Germany's Next Topmodel: Kerzenständer am Kopf und trotzdem grazil
Die Finalshow am Donnerstag wurde zu österreichischen Festspielen. Eine Klosterneuburgerin gewann, ihre Mutter wurde Dritte.
Wenig Stoff war Donnerstagabend an den Besucherinnen und Besuchern der MMC Studios in Köln zu sehen. Dieser war dafür mit übermäßig viel Glitzerpaletten bestückt.
Fashion wurde beim Finale von Germany’s Next Topmodel (GNTM) auf den Zuschauerrängen sichtlich groß geschrieben. Und später auch bei den Models, die extravagante Kreationen zur Schau stellten. So hatte etwa das Moschino-Mastermind Jeremy Scott die Kleider mit Kuckucksuhren als Schulterpolster designt.
Die spätere Siegerin, die Klosterneuburgerin Lou-Anne Gleissenebner (19), trug auf diesem Catwalk einen Kerzenständer auf dem Kopf, ihrer Mutter Martina Gleissenebner-Teskey (50), am Ende des Abends Drittplatzierte, wurde ein Lampenschirm aufs Haupt gesetzt.
Beide trugen ihre für Nicht-Fashionistas unfassbaren Outfits mit fast noch unfassbarerer Grazie. (Und ja: Der Heimatstolz war bei den anwesenden Österreichern spürbar.)
Weg von der Norm
Dass Mutter und Tochter gemeinsam im Finale standen, war dem diesjährigen Staffel-Motto zu verdanken: „Diversity“ – also Vielfalt. Alter spielte beim Castingprozess genauso wenig eine Rolle wie Körper - oder Kleidergröße.
Bei der ProSieben-Show musste man also nicht (nach klassischen Maßstäben) schön sein. Man musste allerdings auch nicht klassisch gut singen können, um ein Lied auf der Bühne zu performen.
Das bewies Gastgeberin Heidi Klum gleich selbst zu Beginn. Sie intonierte „Chai Tea with Heidi“ laut, falsch und mit Begeisterung – dafür innig mit ihrem Mann Tom Kaulitz am Klavier sitzend.
Unterstützt wurde der Act durch ein Hologramm von Snoop Dogg. Zumindest dieses traf die Töne. Klum gab sich nach dem Auftritt allerdings sympathisch selbstironisch: „Es tut mir leid, wenn es schief war und euch jetzt die Ohren wehtun.“ Der Applaus war ihr sicher.
Nicht nur das Mutter- und Tochter-Duo sorgte bei der Show für österreichisches Flair auf der Bühne. Geladen war nämlich auch die Wiener Designerin Marina Hoermanseder, die die Kuckucksuhr-Schulterpolster mit einer eigenen Kreation in den Schatten stellte. Sie trug Discokugeln auf den Schultern. Auf die Bühne trat sie zu den Klängen von „Rock Me Amadeus“.
Die Chance, den Auftritt durch ein Hologramm von Falco zu unterstützen, wurde von der Produktion aber leider vergeben.
Spektakuläre Aufgaben
Die Show war in alter Finaltradition gespickt mit spektakulären Laufsteg-Aufgaben und Fotoshootings. Die Models mussten etwa kopfüber an der Decke laufen. Die Bewertung der Juroren fiel dabei durchgehend auffallend wertschätzend aus – selbst von jenen, die in vorhergehenden Staffeln durch ihre rüde Art den Kandidatinnen gegenüber aufgefallen waren, wie etwa Hoermanseder.
Das kam vermutlich nicht von ungefähr. Vor dem Finale mehrte sich die Kritik an dem Format, angestoßen von der ehemaligen Kandidatin Lijana Kaggwa. Diese hatte der Produktion ja „Manipulation und Ungleichbehandlung“ vorgeworfen.
Youtuber Rezo legte nach und erklärte via Video, dass sich die Sendung „negativ und toxisch auf Millionen von Frauen auswirkt“. Sein Video wurde mehr als eine Million Mal angeklickt.
Dem wurde eben betonte Freundlichkeit entgegengesetzt. Unterstützt von Ex-Kandidatinnen, die von GNTM als Sprungbrett schwärmten – so auch Vorjahressiegerin Alex Mariah Peter.
Die Freundlichkeit setzte sich dann bei der Verkündung der Siegerinnen nahtlos fort. „Super, Ihr habt gewonnen!“, rief ein deutscher Sitznachbar, ehrlicher Jubel brandete auf. Die meisten Österreicher hätten es wohl nicht so sportlich genommen, wenn sich Deutsche mit Kerzenständern am Kopf besser anstellen.
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