Leistungssport Sex: Wenn der Orgasmus dem Kalorienverbrauch dienen soll

Es gibt Menschen, die legen das Liebemachen als Akt der Fettverbrennung an. Zweifellos ist Sex auch Sport, man sollte es abernicht übertreiben.

Die Freundin stochert nervös in der Cremeschnitte und nippt an der heißen Schokolade. Mit Schlagobers sowieso. Ein Trostpflaster für den harten Arbeitsvormittag, und trotzdem hat sie leise Zweifel: die Kalorien betreffend selbstverständlich. Dabei war sie am Morgen schon 40 Minuten laufen und hat ihre tägliche X-Large-Einheit Sonnengrüße absolviert. Aber reicht das? Und schon landen wir beim Thema Sex, genauer beim Betreff "Kalorienverbrauch beim Sex".

"Weißt du da was?", fragt sie lächelnd und liebäugelt bereits mit einem Beischlaf-Marathon mit dem Mann an ihrer Seite. "Nächstes Wochenende vielleicht." Nette Idee, und trotzdem habe ich dazu ein paar kritische Gedanken. Die allerdings später.

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Erst die Fakten: Dass Sex, ambitioniert angelegt, als Sport zu betrachten ist, ist wissenschaftlich belegt. Im Jahr 2022 wurde zu diesem Thema von José M. Oliva Lozano, Universität Almería, eine Übersichtsstudie veröffentlicht, dabei hat man die Literatur in Sachen körperliche Anforderung beim Geschlechtsverkehr systematisch überprüft. Sehr lehrreich, den Begriff „Penetrationszyklen“ fand ich durchaus speziell.

Etwa 100 kcal werden beim Geschlechtsverkehr verbraucht, heißt also, man muss sieben Mal schnackseln (oder aber sieben Penetrationszyklen performen) um eine Cremeschnitte mit etwas über 700 kcal zu verbrennen, und weitere zweieinhalb Mal, um die heiße Schokolade auch noch mitzunehmen. Wer will, der schafft das, man braucht dafür nur einen umtriebigen Sparringpartner.

170 Puls beim Orgasmus

Aber dann geht die Post ab, mit mittleren Herzfrequenzen zwischen etwa 90 und 130 Schlägen pro Minute, je nach Geilheitsstatus und Spitzenherzfrequenzen von bis zu 170 Schlägen pro Minute beim Orgasmus. All das natürlich abhängig von der Intensität, der Dauer, der Heftigkeit. Immerhin gibt’s auch Paare, die eine 33-Sekunden-Nummer bereits als Akt bezeichnen. Der Kalorienverbrauch hält sich da eher in Grenzen. Und wer sich’s schon mal verschlafen im Löffelchen bequem gemacht hat, wird hoffentlich auch nicht glauben, dass er damit seine Cremeschnitte wegturnt.

An diesem Punkt aber nun mein Zweifel: Ist es überhaupt eine gute Idee, Sex als Sportart zu instrumentalisieren? Motto: Schnitzel reinhauen, danach die Sau im Sinne des Kalorienabbaus rauslassen? Irgendwas hat’s da, das klingt zu sehr nach Plan und äußerst unsinnlich. Sex ist doch so viel mehr als nur eine schlichte Turnübung, Sex ist Begegnung und das sogar vieldimensional. Und ja, da gilt es mit dem gängigen Schnackselkonzept aufzuräumen, das in vielen Köpfen herumgeistert: als pure Rein-Raus-Performance, die den Puls beschleunigt und schweißtreibend wirkt, samt Orgasmus als Goodie im Zieleinlauf. Paare, die Sexualität als besonders befriedigend erleben, schildern den Akt vor allem als intensive Begegnungserfahrung, bei der sich beide zutiefst lebendig fühlen, den gesamten Körper spüren, präsent, aber nicht im Kopf sind. Stattdessen ist man mit dem Partner innigst verbunden.

Das ist alles, nur kein Aerobicakt, samt Fitnesstracker, sondern ein Moment, der uns atemlos macht. Atemlos glücklich. Und, ganz nebenbei, sicherlich auch fit. „Sex ist ein Körperkontaktsport. Es ist nett anzusehen, aber es macht mehr Spaß, es zu spielen“, meinte dazu der US-amerikanische Psychiater Thomas Szasz. Aja: In der erwähnten Studie wurde auch erhoben, welche die gesündeste, also risikoärmste Stellung ist: Doggy Style gewinnt klar, während die Missionarsstellung speziell für die Wirbelsäule riskant sein kann, und zwar für den Mann.

Aber dann geht die Post ab, mit mittleren Herzfrequenzen zwischen etwa 90 und 130 Schlägen pro Minute, je nach Geilheitsstatus und Spitzenherzfrequenzen von bis zu 170 Schlägen pro Minute beim Orgasmus.

Vormerken

Im Film HOW TO HAVE SEX wirft Regisseurin Molly Manning Walker einen Blick auf die Heraus-forderungen jugendlicher Sexualität. Es wird die Frage des gegenseitigen Einverständnisses aufgeworfen, ohne auf Klischees des Erwachsenwerdens zurückzugreifen. Die drei Protagonistinnen werden von  Nachwuchstalenten verkörpert, etwa Mia McKenna-Bruce („The Witcher“). Ab 7. 12. im Filmcasino Wien.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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