Auf Achse am Chiemsee: Die schönsten Plätze zwischen Berg und See
Mit dem Dampfer vom Insel-Schloss zur Sterne-Küche am Ufer. Wer mehr Adrenalin braucht, radelt zur Seenplatte oder erklimmt die Berge im Hinterland.
Überblick
Über Salzburg Richtung München, Ausfahrt Bernau, ca. 3,5 Std.
Mit dem Railjet nach Salzburg. Umsteigen und mit dem Meridian bis Prien
Dreieinhalb Stunden sind es von Ottakring nach Otterkring. Per Bahn oder Auto erreicht man das Ziel zwischen München und Salzburg, das aufregend schön und überraschend vielfältig ist. Nämlich den Chiemsee und das Otterkring, das in der Gemeinde Rimsting am See liegt. Der Name des Wiener Bezirks Ottakring soll tatsächlich von den Bajuwaren stammen, die einst am Chiemsee siedelten. Wer den See nur vom Vorbeifahren kennt, sollte unbedingt einmal hier Halt machen. Und zwar länger als nur für ein Foto auf der Raststation, am besten gleich für ein paar Tage. Der Chiemsee und sein Hinterland haben neben Badeseen und Berggipfeln alles, was man sich für einen Urlaub wünscht.
➤ Hier mehr lesen: Die besten Tipps und Adressen rund um den Chiemsee
Bootsfahrten per Raddampfer oder E-Boot führen über einen See, der für „Meer-Feeling“ sorgt. Herrliche Wandertouren führen auf die nahe Kampenwand, von der Mutige mit Paraglidern ins Tal schweben. Ein breites Netz an Radwegen erstreckt sich durch naturbelassene Moore und Sümpfe bis zur Eggstätter Seenplatte oder rund um den Chiemsee zu romantischen Badebuchten. Genusstouren zu kulinarischen Schmankerln der Sterneküchen in Prien und Frasdorf sind weitere Hotspots.
Und mitten auf der Herreninsel, auf der alle Naturliebhaber und Fans von Bayerns König Ludwig II. anlegen, steht ein Märchenschloss mit kostbarem Mobiliar, wie Lobmeyr Kandelabern oder einem Schrank im Stil Louis XV. aus Schildpatt und Bronze. Herrenchiemsee war das teuerste Schloss, das Ludwig II. baute, sollte eine Kopie von Schloss Versailles werden – und blieb unvollendet.
Inselhopping
Laut tönt das Schiffshorn im Hafen Prien Stock, bevor der alte Raddampfer zu Insel-Rundfahrten und nach Seebruck, Chieming und Bernau ausfährt. Wer frühmorgens im Hafen auf den Dampfer steigt, gleitet über einen glatten See zu den drei Inseln: Frauen-, Herren- und Krautinsel. Auf letzterer bauten Nonnen des Benediktinerinnen-Klosters Frauenwörth bis vor wenigen Jahren Gemüse und Kräuter an, heute weiden im Sommer Schafe und Kühe hier, die mit dem Floß im Frühjahr herübergeschifft werden. Denn die kleine Insel kann nur per Privatboot angesteuert werden. Schon vom Schiff aus sieht man im klaren Wasser große Fische schwimmen. Über 100 Tonnen werden pro Jahr von 16 Berufsfischern aus dem Chiemsee geangelt. Verkosten kann man die Renken, gegrillt, gebraten oder gedünstet, in allen guten Gasthöfen der Gegend.
Wer Natur, imperialen Stil und Schnaps liebt, steigt in der ersten Station Herreninsel aus. „Keine Angst, dann geht man einfach in die Gegenrichtung“, sagt ein Guide zu einem Pärchen auf die Frage, ob in der Hochsaison viele Touristen Richtung Schloss Herrenchiemsee pilgern. Und führt sie links herum, wo ein sieben Kilometer langer Weg die Insel umrundet. Hier ist man nahezu alleine unterwegs und kommt an einem idyllischen Gestüt für süddeutsche Kaltblüter vorbei. Die Kutschenpferde der Insel brachten bereits König Ludwig II. über den Zugangsweg von der Anlegestelle zum Schloss. Der König von Bayern verbrachte übrigens nur ganze neun Tage in seinem Schloss.
Über Birnen-Alleen, Wälder und Felder kommt man direkt in den kultivierten Schlosspark und an die Rückseite des Schlosses und kann Ludwigs unvollendetes Bauwerk besichtigen, wenn der erste Ansturm bereits vorbei ist. Oder man kehrt zum Lunch neben dem Augustiner-Chorherrenstift in die Schlosswirtschaft ein und verkostet dort den Klosterschnaps, der vom Gärtner aus den Insel-Birnen und Insel-Äpfeln gebrannt wird.
Kuriose Fakten. Wusstet ihr, dass …
… König Ludwig II. von Bayern das Schloss zwischen 1878 und 1886 errichten ließ, dann war die Staatskasse leer und das Schloss blieb bis heute unvollendet. 15 Millionen Mark Schulden soll er damals gemacht haben.
… der Chiemsee in etwa 8.000 Jahren verlandet? Die Tiroler Ache schwemmt Kies und Schwebstoffe ein.
… es im Naturschutzgebiet rund um den See 300 Vogelarten gibt?
„Fraueninsel“ ruft der Matrose die zweite Station mit dem Raddampfer aus. Sofort offenbart sich hier das Gegenteil des royalen Prunks der Herreninsel. Vor den kleinen Fischerhütten entlang der Uferpromenade laden Tafeln, auf denen lokale Schmankerln angeschrieben sind, zum Verkosten von geräucherten Renken-Brötchen ein.
Die alte Künstlerkolonie zeigt sich idyllisch. Zwischen den Fischerhütten stehen blühende Rosengärten und hundert Jahre alte Künstlerateliers. Auch hier wird man freundlich empfangen. Manchen Künstlern kann man zusehen, wie sie ihre Keramik fertigen. Lustig geht’s auch im Hotspot der Insel zu, dem Linde Wirt.
Am höchsten Punkt der Insel, neben einer 600 Jahre alten Linde, treffen sich Einheimische bei frischem Bier und Aperol, besonders wenn Ochsenbraten auf der Speisekarte steht. Im Inselbräu, wo frisches Bio-Bier gebraut wird, ist neben Chiemseefisch ofenfrisches Bierbratl beliebt. Während die einen Bier und Renken genießen, springen andere ins Wasser. Auf der zweitgrößten Insel des Chiemsees kann man nahezu bei jeder Fischerhütte baden. Das ist auf der Herreninsel verboten, da diese zur Gänze unter Naturschutz steht.
Baden kann man auch auf den unzähligen Stränden am Chiemsee gut, wobei Übersee das schönste Strandbad und eine Beachbar hat, die abends zur beliebten Partyzone wird. Wo die besten Plätze für einen Sundowner am See sind? Einheimische pilgern abends gerne in das Strandcafé in Gstadt und Seebruck oder zum etwas höher gelegenen Breitbrunn, wo der Blick auf den See am schönsten ist.
Adlerblick und Kampenwand
Wer vom Bootfahren, Skiten, Surfen oder Segeln am Chiemsee genug hat, macht sich auf ins Hinterland. Bei einer Radrundfahrt um den See radelt man über grün bewachsene Muränenhügel, Überbleibsel des Chiemseegletschers, Richtung Rimsting zur Eggstätter Seenplatte und zum Pelhamer See. Hier ist das Hotel Seeblick beliebt für seine Küche und die Badebucht. Wer dann noch eine Stunde länger in die Pedale treten will, kommt zur mittelalterlichen Stadt Wasserburg am Inn. Am besten man flaniert in den schattigen Laubengängen vor den bunten Patrizierhäusern und genießt bei einem Aperitif am Marktplatz südliches Flair. Autofans machen auch gerne einen Abstecher ins Automobilmuseum in Amerang. Hier stehen 220 deutsche Legenden von den 1920er-Jahren bis zu spritzigen Boliden von heute.
An nicht zu heißen Tagen ist die markante Kampenwand ein beliebtes Ausflugsziel. Die Talstation ist von Prien über Bernau auch per Fahrrad in kurzer Zeit erreichbar. „Keine Sorge, die Türe mache ich von außen zu“, sagt der Liftwart zu den Gästen, die sich in die kleine gelbe Kabine der Gondelbahn zwängen, die einen auf den 1.669 Meter hohen Gipfel bringt.
Wer kein Vertrauen in die Seilbahn aus den 1960er-Jahren hat, kommt per pedes und per Bike bis auf 1.500 Meter hinauf. Gleich neben der Bergstation wartet die schicke Sonnenalm, in der man übernachten kann, mit einem köstlichen Berg-Brunch und Blick auf Watzmann und Großglockner auf. Oder man wandert über den Panoramaweg, mit dem Steinernen Meer, den Berchtesgadener Alpen und dem Chiemsee im Blick, hinunter zur Berghütte auf die Steinlingalm. Kletterer lieben die Touren, die vom West- zum Ostgipfel der Kampenwand führen. Auch unter Paraglidern ist die Sonnalm ein beliebter Absprungplatz. Aber Gleitschirm- und Drachenflieger müssen sich gelegentlich mit der Vogelbeobachtungsstelle absprechen, bevor sie in die Tiefe springen. Denn wenn das heimische Steinadlerpärchen Ronja und Otto brütet, darf es nicht gestört werden und die Flugroute muss verlegt werden.
Kommentare