Das gut 3.000 Jahre alte Ebenbild von Ramses II. dominiert das Atrium des neuen Museums

Ägypten: Erster Blick ins weltgrößte Archäologiemuseum

Im Schatten der Pyramiden erbaut Ägypten mit japanischer Beteiligung ein Mega-Museum. Im Rahmen eines Softopenings bekommt man einen ersten Eindruck, was die Besucher im Grand Egyptian Museum erwartet

Mario kann sich noch gut daran erinnern, dass die riesige Statue ganz in der Nähe seiner Wohnung gestanden ist. Mehr als dreitausend Jahre alt ist das Ebenbild von Ramses II., stammt ursprünglich aus einem Steinbruch in Assuan und zierte jahrzehntelang den Vorplatz des Kairoer Hauptbahnhofs. Heute dominiert es das Atrium des Grand Egyptian Museum (GEM) im Schatten der Pyramiden. „Grand“ ist hier wirklich alles, wie sich KURIER ReiseGenuss vergangene Woche überzeugen konnte. Das GEM ist nach zwei Jahrzehnten Bauzeit zwar noch immer nicht offiziell eröffnet. Allerdings hat sich das Antikenministerium entschlossen, im Rahmen eines Softopenings erste Einblicke in das weltgrößte Archäologiemuseum zu gewähren.

Ägypten

©Grafik

Womit wir wieder bei Mario wären. Der junge Mann ist trotz seines Namens – er wurde nach Supermario benannt, erzählt er – Ägypter und hat die Aufgabe, die ersten Besucher im GEM herumzuführen. Wobei: Das, was man vorerst zu sehen bekommt, ist nur ein Vorgeschmack. Das Herzstück, die Präsentation des kompletten Schatzes des Tutanchamun, wird nicht gezeigt.

Auch alle anderen Ausstellungsräume bleiben vorerst tabu. Im Grunde genommen darf man nur die beeindruckende Fassade, den architektonisch grandiosen Eingangsbereich und die Shoppingmall besichtigen.

Inschallah, so Gott will, wird das Grand Egyptian Museum im Oktober endlich zur Gänze eröffnet

©Ministry of Tourism and Antiquity

Doch das zahlt sich durchaus aus. Vor dem Museum begrüßt der Hängende Obelisk die Besucher, der Trakt rechter Hand gehört der Sonnebarke des Cheops, die bis vor Kurzem in einem Museum bei den Pyramiden ausgestellt war. Nach der Eröffnung wird man live beobachten können, wie ein Zwilling der Barke renoviert wird.Im Atrium, wo Stein, Glas, Metall und Wasser dominieren, setzt Mario zu einer Nachhilfestunde in Sachen Ramses II. an, erzählt von dessen mehr als hundert Kindern, der sechsundsechzig Jahre währenden Regierungszeit und von seinen zwanzig Namen, die an der Rückseite der Statue eingraviert sind. „Er hatte ein großes Ego“, kommentiert Mario. Um dann auf die Hieroglyphen zu zeigen, die den Eingang einrahmen. Bei genauerem Hinsehen erkennt man an einer Stelle ein kleines Loch.

Nein, das sei kein Konstruktionsfehler, sondern wohldurchdacht, berichtet der junge Ägypter. Er lädt die ersten Besucher des GEM zu einer Reise im Kopf nach Abu Simbel ein. Der wohl bekannteste Tempel am südlichsten Ende des Landes am Nassersee wurde von Ramses erbaut und ist für sein Sonnenwunder bekannt: Zweimal im Jahr beleuchtet die Sonne drei von vier Statuen tief im Inneren des Heiligtums. Mario: „Am 21. Februar und am 21. Oktober. Der eine Tag ist der Geburtstag von Ramses dem Großen, der andere markiert seine Thronbesteigung. Und hier im Grand Egyptian Museum hat man das Phänomen nachgestellt. Dann wird das Sonnenlicht genau auf den größten aller Pharaonen fallen.“

Das nächste Mal wird das also am 21. Oktober passieren. Mit etwas Glück könnte dieser Tag mit der tatsächlichen Eröffnung des Museums zusammenfallen, denn wenn man Mario fragt, wann das nun endlich passieren wird, meint er mit einem optimistischen Lächeln: „In einem halben Jahr. Inschallah (hoffentlich; wörtlich: so Gott will)“.

Info

50.000 Artefakte ...
... von der Ur- bis zur griechisch-römischen Geschichte, 20.000 davon praktisch unbekannt, 5.398 Objekte aus dem Grab des Tutanchamun: Die Zahlen rund um das riesige Museumsprojekt in Kairo sind beeindruckend. Das Grand Egyptian Museum (GEM) ist für acht Millionen Besucher pro Jahr ausgelegt. Die Kosten von ca. 1,1 Mrd. US-Dollar werden durch zwei japanische Kredite gedeckt.
Seit einigen Tagen bietet das GEM „Limited guided Tours“ an, um zu testen, ob das Museum eröffnungsfit ist. Karten gibt es nur online (1.000 Ägyptische Pfund/ca. 31 Euro). Derzeit ist eine Reservierung bis 8. April möglich. Das GEM schaltet aber immer wieder Termine frei.
gem-tickets.com

Susanne Mauthner-Weber

Über Susanne Mauthner-Weber

Noch bin ich ja nicht überzeugt, dass das tatsächlich irgend jemanden interessiert. Für den Fall, dass doch: Seit einem halben Leben beim KURIER. Fad wird mir nur deshalb nicht, weil ich ständig Abenteuer im Kopf erlebe, Besser-Wisser interviewe und mich zumindest auf dem Papier mit Erfindungen, Entdeckungen und Errungenschaften beschäftige. Anscheinend macht das nicht nur mir Spaß - 2012 wurde ich mit dem Staatspreis für Wissenschaftspublizistik ausgezeichnet, 2013 mit dem Kardinal-Innitzer-Preis für wissenschaftlich fundierte Publizistik und 2014 mit dem Inge-Morath-Preis für Wissenschaftspublizistik. Wie gesagt: Falls das wirklich irgendwen interessiert.

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