Die schönsten Schlösser: Hinter diesen Mauern ist es zum Gruseln
Geisterstunde – aber richtig. Schlösser sind oft nicht nur schön, sondern bieten mitunter noch ein kleines Extra: in Form von Geistern, Dämonen und den ruhelosen Seelen ihrer früheren Besitzer.
Uralte Mauern, die in den Himmel ragen. Stumme Zeugen von Dramen und Kämpfen, Liebe und Leid, Verrat und Intrigen. Türme, in denen gewundene Treppen nach oben führen. Vorbei an Gemälden düster blickender Ahnen, deren bohrende Augen jeden Schritt des ängstlichen Besuchers zu verfolgen scheinen. Und natürlich knarrt die Treppe, sie muss es einfach, während ganz oben ein Vorhang weht und irgendwo außer Sichtweite Fensterläden im zunehmend stürmischen Wind schlagen ...
Es sind diese Momente, in denen man dem Helden oder der Heldin zurufen will: „Nicht! Geh bloß nicht weiter!“ Aber da ist es schon zu spät. Der Geist des Grafen oder der des Mörders des Grafen oder vielleicht der eines zu Unrecht als Hexe verbrannten Burgfräuleins oder der einer echten, bösen Hexe, die sich jetzt für irgendwas rächt, der böse Spirit also, der in diesen finsteren Mauern wohnt, hat bereits Witterung aufgenommen. Er lauert auf sein Opfer, das nicht mehr zu retten sein wird, und es bloß noch nicht weiß. Guter alter Geistergrusel hat immer Saison, ganz besonders aber natürlich zu Halloween, diesem so katholischen Fest der Iren, das wir vor einigen Jahrzehnten aus dem protestantischen Amerika quasi zurückimportiert haben.
Dabei sein, nicht nur zusehen
Was sich um diese Zeit natürlich auch anbietet: Der Besuch einer echten Geisterburg. Denn selbst eine dieser geschwungenen Stiegen Richtung Ahnengalerie hochzusteigen, während der gewaltige Luster in der Halle verdächtig knarzt, das ist doch noch einmal so gut wie nur dem Helden eines Films dabei zuzusehen. Oder dem Opfer? Man kann sich da schon einigermaßen reinsteigern, das geht ganz schnell. Denn im Kino ist der Sessel, in dem wir praktisch festkleben, während der Horror auf der Leinwand sich entfaltet, unser „Rettungsanker“, wie Lothar Hellfritsch, der ehemalige Präsident des Berufsverbandes Deutscher Psychologen, es nennt. Der Spaziergang durch ein tatsächlich existierendes Spukschloss geht da einen entscheidenden Schritt weiter. Denn ähnlich wie bei einer Achterbahnfahrt sehen wir nicht bloß zu, sondern sind mitten drin. Wie gruselig es tatsächlich wird, hängt natürlich auch immer von den Umständen ab. Gibt es eine Führung fühlt man sich doch einigermaßen sicher. Wobei, der Horror-geschulte Teilnehmer weiß, dass auch in der Gruppe immer etwas passieren kann. Bloß nicht zurück bleiben ... Und haben die anderen dieses verdächtige Kratzen hinter der Täfelung tatsächlich nicht gehört?
Spukschlösser
Die Burg Eltz im deutschen Eifelwald ist eines dieser alten Häuser, die praktisch jedem Bild, das wir von einem Spukschloss abgespeichert haben, gerecht werden. Unglaublich, wie steil die Wohntürme der mittelalterlichen Anlage sich in den Himmel schrauben, wie eng aneinander sie stehen, wie verwinkelt die vielen Gänge und Galerien im Inneren sind. Historisch gesehen, hat das damit zu tun, dass der alte Herr von Eltz im 13. Jahrhundert die Burg nicht einem seiner Söhne vermachte, sondern gleichberechtigt allen dreien. So baute jeder von ihnen auf dem doch begrenzten Platz der Burg einen eigenen Wohnturm für seine Familie – und man lebte dort in geschwisterlicher Harmonie, statt einander im Streit um das alleinige Erbe die Schädel einzuschlagen wie aktuell in „House of the Dragon“.
Aber wo bleibt bei so viel Friede, Freude, Marillenpalatschinke eigentlich Platz für ein gruseliges Gespenst? Das kommt von außerhalb. 200 Jahre nach den drei sanften Brüdern lebte das Burgfräulein Agnes mit ihrem Vater auf der Burg. Sie sollte einen rüpelhaften Ritter heiraten, die Kiste ging gehörig schief, am Ende schlug der Ritter Agnes statt sich mit ihr zu verloben, die Brüder des Burgfräuleins warfen ihn und seine Familie, die Braunsberger, hinaus. Diese kündigten daraufhin die Fehde an. Vater und Brüder der schönen Agnes wurden bald darauf aus der Burg gelockt, der böse Ritter drang mit seinen Männern in die unbewachte Burg ein, Agnes zog sich die Rüstung eines ihrer Brüder an und kämpfte mit den in der Burg verbliebenen Knappen gegen die Übermacht, bis ein Pfeil sie niederstreckte. Im Zorn über den Tod des geliebten Burgfräuleins gelang es den Knappen schließlich, die Angreifer abzuwehren und den bösen jungen Ritter zu töten. Und DER spukt jetzt auf Schloss Eltz rum, also Vorsicht, kein netter Zeitgenosse.
Im Bett mit den Geistern
Das ultimative Erlebnis in Sachen Spukschloss ist aber natürlich, wenn man nicht nur eine geführte Tour mitmacht, egal ob bei Tageslicht oder eine der an manchen Orten auch angebotenen supergruseligen Nachtführungen – sondern wenn man in einem dieser alten Häuser Quartier bezieht. Man legt sich also quasi mit den Geistern ins Bett, mehr Horror geht überhaupt nicht. Gibt’s nicht?
Doch, natürlich. Es gibt einige wirklich ausgesucht gespenstische alte Kästen, die mittlerweile als Hotels und Pensionen geführt werden. Und was könnte mehr Gänsehaut erzeugen, als dort zu übernachten? Also: Auf nach Irland, wo man im angeblich „vergeistertsten“ Schloss Europas übernachten kann: Im Ross Castle. Es liegt tief im Südwesten der Insel, heißt auf gälisch Caisleán an Rois und gehörte im 16. Jahrhundert einem superbösen angelsächsischen Adeligen, Richard Nugent, den sie im benachbarten Dorf nur den „Black Baron“ nannten. Der treibt hier in Vollmondnächten noch immer sein Unwesen, auch einige seiner vielen Opfer, die er selbst erschlug oder töten ließ, lassen sich in und um das Schloss immer wieder blicken. So heißt es zumindest.
Vor allem aber ist es seine Tochter, die so schöne wie verfluchte Sabina, die den Gästen regelmäßig erscheint. Sie hungerte sich im Turm der Burg zu Tode, weil sie ihre große Liebe, den Sohn eines irischen Clan-Führers nicht heiraten konnte. Romeo und Julia quasi und ein bisschen Wuthering Hights oben drauf. Die arme Sabina schwebt ruhelos über die Wendeltreppen oder klopft an verschlossene Fenster, immer auf der Suche nach ihrer großen Liebe. Doch der unglückliche junge Mann ertrank vor Jahrhunderten im dunklen See Lough Leane, an dessen Ufer die Burg liegt ...
Von Wales nach Salzburg
Richtig stilvoll gruseln kann man sich auch in Wales, genauer gesagt im Craig-y-Nos Castle. Das Anwesen ist eigentlich keine echte Burg, es ist ein viktorianisches Herrschaftshaus, das im beliebten „gothic“ Stil des 19. Jahrhunderts gebaut wurde. Fast noch besser also, denn damals wurde das Gruseln praktisch erfunden.
Ursprünglich gehörte es einer etwas exzentrischen britischen Familie, danach kaufte es eine italienische Opern-Diva, die hier ein Privat-Theater einrichtete, bevor es zu Beginn des 20. Jahrhunderts in ein Tuberkulose-Sanatorium umgewandelt wurde. In dem renitente Patienten mit Zwangsjacken ruhiggestellt wurden. Es gibt hier angeblich mehr Geister als anderswo in ganz Großbritannien, die Diva singt, während die armen, geschundenen Seelen der Patienten rastlos durch die Gänge huschen.
Man muss aber gar nicht so weit fahren, um den Schauer eines Spukschlosses zu genießen. Im wildromantischen Salzburger Lungau steht das Schloss Moosham, das einen mehr als gruseligen Ruf hat. Zwei mittelalterliche Ritter, die hier mit ihren Schwestern in Sünde lebten, sollen ebenso spuken wie die vielen Frauen, die in der Folterkammer als Hexen die „Tortur“ ertragen mussten, bevor sie schließlich verbrannt wurden. Übernachten kann man zwar nicht im Schloss selbst, aber im dazugehörigen Mayrhof. Und ja, bei derart vielen Geistern spukt es dort natürlich auch.
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