Frau und Mann beim Geschlechtsverkehr

Emophilie: Auf der Suche nach dem Rauschzustand

Der Reiz der Verliebtheit geht bei manchen Menschen so weit, dass sie nonstop danach suchen – diese Form der Bindungssuche wird "Emophilie" genannt.

Und wieder einmal ein Treffen mit B, der guten Freundin, die so selten Zeit hat. Weil sie seriell verliebt ist – nicht nur in den "einen", sondern in 50 Shades of Objekt der Begierde. Daher: keine Zeit, bin beschäftigt!

Auch diesmal saß sie mit glänzendem Blick vor mir und schilderte ihre Rundum-Berauschung: "Ich bin verknallt wie nie zuvor ... ich liebe diesen Typen einfach. Wow."

Nun folgte ein mittelerschöpfender Monolog akuter Verklärung: Supersex. Superg’scheit. Superlustig. Und geil kochen kann er auch. Irgendwann fragte ich nach, wie lange sie den "Neuen" schon kenne.

Zwei Wochen seien es bereits, sagt sie – die beste Zeit ihres Lebens. Puh. Mal sehen, wie lange die Wow-Welle diesmal dauert – und wie groß der Blues danach sein wird.

Dabei geht es vor allem um den emotionalen Rausch des Verliebtseins und seine euphorisierenden Folgen – alles neu, alles superduper, alles maximal aufregend. Mal intensiv, manchmal auch nur oberflächlich. In jedem Fall: eine Überdosis Dopamin – die körpereigene Glücksdroge, die das Gehirn immer dann in großen Mengen freisetzt, wenn Mensch etwas Neues, Spannendes oder Belohnendes erlebt. 

Emotionaler Rausch

Für derlei Ruckzuck-Romantik wurde auch schon eine Bezeichnung gefunden: Emophilie heißt die Tendenz, sich schnell und oft zu verlieben – etwas, das in der digitalen Dating-Ära eher angeheizt wird. Kaum fehlt’s an der Magie des Anfangs und wird’s vielleicht ein bisserl alltäglich, warten schon die Nachfolger im Wisch-&-Weg-Kosmos.

Aus Sicht von Daniel Jones, einem außerordentlichen Professor an der University of Nevada, hätte sich die Emophilie mehr Aufmerksamkeit verdient, wie er in einem Artikel im Magazin "Personality and Individual Differences" vor Kurzem betonte. Weil sie ein eigenständiges Persönlichkeitsmerkmal sei, das beeinflusse, wie Menschen sich auf romantische Beziehungen einlassen. 

Überdosis Dopamin

Dabei geht es vor allem um den emotionalen Rausch des Verliebtseins und seine euphorisierenden Folgen – alles neu, alles superduper, alles maximal aufregend. Mal intensiv, manchmal auch nur oberflächlich. In jedem Fall: eine Überdosis Dopamin – die körpereigene Glücksdroge, die das Gehirn immer dann in großen Mengen freisetzt, wenn Mensch etwas Neues, Spannendes oder Belohnendes erlebt. 

Wobei Emophilie nicht mit sexueller Promiskuität zu verwechseln ist. Spannend, dass sich eine österreichische Masterarbeit mit dem Konzept der Emophilie beschäftigt: Laura Kemeny, BSc, untersuchte darin die Wechselwirkungen mit Persönlichkeitsmerkmalen und Bindungsstilen in romantischen Beziehungen. Sie kommt zu dem Schluss, dass Emophilie negativ mit einem vermeidenden Bindungsstil korreliert, es aber keinen Zusammenhang mit dem ängstlichen Bindungsstil gibt. Es zeige sich außerdem ein deutlicher Konnex zwischen Persönlichkeitsmerkmalen wie Extraversion und Neurotizismus.

Zweifellos haben solche Menschen eine Tendenz, sich immer wieder von Neuem dem Rausch der Gefühle hinzugeben, samt immergleichem On/Off-Muster. In jenem Moment, an dem sich die ersten emotionalen Wogen normalisieren, wird’s unspannend und uninteressant – der/die Nächste bitte. 

Klingt anstrengend, nach Dauersuche und Instabilität – zumindest für jene, die Stabilität bevorzugen. Für die Liebhaber der persönlichen Schmonzette ist es hingegen ein Leben im Nonstop-Romantik-Delir, geprägt von einem "High", das als belebend wahrgenommen wird. Dabei geht es weniger um die Person, als um einen Zustand. Durchaus nachvollziehbar, mit allem Für und Wider. Kemeny: "Emophilie kann sowohl positive als auch negative Konsequenzen für zwischenmenschliche Beziehungen haben." 

Gefahr der instabilen Beziehung

Sie gilt allerdings als Risikofaktor für instabile Beziehungen und impulsive romantische Entscheidungen. Nicht nur: Potenzielle Partner werden mitunter großartiger wahrgenommen, als sie tatsächlich sind. Und das birgt auch immer die Gefahr eines "Erblindens" – für das, was wirklich ist.

Verspielt

Weihnachtszeit ist Spielzeit – auch für Paare. Amüsant etwa das Brettspiel "Monogamy". Mit jedem Würfel-Wurf geht’s an die nächste Herausforderung, die anregende, erotische und vielleicht auch lustige Gespräche auslösen soll. Ziel ist es vor allem, über persönliche Wünsche und Fantasien zu reden – und sie, möglicherweise, zu realisieren. Das Spiel gibt es nur in der englischen Version. Um € 29,99, z. B. bei amorelie.de.

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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