Finnisch-Lappland: Mit dem Rentier durch die Winterlandschaft

Wenn es knackig kalt ist wie in Finnisch-Lappland, muss man draußen in der wilden Natur in Bewegung bleiben. Bei aller Abgeschiedenheit gibt es dafür in der Gegend von Salla viele Möglichkeiten – von Schneeschuhwanderungen bis zum Fahrradausflug.

Nach der Ankunft am kleinen Aussichtspunkt muss man grinsen. „Salla in the Middle of Nowhere“, Salla mitten im Nirgendwo, steht da so selbstbewusst wie selbstironisch auf dem Schild. Und tatsächlich, da ist schon etwas Wahres dran, denkt man amüsiert, während man kurz darauf in die Weite und über die verschneiten Wälder dieser Gemeinde von Finnisch-Lappland blickt.

Finnisch-Lappland

©Sascha Rettig

Auch der Ort Salla selbst, der dort im dünn besiedelten Norden liegt, hat nicht viele Einwohner. Um die dreitausend sind es. Weit weniger als Rentiere also, von denen gut zehntausend durch die Landschaft ziehen.

So hoch im Norden sind die Winter extrem. Die Temperaturen sinken schon mal in den zweistelligen Minusbereich. Dazu sind am Polarkreis die Tage kurz und das Sonnenlicht ist rar. All das hält in Salla allerdings niemanden davon ab, rauszugehen. Nicht nur, um in den Abendstunden dem bunten Phänomen der Nordlichter nachzujagen, sondern auch um tagsüber Natur und Schnee zu erleben. Dafür gibt es schließlich nicht nur warme Kleidung, sondern trotz aller Abgeschiedenheit auch unterschiedliche und sehr ungewöhnliche Möglichkeiten. Also rein in die Winterkleidung, Stiefel und Handschuhe angezogen, Haube auf und los!

Auf dem höchsten Berg

Der vereiste Aussichtsturm auf dem Gipfel

©Sascha Rettig

Gemächlich geht es auf Schneeschuhen durch den neuen Nationalpark Salla, der den Bestand an uralten Bäumen schützen soll, die in Finnland immer seltener werden. Beim Aufstieg auf den vierhundertneunundsiebzig Meter hohen Berg Iso Pyhätunturi ist schnell erkennbar, dass es sich um eine Vielfalt von Bäumen handelt, die teilweise drei- bis vierhundert Jahre alt sind. Wer durch den verschneiten Wald stapft, aus dem ein bisschen Nebel steigt, dem fällt es ein, das Bild vom romantischen Wintermärchenland.

Die Wege schlängeln sich durch veschneite Wälder. Oberhalb der Baumgrenze eröffnen sich herrliche Ausblicke.

©Sascha Rettig

Der Weg schlängelt sich durch den Wald. Immer wieder eröffnen sich den Schneeschuh-Wanderern neue Ausblicke, erst recht über der Baumgrenze. Die beste Aussicht bietet sich ihnen aber erst nach den letzten, steilen Metern auf den Gipfel und dem Aussichtsturm, der an eine Polarstation erinnert. Von hier kann man weit über Wälder, Seen und Salla hinwegschauen. Nur kurz. Denn der eisige Wind und die schneidende Kälte treiben die Gruppe wieder runter vom Berg.

Statt selbst zu gehen, kann man sich – gut eingepackt gegen die Kälte – von Tieren durch die Gegend kutschieren lassen. Äußerst beliebt sind Touren mit Huskys, diese kleinen Kraftwerke auf vier Beinen, die voller Arbeitseifer die Schlitten ziehen. Es sind jedoch andere Tiere, an denen es in Lappland kein Vorbeikommen gibt: Rentiere. Seit jeher sind die Sami, die Ureinwohner Lapplands, schließlich Rentierhirten. Bis heute setzt sich diese Tradition fort.

Rentiere sind durch nichts aus der Ruhe zu bringen, wenn sie herrlich entschleunigt  Touristen durch den Lappland-Winter ziehen

©Sascha Rettig

Bei einer Schlittentour bekommen alle Teilnehmenden einen eigenen Schlitten mit einem Rentier davor. „Jedes hat seine eigene Persönlichkeit“, sagt Lars Tuomas, einer der Guides, der eine Fellhaube auf dem Kopf trägt, und stellt sie der Reihe nach vor. Zum Schluss kommt No Niin, „es hat das schönste Geweih und ist unser Modell-Rentier“, sagt Lars und erklärt dann die Fahranleitung: „Wenn ihr im Schlitten sitzt, haltet das Seil mit der linken Hand in einer Schlaufe fest – ganz einfach also und ein bisschen wie ein Automatikauto: D einlegen und losfahren!“

Im Rentiertempo

Los geht’s! Immer mit Blick auf den kleinen Puschelschwanz des Rentieres geht es durch den Schnee. Auf der Tour hat man zunächst nur das Tier im Blick, wie es sich bewegt: Die Hufe spreizen sich, wenn sie auf den Schnee auftreten, funktionieren sie wie Schneeschuhe. Im trottenden Rentiertempo geht es über zugefrorene Seen, in den Wald voller Fichten und Birken, die mit einer weißen Schneeschicht bedeckt sind. Nichts als Natur ist zu sehen.

Mit Schlitten können die Rentiere laut Lars um die vierzig oder fünfundvierzig Stundenkilometer schnell laufen; wenn sie komplett frei sind, sogar über sechzig. „Sie sind also ziemlich schnell – und die vom Weihnachtsmann, die können sogar fliegen“, ruft der Guide augenzwinkernd.

Winterbiken

Für E-Bikes ist es bei minus zwanzig Grad zu kalt. Aber mit Fat-Bikes beschaulich durch das verschneite Finnisch-Lappland radeln, hat etwas

©Sascha Rettig

Wenn es so kalt, eisig und verschneit ist wie an diesem Tag, scheint ein anderes Fortbewegungsmittel hingegen eher wie eine dumme Idee: das Fahrrad. Doch es gibt in der Umgebung sogar eigens Routen für das Winterbiken. Ein Fan davon ist Joni Pohja: „Ich mag Winterbiken, weil es sich trotz Schnee wie normales Radeln anfühlt – das ist ein tolles Gefühl“, sagt der 27-Jährige, als er die aufgetauten Räder für seine Schützlinge in den Schnee stellt. Für E-Bikes ist es bei minus zwanzig Grad zu kalt. Bei diesen extremen Bedingungen braucht man sogenannte Fat-Bikes mit sehr dicken Reifen. Die sorgen für den nötigen Halt auf den rutschigen Oberflächen – und den hat man damit tatsächlich.

Finnisch-Lappland

©Grafik

Ordentlich eingepackt, inklusive Motorradhaube und dicken Handschuhen, fährt Jonis Truppe schon nach den ersten zaghaften Metern ganz normal wie bei mildem Wetter – zumindest fast. Der Zweiradausflug startet bei einem Skicenter außerhalb von Salla. Bei der Radtour ist aber kein Kamikaze-Tempo angesagt, sondern Vorsicht. Daher wird aufmerksam, im beschaulichen Tempo geradelt. Das Ziel: der See Keselmäjärvi, einer von vielen in der Region, der gerade so dick zugefroren ist, dass man auch darauf problemlos radeln oder spazieren kann. Die Tour führt dennoch meist entlang des Uferwegs. Die Häuser am See haben im Sommer einen direkten Zugang zum Wasser. Selbst einen Strand gibt es dann. Denkbar weit weg ist das alles. Stattdessen wird eine Radtour, die im Sommer schön, aber nicht spektakulär gewesen wäre, zum kleinen Abenteuer im nordfinnischen Winter.

Info

Anreise
Flug ab Wien nach Kuusamo mit Zwischenstopp in Helsinki,  z. B. mit Finnair: finnair.com. CO2-Flugkompensation laut  atmosfair.de: 32 €.
Von dort aus weiter mit einem Mietwagen

Unterkunft
– Holiday Club Salla bietet Apartments am Salla Ski Resort. Schwimmbad, Sauna, Whirlpools. holidayclubresorts.com/en/resorts/salla
– Bei „Sallainen Cottages“ kann man in komfortablen Ferienhäusern mit Sauna übernachten. sallaiset.fi/de

Organisierte Reisen
Der deutsche Veranstalter Fintouring organisiert unterschiedliche Reisen nach Finnisch-Lappland, je nach Wunsch in Gruppen oder individuell zugeschnitten – auch nach Salla. polarlichtexpress.de, Tel.: 0664/4464626

Allgemein visitfinland.com

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