Auf der Alten Donau: Wenn Bootfahren zum Ballett wird
Die Alte Donau ist die Wasserspielwiese der Wiener. Immer mehr Akteure – von Stand-up-Paddle bis Wasserinsel – machen aus dem Bootfahren ein Abenteuer.
Eine Badeinsel streift ein Segelboot. Geht sich das aus? Ein Stand-up-Paddler genießt den Blick auf das Strandbad. Plötzlich kommt ein Elektro-Yacht-Boot von der anderen Seite. Geht sich das aus?
Diese Frage hört man an der Alten Donau derzeit oft. Manchmal geht es sich nicht aus. Und dann muss schnell gehandelt und wenn möglich, die Flucht ergriffen werden. Willkommen beim Wasserballett auf der Alten Donau!
Die Alte Donau ist für die Wiener das, was der Wolfgangsee für die Salzburger ist oder der Wörthersee für die Kärntner. Mit der U-Bahn ist man in nur 6 Minuten vom Stephansdom im Boot. Und das in einer Millionenstadt.
Die Obere Alte Donau reicht von der Floridsdorfer bis zur Kagraner Brücke, die Untere Alte Donau von der Kagraner bis zur Praterbrücke. Links sind die kleinen, mittlerweile unleistbaren Badehütten (auch David Alaba soll eine besitzen) zu bestaunen, rechts kann man rund um das Gänsehäufel fahren. Im Schnitt werden hier laut Stadt 1,2 Millionen Badegäste im Jahr gezählt. An der Alten Donau trifft sich Jung und Alt, Arm und Reich. Bootfahren ist attraktiv für Einzelgänger und Gruppen.
Makrophyten, Gewitter
Beim ersten Bootsverleih gleich neben der U1 Station Alte Donau, beim Hofbauer, kann man wählen: vom Ruderboot für 20 Euro bis zur E-Yacht für 58 Euro pro Stunde. Ein bis zwei Euro teurer sind die Fahrten als im Vorjahr. „Die meisten wollen das klassische E-Boot für 29 Euro“, erklärt ein Mitarbeiter des Bootsverleihs.
Und das kann dauern. Denn wann die Bootfahrer zurückkommen, weiß der Bootsverleiher oft selbst nicht. Manchmal muss der Bootsverleiher auch ausrücken und Boote zurückholen: „Manche verheddern sich in den Makrophyten“, sagt Karl Hofbauer, Chef in dritter Bootsgeneration mit mehr als 80 Booten.
Aber das passiere selten, denn die Stadt sei bemüht, das Wasser mit Mähbooten von den Pflanzen zu befreien. 1.900 Tonnen Makrophyten wurden 2021 aus der Alten Donau geholt. Gemäht wird bis in eine Tiefe von 2,5 Metern – so tief ist die Alte Donau im Schnitt. Ein anderer Grund, warum man Bootsfahrer zurückholen muss, sind Gewitterwarnungen.
Einen Bootsschein braucht man übrigens nicht. Lediglich einen Ausweis, der als Kaution dient. Ab 16 Jahren darf man E-Boot fahren.
Neue Tanzpartner
Wegen der Corona-Maßnahmen haben zuletzt noch mehr Wiener das Urlaubspotenzial der Gegend entdeckt. Und die Tanzpartner am Wasser vermehren sich: Neben Tret-, Ruder-, E-, Party-Booten und schwimmenden Bade-Inseln gibt es auch immer mehr Stand-up-Paddles. Sie sind eine günstige Alternative (ab 13 Euro pro Stunde und ab 200 Euro für die, die sich eines kaufen) zum Bootfahren und leicht zu transportieren, weil sie aufblasbar sind. „Und man kann sie überall ins Wasser lassen“, sagt Hofbauer.
Wasser-Geschichte
Alter Donau-Arm
Bis zum 18. Jahrhundert verzweigte sich die Donau in fünf Arme. Die Alte Donau war damals der Hauptarm. Nach den Regulierungsarbeiten der Stadt bis 1875 wurde der damalige Hauptstrom zu einem Altwasser – der Alten Donau
Erholungsgebiet
1,6 Quadratkilometer Wasserfläche, 4 öffentliche Bäder, mehr als 40 Gastrobetriebe und 500 Ruder, Elektro- und Tretboote
Am Wasser können Paddler nicht schnell ausweichen. Das Boot muss also reagieren. Man tänzelt am Wasser hin und her. Auch vor den Brücken am Wasser wird es manchmal brenzlig. Da drehen sich Boote schon drei Mal im Kreis, üben sich in Pirouetten, damit man nicht die Brückenpfeiler berührt. Ganz zum Vergnügen des Publikums, das das Ballett etwa von der Seeterrasse des urigen Wirtes Birner betrachtet.
Autodrom-Effekt
„Wenn E-Boote aneinanderstoßen, kommt es maximal zum Autodrom-Effekt“, sagt Hofbauer. Erlaubt ist auf der Alten Donau eine Geschwindigkeit von 7 Kilometern pro Stunde.
Aber: „Übermut und Alkohol sind ein Problem“, sagt Karmen Kreidl von der Wasserrettung. Den Schwimmern wird daher eine Boje für eine bessere Sichtbarkeit empfohlen. Prinzipiell gilt für die Alte Donau die sogenannte Befahrungsordnung (herausgegeben von der Donauhochwasserschutz-Konkurrenz) und die Seen- und Fluss-Verkehrsordnung (das ist ein Bundesgesetz): Boote dürfen nicht länger als 7 Meter sein, in der Nacht darf man nicht am Wasser übernachten, es gilt ein Verbot des Wellenschlagens. Bei Alkohol gilt die 0,5-Promille-Grenze.
In einer Zille patrouilliert die Wasserpolizei regelmäßig, sie kontrolliert die Boote, etwa ob Rettungswesten und Erste-Hilfe-Ausrüstung an Bord sind. Zu Unfällen kommt es laut Polizei aber selten. Der bisher schlimmste ereignete sich 2018, als ein 15- und ein 19-Jähriger aus London ertranken. Sie waren mit einem Boot aufs Wasser gefahren. Englische Medien gaben damals der Pflanzenplage eine Mitschuld. „Es ist wichtig, ruhig zu bleiben, wenn man über Wasserpflanzen schwimmt“, sagt Kreidl von der Wasserrettung.
An Sommertagen gleicht die Alte Donau einem Ballett. Neben den graziösen Bewegungen der Schwäne begeistern die Sprünge der Fische die Zuseher am Wiesenstreifen. Bei den Choreografien der Boote, Segler und Surfer gilt eines: Berührungen meiden, aber: „Augenkontakt halten“, sagt Kreidl. Man müsse aufeinander achtgeben und einander respektieren. Dann gehe sich alles aus.
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