Die Vielfältigkeit der weiblichen Genitalien: Vulven von Ost bis West

Je mehr Körperwissen, desto besser ist es für das Lusterleben. Das gilt auch für das weibliche Genital – keine Vulva, keine Vagina ist wie die andere. In manchen Kulturen werden unterschiedliche Typen unterschieden – mit unterschiedlichen Bedürfnissen.

Kurze Frage an die Damen: Heute schon  genauer in den Spiegel geschaut? Und nein, es geht jetzt nicht um die Form der Augen, um Nasenhaare, die Zornesfalte auf der Stirn oder wie der Bauch bei schrägem Lichteinfall aussieht – sondern: um das Aussehen der Vulva

Das mag jetzt ein wenig irritieren. Die Vorstellung, sich mit gespreizten Schenkeln hinzusetzen, um sich die genitalen Selbst-Bilder zu Gemüte zu führen, ist für viele Frauen befremdlich. Also nichts, was nach einer täglichen Routine klingt. Weil: "Wozu?“ Schon interessant –  viele verbringen Stunden damit, diverse Körperregionen (kritisch) zu beäugen, Wimmerln aufzuspüren, Härchen zu entfernen, zu cremen und zu bürsten. Und da "unten“? 

Ein Blick auf die eigene Vulva, ist ein Blick auf sich selbst

Dort wird vor allem für Hygiene und guten Duft gesorgt, mehr nicht. Schade. Denn wer weiß, wie die eigene Vulva aussieht, erfährt sehr viel über sich selbst. Auch die Erforschung in die Tiefe, also der Vagina, kann sehr aufschlussreich sein, weil die genitale Anatomie höchst individuell und von Frau zu Frau verschieden ist. Keine gleicht der anderen. Sich dieser Tatsache zu nähern und sich damit anzufreunden, ist rundum bodypositiv. Es ist die pure Selbstliebe – und die Abkehr von irgendwelchen Normen, vorgegeben durch den pornografischen Genital-Mainstream "eng, hellrosafarben und  symmetrisch“.

Frauen, die wissen, wo und wie die Klitoris sitzt oder wie die äußeren und inneren Venuslippen beschaffen sind, haben mehr Spaß. Ein bisserl wie bei einem Orientierungslauf – die, die einen Plan haben, kommen eher ans Ziel. Verbunden mit sämtlichen angenehmen Wirkungen und Nebenwirkungen auf die weibliche Lust. 

Gewusst wo, gewusst wie. Das Wissen darum ist in unserer Kultur allerdings wenig verbreitet, in anderen hingegen schon. Japaner unterscheiden zum Beispiel fünf Anatomietypen des weiblichen Genitals, in China sind es acht. Speziell spannend finde ich das Medizinrad-Modell der Cherokee, mit einer fünfteiligen Typologie, die jeweils den Elementen Luft, Feuer, Wasser, Erde zugeordnet wird sowie den verschiedenen Himmelsrichtungen. Die Philosophie dahinter: Jede ist anders, jede riecht anders, jede braucht etwas anderes, abhängig von der Tiefe des Vaginalkanals, dessen Beschaffenheit, dem Sitz der Klitoris oder dem Abstand der Klitorisspitze zur Vaginalöffnung. Das Medizinrad-Modell geht außerdem über das rein Anatomische hinaus, ins Charakterlich-Emotionale. Es skizziert also nicht nur Bedürfnisse, sondern auch, wie sich Frauen beim Akt verhalten.

Es ist die pure Selbstliebe – und die 
Abkehr von irgendwelchen Normen, vorgegeben durch den pornografischen Genital-Mainstream ...

Die "Nordfrau“ ist etwa dem Element Luft zugeordnet, intelligent, witzig und fühlt sich vor allem durch Gedanken sexuell inspiriert. Sie mag Fantasien und stöhnt meist laut. Abgesehen davon sind ihre inneren Vulvalippen schmetterlingsähnlich beschaffen. Während die Südfrau dem Element Wasser verbunden ist und eine tiefe, intime Herzensverbindung zu ihrem Liebhaber braucht, um Lust   empfinden zu können. Sie ist eher emotional und liebt innigen Geschlechtsverkehr mit einer kräftigen Stimulation der Klitoris. Recht nett hat’s die Ostfrau, mit Talent für multiple Orgasmen und einem „kompakten“ Genital, während die Westfrau in Sachen Sex  eher unkompliziert und körperorientiert ist. 

Wer sich nun fragt, was es mit dem fünften Typ auf sich hat, bitte sehr: Sie heißt  "Zentrums-Frau“ und  sie ist keinem Element und keiner Himmelsrichtung zugeordnet. Nix Genaues weiß man also, außer dass sie ein langes Vorspiel präferiert und eine möglichst direkte Stimulation der Klitoris. 

Sexbox

Buchtipp. "Best Lover“ heißt das neue Buch von Beatrix Roidinger, klinische Sexologin und  Gründerin von "Best Lover“, einem Team aus Sexualberatern, Sexologen, Urologen mit Schwerpunkt männliche Sexualität. Das Buch richtet sich an  Männer, die Probleme in ihrer Sexualität lösen wollen. Roidinger begleitet sie auf ihrem Weg in eine erfülltere Lust und zu mehr Genuss. Es erscheint am  25.10. bei Goldegg, € 25.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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