Einfach azurblau machen: Ein Besuch auf Frankreichs Südbalkon
Frankreichs Süden lockt mit einem besonderen Versprechen für den Frühling: Bonjour zu einer Tour L'Amour an die Côte d'Azur.
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Es gibt die Algarve, die Amalfiküste, die Costa Azzurra sowie die Costa Brava. Und dann gibt es sie, die Côte d'Azur oder – wie die Kenner salopp sagen – die Côte. Und sie schlägt alle. Eine Küste wie aus einem Traumtagebuch. Vorne das stechende Blau des Meeres, oben das flirrende Sonnenlicht, und im Rücken diese Galerie von Sehnsuchtsorten. Nizza, Cannes, Antibes, Saint-Tropez.
Sie alle liegen voneinander nur eine Stunde entfernt. Und sie alle erfreuen Bewohner und Gäste mit mehr als 300 Sonnentagen im Jahr.
Allein diese Namen auszusprechen weckt die Fantasie. Nizza, Cannes, Antibes, Saint-Tropez. Vergilbte, aber deswegen nicht vergessene Bilder von Filmstars wie Brigitte Bardot und Grace Kelly, von Musikern wie Miles Davis und Dee Dee Bridgewater sowie Gemälde von Malern wie Matisse oder Picasso tauchen vor dem inneren Auge auf und machen Lust auf mehr. Kein Problem.
Mit Menton, Monaco und Marseille harren davor, dazwischen und danach eine Reihe weiterer Schätze zum Entdecken oder zum Wiedersehen. Mit einem Wort: An der Côte kann man sich kaum satt sehen. Geschweige denn satt essen. Besonders nicht im Frühling, der schönsten Jahreszeit, um vom Savoir-vivre zu naschen.
Während die warme Jahreszeit bei uns sehr schleichend auf Kenntnisnahme pocht, prickelt es an der Côte d’Azur von Anfang an. Eine Flasche Champagner oder ein Roséwein in Griffweite sind dabei perfekte Begleiter, um vom „diffusen Zauber des Südens“, wie es vor knapp 100 Jahren der Literat F. Scott Fitzgerald nannte, zu kosten.
Adelige Winter, fancy Frühling
Der Schöpfer des „großen Gatsby“ hatte die Gabe, stets ein Pionier zu sein. Als Autor mit Alkoholproblem, als Ehemann einer Powerfrau (Zelda Fitzgerald). Und als Amerikaner an der Côte d’Azur. Während seine Landsleute Ernest Hemingway und Henry Miller die Hauptstadt Paris und den Vorort Clichy unsicher machten, genoss Lebemann Fitzgerald als Gast eines schwerreichen US-Amerikaners in Antibes die erträgliche Leichtigkeit des Seins.
Zwischen Zypressen und bisweilen zickenden Begleiterinnen träumte er sich – dank des für ihn günstigen Wechselkurses – in eine Welt, in der er am Pool sorglos vom Nichtstun leben konnte.
Zuvor waren die Orte an der Côte d’Azur Hotspots für den europäischen Adel. Allerdings nur für die Wintersaison. Erst die Lost Generation nach dem Ersten Weltkrieg sollte den Frühling und vor allem den Sommer hier hoffähig machen. In der Zwischenkriegszeit ließ sich auch das intellektuelle Literatengespann Erika und Klaus Mann vom Fieber der Französischen Riviera anstecken.
„Mondäner Zauber und bourgeoise Gemütlichkeit; Sport, gutes Essen und Baccara sind große Attraktionen; aber die größte Attraktion ist das Nichtstun“, schrieben sie 1931 in ihrem vor kurzem wiederentdeckten Reiseführer „Das Buch von der Riviera“. Ein paar Jahrzehnte später hatte sich das natürlich herumgesprochen und eine charmante Form von Betriebsamkeit begann, die Küste zu küssen.
Als Mitte der 1950er-Jahre das Pariser Powerpaar Brigitte Bardot und Roger Vadim das Fischerdorf Saint-Tropez für sich und ihren Film „... und ewig lockt das Weib“ entdeckten, war es vorbei mit dem Dolce far niente. Die BB war damals die meistfotografierte Frau der Welt, also so etwas wie Amy Winehouse, Kate Moss und Gisele Bündchen in einem. Sie, Süden, Sonne und Strand lockten natürlich zahlreiche weitere Gäste, Stars und Sternchen. Die Ära des Jetset hielt Einzug in Südfrankreich.
Superreich & superwichtig
Zehn Jahre später verschlug es ein nächstes prominentes deutsches Liebespaar in diese Gegend: Maja und Rudolf-August Oetker. Von ihrem Segelboot aus blickten der leicht angegraute deutsche Industrielle und der frisch angetraute Twen auf das Cap d’Antibes. Auf dem Felsen über den Fluten thront seit 1870 das Hôtel du Cap-Eden-Roc, ein in Kreisen von Superreichen und Superwichtigen weltbekanntes Refugium. Maja litt unter Seekrankheit und Rudolf-August hoffte, allein die Aussicht darauf verschaffe Linderung. Denn er fügte einschränkend hinzu: „Für uns ist das viel zu teuer.“
Sie verzichten auf die Übernachtung. Aber fünf Jahre später kaufte er das ganze Hotel. Auch eine Lösung.
Ein Treffen im Eden-Roc gehört seit Jahrzehnten in den Jahreskalender des globalen Jetset. Aber nicht nur. Das Schweizer Wirtschaftsmagazin Bilanz zeichnete das Hôtel du Cap-Eden-Roc 2018 als bestes Ferienhotel der Welt aus. Weil eben gerade die Côte d’Azur über jegliche Trends der Urlaubsdestinationen erhaben ist.
Ein Pool am Berg
So viel besucht, so oft beschrieben, bleibt da noch Platz für Geheimtipps? Ja, sicher. Im Hinterland warten einige Bergdörfer auf eine Neuentdeckung. Etwa das mittelalterliche Ramatuelle, ein Nachbarort von Saint-Tropez. Zu Ende der Swinging Sixties wurde hier ein Film gedreht, der erneut zum Schicksal eines Paares werden sollte: „The Swimming Pool“ mit Romy Schneider und Alain Delon.
Ihr Lieben und Leiden unter südlicher Sonne war ein Riesenerfolg und ein massiver Karriereboost für den Star, der partout nicht mehr mit Fragen zu „Sissi“ belästigt werden wollte. Nach wie vor zieht es Filmfreunde auf die Suche nach dem titelgebenden Pool an die Côte d'Azur. Ja, wo befindet sich denn dieser nun? Bei dieser lavendelfarbenen Villa oder doch hinter diesem Gemäuer dort unten, das auch als Ferienhaus zu mieten ist?
Ein Tipp: Auf der Route des Plages kurz vor Ramatuelle links auf die kleine Straße abbiegen, die zum Leuchtturm oberhalb des Meeres führt. Dann Ausschau nach einem Haus mit Pool samt Pavillon halten.
Blick auf Boule
Andere prominente Besucher haben ihre Spuren an der schönsten aller Küsten so hinterlassen, dass man sie auch ohne Lupe findet. Das surrealistische Universalgenie Jean Cocteau etwa zauberte kunstvoll Mosaike auf eine Festungsmauer in Menton und eine Wandmalerei in die Kapelle Saint-Pierre in dem Städtchen Villefranche-sur-Mer. Nicht zu vergessen die vielen Bilder, Keramiken und Skulpturen, die der gebürtige Spanier Pablo Picasso in den wenigen Monaten schuf, die er 1946 in einem Schloss der Grimaldis in der Hafenstadt Antibes verbracht hat.
Hat man kein Bedürfnis, diese Kulturstätten zu besuchen, macht man es am besten wie ein waschechter Franzose. Man setzt sich in ein Bistro oder eine Boulangerie, bestellt einen Ricard oder einen Pastis 51 und wirft nonchalant einfach ab und zu einen Blick auf ein Boule-Spiel, das sicher gerade irgendwo unter den Bäumen auf einem Marktplatz ausgetragen wird. So angenehm unkompliziert kann das Leben sein. Oder: C'est la vie, wie man hier sagt.
Vive le Frühling!
Das süße Nichtstun. Und sich dabei getrost auf den Ruhm vergangener Tage berufen. Ein Lebensstil, der perfekt zur Côte und deren mediterranem Klima passt. Es kann ja kein Zufall sein, dass die gebürtige Pariser Stadtpflanze „la Bardot“ ihren Wohnort Saint-Tropez bis heute partout nicht verlassen wollte.
Für einen Badetag ist es dieser Tage wohl noch etwas zu früh. Aber Obacht, in nur zwei Monaten beginnen die Internationalen Filmfestspiele von Cannes. Und wenn der Start der Saison für die Stars und Sternchen am roten Teppich der azurblauen Küste absehbar ist, kann es hier mit dem süßen Nichtstun bald schon wieder vorbei sein.
Danach wird’s an den Hotspots der Côte mit jedem Tag heißer und heißer. Also, der Frühling bleibt die beste Jahreszeit.
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