Wie Männer Frauen durch "Penny-Dating“ manipulieren

Beim neuen Dating-Trend werden Frauen wie Sparschweine behandelt. Warum Penny-Dating toxisch und für Frauen eine psychische Folter ist.

Was haben wir in diesem Jahr nicht an Dating-Trends erlebt: Vom Dawn Dating zu Lowkey-Dates bis hin zu Hardballing und Caspering. Doch ein Trend stellt alle in den Schatten – und das nicht auf die gute Art und Weise: Penny-Dating.

Wie so viele Trends hat sich auch dieser auf TikTok verbreitet. Als Erfinderin gilt die Userin Erica Tham (@ericatham). Sie ist auf die Methode gestoßen, als sie mit einem Freund übers Dating sprach. "Ich habe heute einige Informationen erfahren, deren Kenntnis illegal erscheint“, so Tham in ihrem Erklärvideo. "Ich habe mit einem Freund über Love-Bombing gesprochen und er sagte: "Das klingt nach der Penny-Methode."

Warum der Dating-Trend toxisch ist und Frauen psychisch darunter leiden.

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Worum es beim Penny-Dating geht

Penny-Dating ist eine Kombination aus Love-Bombing, Boy Math und Gaslighting, bei dem Frauen zusätzlich als Sparschweine betrachtet werden. Ziel ist es, dass Männer nur noch das Nötigste tun müssen, um von ihrer Partnerin akzeptiert zu werden.

Doch wie funktioniert die Dating-Methode nun?

Tham erklärt es auf TikTok wie folgt: "Um ihr Interesse zu wecken, muss man ihr natürlich zunächst Hundert-Dollar-Scheine geben, aber Hundert-Dollar-Scheine herzugeben, ist großer Aufwand und das möchte man nicht immer tun, also reduziert man es irgendwann auf 90.“ 

Das heißt, zu Beginn einer Beziehung werden maximale Anstrengungen seitens des Mannes unternommen, die im Verlauf der Zeit immer weiter reduziert werden, bis schließlich nur noch das Nötigste gemacht werden muss. "Sie wird den Rückgang der Anstrengung spüren, aber wenn sie versucht, es zu Sprache zu bringen, wird sie verrückt klingen.“

Doch das Perfide am Penny-Dating kommt erst noch: "Jetzt wird es krank“, so Tham. "Das Nächste, was sie tun, ist, den Wert wieder auf 95 zu erhöhen. Anstatt das Gefühl zu haben, dass sie fünf verloren haben, hat sie plötzlich das Gefühl, fünf gewonnen zu haben.“

Dieses manipulative Hin-und-Her-Spiel treiben Männer, bis die Standards ihrer ahnungslosen Partnerin völlig ins Wanken geraten. "Im Grunde wiederholt man diesen Zyklus immer wieder und entwöhnt sie von seinen Bemühungen, bis man an dem Punkt kommt, an dem man ihr ein paar Cent gibt und sie sich plötzlich über einen Cent freut“, so die TikTokerin. 

Ein alter Stereotype neu aufgerollt

Wie so oft ist auch dieser Dating-Trend keine Erfindung der Moderne, sondern beruht auf verankerte gesellschaftliche Konstrukte. Die gesamte Methode basiert auf dem längst veraltetes Beziehungsmodell, demnach Frauen ihre Sicherheit in den Finanzen der Männer finden – ein Konzept, bei dem die meisten unabhängigen Frauen wohl heutzutage die Augen verdrehen.

Unterschiedliche Studien haben zwar gezeigt, dass Geld für Frauen eine prominente Rolle im Leben spielt, doch auf Gier oder Status ist das nicht zurückzuführen. "Angesichts der kostspieligen Natur der Aufzucht von Nachkommen in der Umgebung ihrer Vorfahren hätten Frauen, die keinen erfolgreichen Partner gefunden hätten, Schwierigkeiten gehabt, sich fortzupflanzen. Die Vorlieben der Frauen für erfolgreiche Männer hätten sich an die Nachkommen weitergegeben, was zu den Mustern geführt hätte, die wir heute sehen“, so Dr. Peter Jonason von der University of Western Sydney, Experte für Persönlichkeitspsychologie. 

Gemeinsam mit seinen Kollegen von der Singapore Management University und der New Mexico State University hat er eine Reihe von Untersuchungen über die Präferenzen der Menschen für "Partner mit Ressourcen“ abgeschlossen. Dabei fanden sie heraus, dass Frauen mehr an der Ertragsfähigkeit eines Mannes als an der Größe seines Geldbeutels interessiert sind. 

In drei separaten Studien wurden die Präferenzen von 668 Teilnehmenden für Partner mit Geld analysiert, die aus unterschiedlichen Quellen stammen – darunter Arbeitseinkommen, Erbschaften, Glücksfälle und Unterschlagung. 

In einer Studie nahmen 100 Frauen an einer Online-Umfrage teil. Sie wurden gebeten anzugeben, ob sie einen Mann bevorzugen, der sein Geld eigens verdient oder geerbt hat. 90 Prozent der Befragten gaben dabei an, eine Liebesbeziehung mit einem Mann zu bevorzugen, der sein Geld selbst erwirtschaftet hat. Nur fünf Prozent hingegen würden die Bindung mit einem Mann eingehen wollen, der sein Geld geerbt hat.

Wenn es nicht um eine ernsthafte Beziehung, sondern um ein sexuelles Arrangement wie einen One-Night-Stand ging, gaben weniger als 60 Prozent der Frauen an, dass sie einen Mann wollen, der sein Geld eigenes verdient. 

Jonason erklärt die Studienergebnisse wie folgt: "Außerdem ist es für Frauen rational, Partner zu bevorzugen, die ihr Einkommen verdienen, gegenüber denen, die einfach nur Geld haben. Die Fähigkeit, durch direkte Anstrengung ein stetiges Einkommen zu erzielen, spiegelt bestimmte zugrunde liegende Eigenschaften wie Intelligenz und eine starke Arbeitsmoral wider. Die Wahl eines Partners mit diesen Eigenschaften ist für Frauen eine sicherere Wahl, denn wenn das Geld knapp wird, besteht eine größere Chance, dass ihr Partner in Zukunft wieder finanzielle Stabilität erlangt.“

Eine Kommentarspalte mit Gegenwind

Unter Thams Videos häufen sich die Kommentare. Die Nutzer zeigen sich alles andere als begeistert von diesem manipulativen und toxischen Dating-Trend. Ein User nennt die Methode "Soziopathen-Mathematik“. Ein anderer schreibt: "Sie können mich nicht davon überzeugen, dass das keine psychologische Folter ist.“

Auch Tham greift die Meinung ihrer Kommentatoren auf. Sie selbst sagt, der beängstigende Dating-Trend sei nur eine weitere Erinnerung daran, wie wichtig es für Frauen ist, ihren Wert zu kennen, wenn sie eine neue Beziehung eingehen. 

Abschließend mahnt sie: "Ich denke, die Kernaussage bei all dem ist, dass wir niemals weniger als Hundert-Dollar-Scheine akzeptieren sollten.“ 

Über Janet Teplik

Digital Producer bei freizeit.at. Nach dem Studium der Geschichte, Germanistik und Kunstgeschichte zog die gebürtige Deutsche nach Wien und studierte Publizistik und Kommunikationswissenschaften. Zuletzt war sie stellvertretende Chefredakteurin bei der MG Mediengruppe.

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