Die Horror-Queen spielt wieder "Halloween": Jamie Lee Curtis im Interview

Die Schauspielerin schaffte ihren Durchbruch im legendären Horrorfilm der 70er-Jahre. Jetzt ist sie in einer späten Fortsetzung zu sehen.

Horror, Komödie, Action. Jamie Lee Curtis“ Karriere lässt sich mit diesen drei Schlagworten beschreiben. Im Horror-Genre ist sie die Queen, die Ikone, die vor 43 Jahren mit dem „Halloween“-Original aus dem Schatten ihrer berühmten Eltern trat.

Die Mutter, Janet Leigh, Star des Hitchcock-Klassikers „Psycho“ mag ihr da so manch guten Rat gegeben haben. Der Vater, Tony Curtis, beschränkte seine Tipps mehr auf das Überleben in Hollywood, was eine lange, ununterbrochene Karriere für Jamie Lee, 62 zur Folge hatte.

Und fast ein halbes Jahrhundert nach ihrem großen Durchbruch zu einem weiteren Kapitel in der „Halloween“-Franchise führte. „Halloween Kills“ ist der sechste Film in der Serie.

Die Rolle der Laurie Strode hat Sie einst weltberühmt gemacht. Wie ist es, sie nun als ältere Version wieder zu spielen, wo nun ja auch ein siebenter Film, „Halloween Ends“ geplant ist?

Jamie Lee Curtis: Es gibt nicht viele Schauspieler, die gemeinsam mit einer besonderen Rolle altern können. Und das Schöne daran ist die Veränderung. Als Menschen sind wir daran gewöhnt, wir tragen alle die Wunden, die Narben des Lebens mit uns mit, wir heilen, wir wachsen und wir schauen nach vorne. Was ich an der Menschlichkeit von Laurie so liebe ist, dass wir sie auf der großen Kinoleinwand mitverfolgen können – okay, ihr starrt alle in eure Laptops, was mir auch recht ist, außer bei mir zuhause, da brülle ich die Leute an! Aber was ich damit sagen will ist, dass wir uns alle mit Laurie identifizieren können, denn auch wir sind verletzt worden, wir alle kämpfen mit unseren Dämonen, wir sehen uns in ihr. Eine andere Message des Films ist, dass es nicht sehr viel Hoffnung gibt, dass das Böse in der Welt und längst noch nicht besiegt ist.

Wie denken Sie persönlich darüber?

Ich schaue mir leider täglich die Nachrichten an, und habe daher auch nicht sehr viel Hoffnung, wenn ich sehe, wie schwierig die Umstände auf der ganzen Welt sind. Und ja, man kann sich historisch an andere Zeiten erinnern, und natürlich stirbt die Hoffnung zuletzt, und es gibt und hat immer gute Menschen gegeben, die Gutes getan haben. Aber der Film spricht die Gegenwart an – wir sind eine geteilte Welt, Amerika ist ein geteiltes Land. Und derzeit ist das das Böse, das gewinnt. Das heißt nicht, dass es immer so sein wird, aber wie wir aus der Geschichte wissen, hat das Böse immer wieder gesiegt. Und so hoffe ich, dass der Film nicht nur reine Unterhaltung. Sondern sehr wohl auch ein Spiegel der Gesellschaft ist.

Um ein etwas leichteres Thema anzusprechen: Fürchten Sie sich eigentlich, wenn Sie sich einen Horrorfilm ansehen? Sind Sie im Allgemeinen ein ängstlicher Mensch?

Wenn Sie Fotos von mir als Kind googeln, dann sehen sie, wie sehr ich in Panik war. Ich sehe auf allen entsetzlich konfus und verschreckt aus. Als ob mich jemand angeschrien hätte. Sogar als Neugeborenes mache ich dieses Gesicht. Aber offenbar hat mir das später sehr geholfen, denn ich bin eine ungelernte Schauspielerin. Ich war nie auf der Schauspielschule, ich bereite mich auf meine Rollen rein emotional vor. Ich schrecke mich leicht, und daher hasse ich Horrorfilme, haha! Ich will nicht in Angst und Schrecken versetzt werden, wenn ich ins Kino gehe. Aber ich glaube, das ist als Schauspielerin in solchen Rollen das Geheimnis meines Erfolges. Ich fürchte mich ganz leicht. Da gibt’s keine psychologische Vorbereitung, ich bin in meinem Leben traumatisiert worden, da sind traurige Dinge passiert, und daher ist alles eine Manifestierung meiner eigenen Erfahrungen.

Die letzten beiden “Halloween“-Filme wurden von David Gordon Green gemacht, das Original stammt vom Meister des Horrors, John Carpenter. Was sind Ihre Erinnerungen an ihn und den ersten Film?

Wenn ich von Carpenter spreche, muss ich seine Partnerin Debra Hill erwähnen. Sie war seine Partnerin im Leben und bei der Arbeit. Laurie Strode existiert, weil Debra sie geformt hat. Sie war John Carpenters Co-Autorin, und nichts gegen John, er war ein netter Kerl, aber die drei weiblichen Figuren in „Halloween“ hätte ohne Debra niemals die Tiefe gehabt. Debra hat Laurie Strode ihre Stärke, ihre Intelligenz und ihre verträumte Romantik gegeben. Der Erfolg dieses Films ist ihr zu verdanken, und es macht mich traurig, dass die beiden nicht mehr am Leben sind, um mitzuerleben, welchen Einfluss ihre Kreation bis heute hat.

Sie verdanken den beiden Ihren Karrierestart…

Nicht nur Start, der Film gab mir meine Karriere. Die Feministen und die Frauenbewegung haben mich übrigens dafür gehasst, die fanden, dass mit diesen Horrorfilmen Frauen immer als Opfer dargestellt werden. Dann machte ich „Trading Places“ („Die Glücksritter“, 1983) und zog mir die Bluse aus, und auf einmal war ich ein Star. Das machte mich zu einer legitimen A-Liste-Schauspielerin. Unglaublich. Als junge Schauspielerin konnte ich das nicht verstehen. Heute sieht man Laurie Strode als Verkörperung weiblicher Intelligenz, aber damals wurde ich als Prostituierte zum Star, und die starke Rolle galt als anti-feministisch.

Mochten Sie „Trading Places“ deshalb nicht?

Ich mochte es immer, ich hatte ungeheuren Spaß beim Dreh, und ich finde es witzig, dass es nun im Fernsehen läuft, und 14-jährige Jungs mich als 21-jährige in all meiner wunderschönen Glorie bewundern. Der Film ist bis heute extrem lustig. Und ich verdanke Regisseur John Landis meinen Start als Komödiantin. Der Film führte zu „Ein Fisch namens Wanda“ und „Ein Fisch namens Wanda“ führte zu „True Lies“. Damit hatte ich das Horror-, das Komödien- und das Action-Genre erobert.

Beim Festival in Venedig haben Sie Heuer den Goldenen Löwen für Ihr Lebenswerk bekommen. Welche Bedeutung hat Ihr Job heute für Sie?

Ich liebe ihn. Ich liebe meine Filmcrews wie meine Familie. Ich liebe es, wenn kreative Leute zusammentreffen, um etwas zu gestalten, zu erfinden, zu erschaffen. Das hat sich seit dem ersten Mal, wo ich einen Soundstage betrat, nicht geändert. Das ist sogar bei Presseterminen so. Wenn ich den ganzen Tag TV-Interviews gebe, immer mit derselben Kameracrew, sind wir Freunde. Wir verbringen unsere Pausen gemeinsam, essen gemeinsam und unterhalten uns. Kollaborative Kunst berührt mich zutiefst, weil sie mit menschlichen Beziehungen zu tun hat. Das ist die Magie des Films, und die habe ich immer gespürt, vom ersten Moment an.

Kommentare