Im Land des Lichts: Eine Reise durch das sagenhafte Andalusien

Spannende Städte, sagenhafte Dörfer, weltbekannte Künstler, eine barbusige Muse und viele, viele Kilometer Strand. Willkommen in Andalusien! Zu einer Rundreise zwischen maurischer Vergangenheit und südländischer Gegenwart.

Von Bernhard Praschl

Sonne im Süden, das hat schon was. Besonders jetzt. Wochen früher als bei uns ist der Frühling in Al-Andalus, dem "Land des Lichts“, wie die Araber und Berber einst diese Region im Süden Spaniens genannt haben, zu spüren. Auf der Haut, in der Luft, im Gemüt. In den Parks blühen bereits die Zitronen,  in den Bars tummeln sich outdoors schon mehr Gäste als drinnen. Nur einer macht sich rar. "Sorry, Antonio ist nicht da.“

Mit sprichwörtlich südländischem Temperament platziert die Kellnerin ein paar Teller voller Tapas lautstark vor unseren Nasen und rollt belustigt die dunklen Augen. Vielleicht ist er ja drüben beim Leuchtturm, bei seinem im letzten Sommer eröffneten Restaurant "La Pergola“. Oder in der Bodega-Bar-Institution El Pimpi, an der Antonio Banderas ebenfalls Anteile hat. Oder in Hollywood. Ja, warum nicht? 

Mit Banderas durch Málaga 

Seit mehr als drei Jahrzehnten behauptet sich Banderas, der neben Picasso bekannteste Sohn von Málaga, als heißes Ticket im Filmbiz. Erst im Vorjahr überraschte die einstige Almodóvar-Entdeckung, der frühere Zorro und Mambo King, mit einem Kurzauftritt im finalen Indiana-Jones-Abenteuer. Für heuer sind noch weitere Filmpremieren mit ihm angesagt. Wir sind gespannt, so wie auf einen Spaziergang auf seinen Pfaden. Mittlerweile mischt der Filmstar bei knapp einem halben Dutzend Gastro-Lokalen in Málaga mit, neben den beiden erwähnten auch bei Restaurants mit den klingenden Namen Doña Inés und La Barra de Doña Inés. Allesamt Hotspots des gepflegt zwischen Fisch und Fleisch pendelnden typischen Geschmacks der Region. Das wissen vermutlich auch andere Besucher der zweitgrößten Stadt Andalusiens, denn egal, zu welcher Tages- oder Jahreszeit man versucht, dort einen der besseren Plätze zu ergattern, muss man sich minutenlang in einer Warteschlange gedulden. Ay, caramba! 

Das kommt davon, dass sich Málaga vor einigen Jahren für eine (letztlich erfolglose) Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt besonders herausgeputzt hatte. Das Ergebnis kann sich dennoch sehen lassen. Die schicke Hafenpromenade, der El Cubo, die Dependance der französischen Kulturinstitution Centre Pompidou sowie das quirlige Viertel rund um das Geburtshaus Picassos zählen zu den bevorzugten Stationen auf den Routen der flanierenden Touristen. Alles andere als ein Fehler, sich diesen anzuschließen. Apropos Routen. Um Andalusien in vier Tagen zu schaffen, bräuchte man Siebenmeilen-Stiefel, will heißen: Die gesamte Region ist größer als Österreich, unmöglich sowie unsinnig also, ihre Highlights von Almería bis Sevilla abzuklappern. Aber alles kein Problem.

Málaga von oben: Die Öffnung der Stadt zum Meer tut ihr gut
 

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Route für den Frühling

Wer einmal von Spanien pur, diesem Mix aus maurischer und hispanischer Kultur, diesen Stränden, der Flamenco-Musik und der variantenreichen Tapas-Küche, angefixt wurde, kommt gerne wieder. Vielleicht im Herbst? In unserem Fall hat sich die individuell zusammengestellte Route von der Costa del Sol quer durchs Land nach Cádiz an der Costa de la Luz und via Ronda zurück nach Málaga als geradezu ideal frühlingshaft erwiesen. Nach der ersten Station Málaga schwebt manchen womöglich ein Halt in Marbella vor, einer ehemals ersten Adresse für Reich und Schön. Muss nicht sein. Unser Ziel ist nur einen Katzensprung entfernt: Torremolinos

Benalmádena Marina, der Yachthafen im neomaurischen Stil bei Torremolinos
 

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Ein Stopp in der vormals schlecht beleumundeten Betonwüste des Urlaubsparadieses der 1960er- und 1970er-Jahre ist die bessere Wahl. Erstens verströmen sowohl die Gassen in der Altstadt als auch die laaaange Promenade am Meer eine Extraportion an maritimem Flair. Zweitens zeugen am Weg die Statuen von der barbusigen Gala und ihrem surrealen Künstler-Ehemann Salvador Dalí davon, dass es hier immer schon etwas lockerer als anderswo zugegangen ist. 

Die anmutige Gala Éluard Dalí, eine gebürtige Russin, war hier anno 1930 die Erste, die ungeniert oben ohne sonnenbadete. Amerikanische Hippies taten es ihr in den Swinging Sixties gleich. Heute heißt Torremolinos bunte Freigeister aus aller Welt willkommen. Muss man mögen. Worüber kein Zweifel herrschen kann: Ein Abstecher in eine der vielen Strandbars an der Meerespromenade, dem Paseo Maritimo, ist ein absolutes Must. Chiringuito nennt sich diese  besondere Version eines Beisls am Beach. Es gibt sie in allen möglichen Spielarten, lässig und karibisch wie Balu Beach oder solide wie das Los Marengos. Wie auch immer, die traditionellen gegrillten Sardinenspieße, Espetos de Sardinas, werden überall angeboten.

Katzen, die in Höhlen wohnen  

Den Ausflug ins nahe Gibraltar kann man sich ruhig sparen, er ist zu stressig, um ihn in diese Vier-Tages-Visite zu pressen. Außerdem erfreut sich Torremolinos  ebenfalls eines animalischen Felsens, nur dass hier Katzen statt Affen wohnen. Er befindet sich auf der Route, auf der wir schon der Muse Gala und ihrem Meister Salvador Dalí begegnet sind. Dutzende Katzen bewohnen hier kleine Felshöhlen und sonnen sich auf den Parkbänken und dem schmalen Rasen. Für ein Selfie sind die wilden Tiere nicht zu haben, für einen Schnappschuss schon. 

Ich packe in meinen Koffer …

  • … einen halbwegs dicken Pullover. Denn abends kann es trotz kräftiger Temperaturen untertags spürbar kühler werden.
  • … einen kleinen Sprachführer. So lassen sich rasch noch ein paar Vokabeln in der Landessprache einstudieren. Vor Ort freut sich das Personal, wenn Sie sich zumindest die Mühe geben, Tapas, Bier und Wein auf Spanisch zu ordern.
  • … einen Fächer. Das praktische Accessoire zur erfrischenden Luftzufuhr erhält man natürlich gerade in Andalusien an fast jeder Ecke, aber mit ihm kommen Sie schon bei der Anreise in die passende Stimmung.

Um nach Cádiz, der vorletzten Station unseres kurzen Andalusien-Trips zu gelangen, muss man ein paar Stunden Fahrt in Kauf nehmen. Macht nichts. Die Spanier sind entspannte Automobilisten und mit dem leidenschaftlichen Singsang der Moderatoren diverser Autoradiostationen im Ohr vergeht die Zeit wie im Flug. Buenas tardes!

Cádiz mit der goldgelben Kathedrale 

©Getty Images/Dmytro Kosmenko/istockphoto

In den Abendstunden kommt Cádiz an der Atlantikküste besonders gut zur Geltung. Die vielen Tagesgäste der Kreuzfahrtschiffe haben sich dann wieder in ihre Kajüten zurückgezogen, und die Bewohner freut es, wieder mehr oder weniger unter sich zu sein. Wer will, begibt sich in der Altstadt auf die auf Wegen und Hauswänden gekennzeichneten Spuren namhafter Flamencokünstler oder kostet sich rund um die Markthalle, dem Mercado Central, quer durch die abwechslungsreiche hispanische sowie lateinamerikanische Küche.

Kenn- und Wahrzeichen von Cádiz sind die vielen über die Stadt verstreuten neoklassizistisch-barocken Wachtürme. Einige sind heute als Aussichtstürme und Museen beliebte Ziele für Touristen. Wer also die berühmte "cámara oscura“ auf der Torre Tavira (Marqués del Real Tesoro 10) besichtigen will, sollte sich vorab online um ein Ticket bemühen. Es lohnt sich, die Aussicht von oben über den Hafen und das historische Zentrum von Cádiz ist tatsächlich grandios.

Nur ein Stolz von Málaga: das Picasso-Museum im Abendlicht

©david heald/Museo Picasso Málaga

Kaum Worte für Ronda 

Noch rasch durch die üppige Parkanlage des Parque Genovés mit seinen raffiniert und verspielt gestutzten Büschen und exotischen Bäumen gehastet, dann sollte man sich mental bereits auf das Finale, die Bergetappe nach Ronda, einstellen. Der Straßenverlauf über das Landesinnere ist etwas abenteuerlich, wie ja auch die Lage der "auf zwei Felsmassen hinaufgehäufelten Stadt“. Der Lyriker Rainer Maria Rilke (1875-1926) war es, der Ronda vor genau 111 Jahren so treffend beschrieb, als er wochenlang über der aufsehenerregenden, mehr als 100 Meter tiefen Schlucht um Worte rang.

Die Stierkampfarena in Ronda ist die älteste Spaniens und die einzige mit komplett überdachten Sitzreihen
 

©mauritius images / Alamy Stock Photos / Gavin Hellier/Alamy Stock Photos/Gavin Hellier/mauritius images

Bis ins hohe Mittelalter galt Ronda, das herausragendste der schönen weißen Dörfer Andalusiens, als uneinnehmbar. Ist lange, lange her, daher kapitulieren die Bewohner dieses hoch gelegenen urbanen Schmuckstückchens einigermaßen wohlwollend vor den zahllosen Touristen, die sich meist im Pulk um das ganz besondere Selfie vor der dramatisch in die Landschaft gesetzte Puente Nuevo ("Neue Brücke“) bemühen. Der Architekt der 1785 eingeweihten Brücke war auch verantwortlich für den Bau der imposanten Stierkampf-Arena auf der Plaza de Toros. Fast anmutig steht sie kreisrund da, denn wie die Dörfer ist auch sie ganz in Weiß gehalten. Was für ein Kontrast zu dem blutigen Schauspiel in ihrer Mitte. 

Kuriose Fakten. Wusstet Ihr, dass …

  • … Cádiz die älteste Stadt Spaniens ist? Als Gadir um 1100 v. Chr.  von den Phöniziern gegründet, wurde sie in der Folge zur Heimat von Römern, Arabern, Piraten und schließlich von Spaniern.
  • … Júzcar das einzige blaue inmitten der legendären weißen Dörfer ist? Als Marketinggag zur Premiere des Films „Die Schlümpfe“ wurden die Häuser 2011 blau getüncht. Das gefiel  so gut, dass Júzcar bis heute blau macht.
  • … die  Essenszeiten der Spanier –  gegen 14 bis  15 h zu Mittag und  21 h zu Abend – auf eine Anordnung von Diktator Franco (1942) zurückgehen? 
     

Eine "corrida“ in Erinnerung an die alten Zeiten findet nur mehr ein Mal im Jahr statt. Wen es interessiert: Im dazugehörigen Stierkampfmuseum, dem Museo Taurino, sind Kostüme und Gemälde berühmter Toreros zu bewundern. Aber nicht zu lange, denn für die Fahrt zurück zum Flughafen sind gute zwei Stunden einzuplanen, dann heißt es Hasta luego, Andalusien! 
Aufregend war es, außergewöhnlich – und leider allzu knapp bemessen. Wir kommen wieder!

Anreise

Mit dem Flugzeug (Austrian, Iberia, Eurowings) von Wien nach Málaga direkt in 3h 20 min. Wer frei nach dem Motto „der Weg ist das Ziel“ länger Zeit hat, kann auch mit dem  Zug anreisen, unter  30 Stunden (mit drei Mal umsteigen) geht aber nichts. Mit dem Auto sind es 2.740 Kilometer, also höchstens zu überlegen, falls man gleich einen wochenlangen Urlaub antreten möchte.

Ideale Reisezeit: Ab Mitte/Ende März den ganzen Frühling und Frühsommer über sowie Herbst. Im Sommer sind die Temperaturen realistischerweise zu hoch, um sich daran zu erfreuen, durch die Städte zu flanieren.

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