Mit dem Fahrrad auf Urlaub: Die schönsten Routen
Die "freizei präsentiert vier spektakuläre Rad-Routen: Von Salzburg nach Grado, von Toulouse an die Côte d’Azur, von Mailand nach Rom und von Edinburgh nach Glasgow.
Informationen
Langstreckenreisen sind angesagt, man radelt nicht einfach im Kreis, sondern von A nach B, zum Beispiel an die Adria, um dort ein paar hübsche Strandtage zu verbringen und dann gemütlich mit dem Zug zurück nach Hause zu fahren.
"Fahren um anzukommen" bedeutet aber natürlich nicht, dass man die Strecke und ihre Sehenswürdigkeiten nicht auch gleich genießt. Denn das schöne am Fahrradfahren ist ja auch das reduzierte Tempo. Die Tatsache, dass man nicht auf der Autobahn an Dörfern vorbeirast, die man nur als Ausfahrtschilder kennt, sondern dass man sie wirklich durchfährt. Man erlebt die Landschaft und die kleinen Städte mit ihren Märkten, Eissalons und Cafés, man spürt die allmählichen Veränderungen – und kann jederzeit anhalten, ausrasten, entspannen.
So eine Radreise ist von der eigenen Heimatstadt aus natürlich nur eingeschränkt konsequent durchzuziehen. In den meisten Fällen braucht man zuerst einmal eine Transportmöglichkeit zum Ausgangspunkt hin. Dabei bietet sich in erster Linie der Zug an, hier lassen sich Fahrräder meist problemlos transportieren.
In vielen Fällen kann man auch vor Ort ein Bike ausborgen. Vor allem Städte, die auf dem Radnetz des „EuroVelo“ liegen, das den Kontinent überspannt, sind darauf vorbereitet. Wer sich hier ein wenig schlau macht, wird garantiert seine persönliche Traumroute finden. Vielleicht ist es aber auch eine der vier Routen, die wir für Sie ausgesucht haben:
Ciclovia
Von Salzburg bzw. Tarvis nach Grado, ca. 360 bzw. 160 km. Etappen: Bischofshofen, Bad Gastein, Spittal an der Drau, Villach, Tarvis, Moggio Udinese/Venzone, Udine.
Man kennt diese Tour auch als "Alpe-Adria-Radweg". Der erste Teil ist ein wenig herausfordernd, es sind bis Bad Gastein bzw. Böckstein, von wo der Zug durch den Berg nach Mallnitz geht, immerhin gut 700 Höhenmeter zu bewältigen.
Dafür ist die Landschaft atemberaubend, die Strecke führt an der Burg Hohenwerfen vorbei und das Gasteiner Tal brachte schon Größen wie Franz Schubert und Alexander von Humboldt ins Schwärmen.
Die nächste Berg-Etappe ist dann auch schon die letzte, in Kärnten geht’s hinauf nach Arnoldstein und Tarvis – und von dort mehr oder weniger kontinuierlich bergab bis nach Grado.Für Einsteiger empfiehlt es sich eventuell, mit dem Zug nach Tarvis zu fahren.
Denn die Strecke im Kanaltal, entlang der Fella beziehungsweise dem Tagliamento ist eine absolute Genussreise. Man fährt großteils an der alten, aufgelassenen Eisenbahntrasse, der Pontebbana entlang, das Tal ist wildromantisch schmal zu Beginn, Wasserfälle donnern die steilen Berghänge herunter, bis es sich nach und nach öffnet, weiter und immer wärmer wird.
Es geht praktisch von einem hübschen Dörfchen zum nächsten, man möchte eigentlich überall halt machen und sich umschauen. In Chiusaforte bietet sich eine kleine Eis-Pause im Schanigarten vor dem stillgelegten Bahnhof an, bevor man nach Moggio Udinese kommt.
Zeit für eine Wanderung
In dem historischen Dörfchen, das schon von den Römern besiedelt wurde und im Mittelalter Sitz der Pfalzgrafen von Cà Cellino aus dem Geschlecht der bayrischen Aribonen war, sollte man auf jeden Fall übernachten, die Abtei, der mittelalterliche Wehrturm, aber auch die Pfarrkirche San Floriano sind einen Besuch wert.
Außerdem bietet sich für den nächsten Tag eine Wanderung zu den drei alten, heute größtenteils verlassenen Dörfern Moggessa di Quà, Moggessa di Là und Stavoli an, sie gilt als eine der schönsten Tageswanderungen im gesamten Friaul.
Danach sind es nur wenige Kilometer bis Venzone, und das Städtchen gilt, ohne mit Superlativen herumwerfen zu wollen, als einer der schönsten Orte Italiens. Nach Udine kann man das Meer schon beinahe riechen, krönender Abschluss der Tour ist die Fahrt über die knapp fünf Kilometer lange Dammstraße nach Grado. Man fährt praktisch mitten durchs Meer, ein Endspurt ist das Letzte, was einem da in den Sinn kommt.
Canal du Midi
Von Toulouse nach Sète, ca. 350 km. Etappen: Castelnaudary, Carcassonne, Olonzac, Narbonne, Béziers, Cap d'Agde.
Genussradeln pur. Quasi wie Gott in Frankreich. Die Fahrt am Kanal entlang bedingt, dass es praktisch beständig sanft bergab geht, noch dazu ist der Canal du Midi unter anderem für seine Alleen berühmt. 190.000 Bäume, darunter viele Platanen mit ihren ausladenden Kronen, säumen die Ufer. Das macht diese Tour auch noch im Hochsommer zu einem echten Erlebnis.
Der Kanal, der im 17. Jahrhundert vom Sonnenkönig Ludwig XIV. in Auftrag gegeben wurde, und den Atlantik mit dem Mittelmeer verbindet, zählt längst schon selbst zum UNESCO-Kulturerbe. Und: zwischen Toulouse und dem Mittelmeer ziehen sage und schreibe 350 architektonische Kunstwerke, darunter 126 Brücken, 63 Schleusen, 55 Aquädukte, 7 Kanalbrücken, 6 Wehre, gemächlich an einem vorbei.
Städte wie aus dem Bilderbuch
Dabei haben wir noch gar nicht von den so legendären wie einzigartig schönen Städten gesprochen, die an dieser Strecke liegen, aneinandergereiht wie Perlen auf einer Schnur. Gleich südöstlich von Toulouse, im Lauragais, das von den Franzosen auch Pays de Cocagne, also „Schlaraffenland“, genannt wird, warten mit Avignonet-Lauragais, dem geschichtsträchtigen mittelalterlichen Städtchen Castelnaudary und dem alten, kreisrunden Dorf Bram gleich einige echte Höhepunkte.
Vor allem für Bram sollte man sich ein wenig Zeit nehmen, der Ortskern ist beinahe perfekt erhalten, ein Gläschen in einem der hübschen Gastgärten rund um den zentralen Platz kann auf keinen Fall schaden. Denn es ist nicht mehr weit bis zum Etappenziel: Carcassonne, eine der wahrscheinlich legendärsten Städte Frankreichs.
Diese Burg, diese Altstadt – als wäre man mitten in einer Filmkulisse! Und ja, einmal Cassoulet, die Mutter aller Bohnen-Eintöpfe und Spezialität der Region, muss man hier einfach mal gegessen haben.
Dann nochmal eine kleine Stärkung im 500-Seelen-Dorf Homps mit seiner romanischen Kapelle, und vielleicht ein Eis oder ein paar Madeleines im nahen, beinahe noch schnuckeligeren Argens-Minervois, bevor man mit Narbonne wieder eine etwas größere Stadt erreicht. In Béziers mit seiner Kathedrale und der pittoresken Brücke, ist das Meer schon nahe, bevor man mit Sète das „Venedig des Languedoc“ erreicht.
Via Francigena
Von Mailand nach Rom, ca 630 km. Etappen: Pavia, Piacenza, Medesano, Pontremoli, Marina di Carrara, Pietrasanta/Lucca, Santa Croce sull'Arno, San Gimignano/Colle di Val d'Elsa, Siena, San Quirico d'Orcia, Acquapendente, Viterbo, Trevignano Romano.
Bereit für eine Herausforderung? Wie wäre es mit einer Italien-Reise? Von Mailand nach Rom, das ist eine seriöse Urlaubsfahrt, alles andere als ein kleiner Ausflug. Aber: Es ist eine der vielleicht schönsten mediterranen Strecken, die man besuchen kann.
Tatsächlich ist diese Route nur ein kleiner Teil einer uralten Pilgerstraße, der Via Francigena. Sie führte vom englischen Canterbury nach Rom, ursprünglich zum Grab des Apostels Petrus. Genau, es handelt sich um einen weniger bekannten Vetter des berühmten Jakobswegs.
Heute ist die gesamte Strecke Teil des Radfernweg-Netzwerks EuroVelo. Man kann also auch von Belgien nach Frankreich oder von Frankreich nach Italien auf dieser Route fahren. Was den Abschnitt Mailand-Rom so besonders macht, sind die im Frühling angenehmen Temperaturen – und die beinahe überwältigende Häufung grandioser Landschaften und Städte, die man durchquert.
Nach der Apennin-Challenge südlich von Mailand fährt man umso euphorischer runter zum Meer, wo's dann nach Sarzana an der traumhaften Küste von Versilia entlanggeht.
Schwitzen und staunen
Dann in die Toskana. Und ja doch, die ist genau so, wie wir sie auf Fotos sehen, aber im Auto kaum spüren, nämlich verdammt hügelig. Mit dem Rad erleben wir auch das. Und zwar richtig.
Die Etappen und Highlights liegen allerdings kaum mehr als 30 km entfernt voneinander, sodass man trotz Anstrengung aus dem Staunen nicht herauskommt. Und wer glaubt, mit Siena schon das allergrößte Highlight gesehen zu haben, urteilt vorschnell. Denn da sind auch noch San Gimignano, die alte reiche Handelsstadt mit den vielen Türmen und Colle di Val d'Elsa.
Letztere ist vielleicht nicht so großartig, wie die zuvor genannten Städte mit ihren legendären Pferderennen quer durch die mittelalterlichen Altstädte, weil auf einem schmalen Bergrücken gelegen. Aber Colle ist gerade deshalb so einzigartig, weil es kaum einen Ort gibt, der sich historisch homogener und authentischer präsentiert. Alles an dieser Altstadt ist wirklich alt. Hier gibt es kein wie auch immer geartetes architektonisches Neuland, man kann in die Geschichte der Toskana eintauchen.
Auf dem Weg weiter nach Süden kann man das auch in verschiedene Seen, die sich vor der Ewigen Stadt ausbreiten – also das Eintauchen. Bevor man schließlich Rom erreicht. UND: An fast jeder Stelle kann man sich für eine Weiter- oder Rückfahrt per Zug entscheiden.
Celtic Glens Route
Von Edinburgh nach Glasgow, ca. 680 km. Etappen: St. Andrews, Montrose, Aberdeen, Banff, Nairn/Inverness, Fort Augustus, Fort William, Tummel Bridge, Pitlochry, Killin, Aberfoyle.
Highland Dreams – kaum irgendwo ist eine Radreise passender als in Schottland. Denn praktisch alles hier scheint förmlich „Entschleunigung!“ zu rufen. Ganz wichtig: Vorweg schon einmal die richtige Musik aufs Handy laden. Unsere dringliche Empfehlung diesbezüglich sind Karine Polwart („Follow the Heron“) und Eddie Reader, entweder mit ihrer famosen Band Fairground Attraction oder mit ihren Interpretationen der Gedichte Robert Burns („Ae Fond Kiss“), der ist ja quasi auch ein schottischer Nationalheiliger.
Wenn’s von den wildromantischen Lochs dann wieder in die Lowlands geht, in Richtung des pulsierenden Glasgows, bieten sich auch die hippen Chvrches an. Und „Angelsea“ von Cat Stevens praktisch überall. Nein, der ist natürlich kein Schotte, aber der Song ist einfach gut – und mystisch wie das Land.
Eile mit Weile
Schon beim Start in Edinburgh kann man ein paar Tage vertrödeln, vor allem im Sommer, wenn dort das große Festival stattfindet (5.-28. August), mit Konzerten, Straßenkunst, Ausstellungen und Theater an jeder Ecke. Trotzdem muss man sich von der alten und unglaublich charmanten Hauptstadt losreißen, denn der Weg ist doch einigermaßen weit. Und hat viel zu bieten.
Schon die in der Abendsonne silbern schimmernde Stadt Aberdeen lässt einen den Atem anhalten, wenn man sich ihr nähert. Das liegt am Granit, aus dem sie im Mittelalter erbaut wurde. Dann geht’s hoch zur Küste von Moray Firth, wo die nördlichste Delfinkolonie der Welt zuhause ist. Wer sich vor der Reise noch die 777 Folgen der Erfolgsserie „Outlander“ reinzieht, kommt hier auch deshalb auf seine Kosten, weil man an Culloden vorbeiradelt, dem Ort, Fans wissen Bescheid, an dem wir Jamie Fraser beinahe verloren hätten.
Vom touristischen Inverness, das tatsächlich einfach überwältigend idyllisch aussieht, geht’s am auch nicht ganz unbekannten Loch Ness weiter zum Fort Augustus, das Outlander-Fans ebenfalls einen Schauer über den Rücken jagen wird. Mit der Bahn kürzt man die Strecke nach Pilochry – schon wieder so eine Bilderbuch-Stadt – ein wenig ab.
Und wie schon in Italien gilt auch hier: Man kann jederzeit mit dem Zug zurück zum Ausgangspunkt, falls man sich übernommen hat. Wer weiterfährt, findet schließlich in Glasgow eine atemberaubend coole Metropole, die hierzulande noch kaum jemand auf dem Radar hat. Noch nicht.
Kommentare