen hier alle Badekleidung. Nackig ist niemand, auch wenn Saunatraditionalisten die Augen verdrehen.

Mit dem Saunaboot hinaus

Der pickigen Textilien entledigen kann man sich am ehesten im KOK-Saunaboot, wenn es bis zu zehn Personen mit auf Ausflüge in den Fjord nimmt – wenn er eisfrei ist. Gerade liegt es wie die anderen am Seil. Dafür schaut Saunameisterin Kristina vorbei. Zuerst macht sie sich am Handy der Gäste zu schaffen, das mit der bootseigenen Lautsprecheranlage verbunden ist. Dann schickt sie ihre Gäste vorsorglich zum Abkühlen in den Fjord und stellt eine düster-entspannende Musik ein. „Augen schließen“, sagt sie und rät, als sie mit Aromen einen Aufguss – der heißt in Norwegen auch so – macht: „Die Wärme erfüllt dich. Atme die Sorgen weg.“

Sauna-Flöße sind gerade ein großer Trend. Jene des Unternehmens KOK fahren auch in den Fjorden herum.

©KoK NORGE / Kristin Lorange

Sorgen muss man sich als Gast in Oslo am ehesten ums Geld machen. Die Stadt, in deren Großraum 1,5 Millionen Menschen wohnen, ist wegen des norwegischen Öl-Reichtums nichts für die kleine Brieftasche. Gäste finden hier viel, das gut und teuer ist. Lieber nicht nachdenken, wie viel eine Zimtschnecke aus der stylischen Bäckerei kostet. Schon gar nicht, was für ein Glas Wein zu zahlen ist – 15 Euro im Schnitt. Daher treffen sich die Einheimischen vorm Ausgehen gerne zum „Vorspiel“ – das heißt in Norwegen so – mit Rebensaft aus dem staatlichen „Vinmonopolet“-Geschäft. Aber an sich können die Restaurants mit neu interpretierter norwegischer Küche einiges.

Moderne Architektur können sie hier auch. Wenige Schritte von den Saunen entfernt steht die neue Bibliothek. Der Glas-Stahl-Komplex ist ein öffentliches Gebäude im besten Sinne. Eltern kommen mit ihren Kindern, um Bücher zu lesen, Jugendliche treffen sich in konsumfreien Zonen zum Plausch oder zum Flirten, Studierende brüten konzentriert über ihren Arbeiten. Ein Besuch ist vor allem am Abend empfehlenswert – da ist wenig los. Von außen harmoniert das Gebäude mit der Oper.

Die begehbare Oper

©Getty Images/william87/iStockphoto.com

Das Architekturbüro Snøhetta hat diese einem treibenden Eisberg nachempfunden. Die weiße Fassade aus italienischem Marmor und norwegischem Granit ist wie das Dach begehbar, im Innenraum dominieren Holz und organische Formen. Ein bisschen Kos, wie hier Hygge heißt, muss in Skandinavien einfach sein. Damit ist die Oper wie Oslo selbst – auf den ersten Blick nüchtern, auf den zweiten herzig-gemütlich.

Richtig kuschelig wird es beim Betrachten der Bilder Edvard Munchs nicht, aber dafür sind sie umso eindrucksvoller. Gleich neben den zwei anderen Kulturtempeln wird dem Künstler im Munch-Museum auf 13 Etagen des geknickten Alu-Turms ordentlich gehuldigt. Die norwegische Mona Lisa, „Der Schrei“, hängt hier auch – in zwei Versionen unterschiedlicher Couleur und als Druck – gleich drei Mal. Sie sind in einem dunklen Einbauraum sicher verwahrt. Nicht nur einmal haben Kriminelle den „Schrei“ gestohlen.

Wer alle sehen will, muss sich Zeit nehmen. Um sie vor Licht zu schonen, zeigt das Museum pro Stunde immer nur eine Variante. Den Menschen ist egal, welche. Das Handy zücken sie vor jeder. Noch ein „Schrei“ hängt im neuen Nationalmuseum, das im Sommer 2022 aufgesperrt hat und das größte Kunstmuseum Skandinaviens ist.

Das Munch-Museum mit seinem geknickten Alu-Turm.

©Didrick Stenersen

Müßig zu erwähnen, dass hier geklotzt statt gekleckert wurde. „Ein Gebäude, das viele hundert Jahre überdauern kann“, meinte Klaus Schuwerk vom Architektenbüro kleihues + schuwerk bei der Eröffnung. So wirkt es auch: massiv ist der 52.000 Quadratmeter große Block aus Marmor und Gneis am Hafen geworden. „Zu plump“ monieren Kritiker, andere haben mittlerweile Gefallen daran gefunden.

Auf jeden Fall passt es zum benachbarten wuchtigen Rathaus. Kolossale Architektur und Nationalheldentum vereinigen sich auch am Holmenkollen, dem Hausberg. Mit dem Holmenkollbakken thront die Skisprungschanze schlechthin mit ihrer Flügelform über der Stadt. Ihre Vorgängerin war die erste Schanze der Welt, der erste Wettbewerb ging 1892 über die Bühne. Kein Wunder, dass sie ein leicht mystischer Hauch umweht. „Der Ort ist Wiege der nordischen Kombination“, erklärt Stefan Marx. „Und das Wort Ski ist norwegisch.“

 

Der zweite Nationalfeiertag

Der gebürtige Niederrheiner ist Chef des Holmenkollen Skifestivals, das heuer vom 9. bis 19. März stattfindet. Hier messen sich die besten Sportler ihrer Zunft. Skispringen, nordische Kombination, Langlauf und Biathlon stehen am Programm. Und das ist in etwa so wie Kitzbühel, Schladming und Vierschanzentournee zusammen. „Es ist Norwegens zweiter Nationalfeiertag. Bei den Langlaufbewerben sind bis zu 50.000 Menschen pro Tag in den Wäldern unterwegs.“ Einige Gäste würden gar in Zelten campieren. Und im Fernsehen ist das Festival der Heuler schlechthin. „Da sieht das Land zu. Vor einigen Jahren ergab eine Messung einen Marktanteil von 86 Prozent“, erklärt Marx.

Das Holmenkollen Skifestival im März ist stets ein großes Volksfest. Zigtausende sehen zu.

©Jacques Holst

Auf dem Tisch liegt ein Buch, das gerade fertiggestellt wurde: „Das bekommt der König als Dankeschön.“ Neben Fotos sind Ergebnislisten abgedruckt. „Die kann er.“ Der Monarch sei sportinteressiert und komme mit Familie. „Wenn der Stadionsprecher einen Fehler macht, fällt ihm das sofort auf.“ Wer siegt, darf zum König in die Loge und sich von ihm gratulieren lassen. Während Marx zeigt, wo Harald V. bei den Rennen residiert, ziehen Amateursportler im Zielstadion ihre Kreise.

Die Weltcup-Loipen sind für alle offen. Gerade erklimmt einer die letzte Anhöhe vor dem Ziel. „Hier spielen sich beim 50-Kilometer-Rennen Tragödien ab.“ Viele, die zum Langlaufen kommen, fahren mit ihren Skiern mit der U-Bahnlinie T1 in die Berge, Schulklassen füllen die Waggons. „Langlauf gehört zur Volksseele“, meint Marx. „Aber natürlich ist das auch Klischee. Es gibt auch welche, die lieber auf der Couch sitzen.

Mit der U-Bahn geht es zum Langlaufen.

©Visitoslo/thomas johannessen

Wer viel trainiert, bekommt Hunger. Auch hier gibt es lokale Besonderheiten. „Die Norweger nehmen sich Würstchen in der Thermoskanne mit, die sie dann essen.“ Die Lokale an Loipen und Pisten haben hingegen viel aus den Alpen übernommen. Im Frognerseteren-Restaurant, das von einem Österreicher geleitet wird, gebe es den besten Apfelstrudel. Wem das Gemüt nicht nach gewohnten Speisen steht, sollte dennoch mit der T1 zur Endstation Frognerseteren fahren.

Die U-Bahn gleicht auf dem Weg einer Gebirgsbahn. Sie fährt durch Felsenschluchten, je höher es hinaufgeht, umso mehr verwandelt sich die Landschaft in eine Winterwunderwelt mit viel Schnee. Oben angelangt, heißt es Rodel ausborgen und den Korketrekkeren also den „Korkenzieher“, wie die zwei Kilometer lange Strecke heißt, hinabfahren. Hinauf geht es wieder mit der U-Bahn.

Oslo liebt die Bars

Die Menschen in Oslo haben nicht nur Wintersport wahnsinnig gern, sondern auch das abendliche Ausgehen. Die Bars sind trotz gesalzener Preise am Wochenende voll. Gerade ziemlich angesagt – auch bei den Einheimischen – sind die Lokale im Sommerro House, einem neuen Art-déco-Hotel. Es ist im Oslo Lysverker untergebracht, einem Backstein-Komplex aus den 1930ern, der das Elektrizitätswerk-Verwaltungsgebäude war. In der ehemaligen Schalterhalle steht heute eine beeindruckende Bartheke. Vor einer bunten Wand sorgt eine Band, die es in den Roaring Twenties hätte geben können, für Stimmung. Für ruhigere Momente gibt es auf dem Dach ein Pool, wo man mit Blick auf die Stadt schwimmen kann. Das ist schon spektakulär.

Die beeindruckende Bar des neuen Art-déco-Hotels Sommerro House.

©sommerro house

Wenig aufregend ist hingegen das königliche Schloss in der Nachbarschaft. Wer pompöse mitteleuropäische Paläste gewohnt ist, wird nicht sonderlich entzückt sein. Jeden Freitag tut sich aber etwas davor. Schwarze Limousinen fahren durch den Park. „Die Regierung kommt zum König“, erklärt eine Polizistin, die auf einem Pferd sitzt und wie alle hier entspannt wirkt. Ein Grüppchen erhofft sich, das ein oder andere prominente Gesicht zu sehen.

Auf einmal zücken Menschen ihre Kameras. Eine junge freundlich lächelnde Dame kommt auf sie zu und posiert mit ihnen. Monarchistisch nicht geschulte Betrachter beginnen zu spekulieren: Ist sie gar ein Mitglied der königlichen Familie? Eine kürzere Recherche ergibt: Nein, es ist die Justizministerin. Und das ist ja auch ganz nett. Wie Oslo.

Infos: visitoslo.com & visitnorway.com

Das wuchtige Rathaus im Vordergrund. Rechts daneben steht das neue Nationalmuseum im Bezirk Aker Brygge.

©Heiko Junge / NTB / picturedesk.com/Heiko Junge/NTB/picturedesk.com

Kuriose Fakten. Wussten Sie, dass ...?

Oslo die Hauptstadt des Black Metal ist? Hier begannen die meisten (manchmal auch ideologisch problematischen) Bands mit der düsteren Musik. 
… man in einem einst besetzten Haus billig essen gehen kann? Im sehr linken Kafé Blitz gibt es Vegetarisches und Veganes um wenig Geld.
Bløtkake nichts Grausliges, sondern etwas ganz Gutes ist? Norweger lieben diese  Schichtentorte mit viel Schlagobers.

Daniel Voglhuber

Über Daniel Voglhuber

Redakteur bei der KURIER Freizeit. Er schreibt dort seit Dezember über Reise, Kultur, Kulinarik und Lifestyle. Also über alles, was schön ist und Spaß macht. Er begann 2011 als Oberösterreich-Mitarbeiter in der KURIER-Chronik, später produzierte er lange unterschiedliche Regionalausgaben. Zuletzt war er stellvertretender Chronik-Ressortleiter.

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