Ein Paar küsst sich, dargestellt in einer Herzform.

Lippen und Erotik: Warum zu viel Fülle unattraktiv wirken kann

Lippen locken, lügen, verführen – geschminkt, mit Fillern oder ganz pur. Kaum ein Körperteil steht so für Lust, Jugend und den Wunsch, begehrt zu werden.

Die Vermessung der Welt beginnt – natürlich – beim Menschen. Und zwar: bei den Lippen. Hätten Sie gewusst, dass es auch hier ein Idealmaß gibt? Eben. Eine aktuelle Studie zur „Lippenästhetik“, veröffentlicht in Plastic & Reconstructive Surgery – Global Open, wollte erheben, welche Lippenformen besonders attraktiv wirken, und ab wann’s zu viel des Guten ist. Das Ergebnis: Am besten bewertet wurden Proportionen, bei denen die Oberlippenhöhe zwischen 20 und 25 Prozent der „hemi-lip width“ lag. Diese bezeichnet die halbe Gesamtbreite der Lippen – also von der Mitte der Lippen bis zu einem Mundwinkel. Das ideale Verhältnis von Ober- zu Unterlippe liegt irgendwo zwischen 0,618:1 und 1:1 – also ziemlich genau beim Goldenen Schnitt. Symmetrie, Baby.

Alles, was darüber hinausgeht, landet schnell im Genre Karikatur – oder auf einem Instagramfilter von 2014. Vielleicht sollte man diese Erkenntnis als Warnhinweis am Spiegel ästhetischer Arztpraxen anbringen. Denn: Zu viel Filler macht den Kuss nicht voller, sondern das Gesicht kleiner. Und unsexy, wie die Mehrheit der Befragten fand. Übrigens: Männer mochten es etwas fülliger als Frauen. Man ahnt, warum. Dass volle Lippen ein Klassiker erotischer Anziehung sind, fällt jetzt aber auch nicht in die Kategorie „Breaking News“. Über Kulturen hinweg gelten sie als anschauliches Zeichen für Jugend, Fruchtbarkeit, gute Östrogenwerte und solide Flirtkompetenz. Der Mund als eine Art erotisches Megafon des Körpers. Und: Lippen reagieren auf sexuelle Erregung. Sie schwellen an, bekommen mehr Farbe, wirken praller. Ein körpereigener Hochglanzeffekt, also. Vielleicht war das ja der Ursprung des legendären Kussmundes: kein inszeniertes Schmollen, kein Statement, einfach ein Reflex auf Nähe.

Der Mund als eine Art erotisches Megafon des Körpers. Und: Lippen reagieren auf sexuelle Erregung. Sie schwellen an, bekommen mehr Farbe, wirken praller. Ein körpereigener Hochglanzeffekt, also. 

Kein Wunder, dass jede Generation ihre Ideale hat: Marilyn Monroes herzförmiger „Kiss me“-Look, Bardots Lippen in Dauer-Schmollpose, Angelina Jolies Hollywood-Lippen, Kylie Jenners Business-Kussmund, Billie Eilishs cooler Fast-nichts-sagen-Mund. Lippen sind Zeitgeist in Farbe. Sie spiegeln Begehren, aber auch Zurückhaltung.

Und dann gibt es ja noch die steile These vom britischen Evolutionsbiologen Desmond Morris: Unsere Lippen seien nur deshalb so sexy, weil sie – nun ja – an andere Lippen erinnern. Also die untere Körperhälfte betreffend. Gerötet, weich, nach außen gewölbt – das Gesicht als genitaler Spoiler. Laut Morris ein evolutionärer Masterplan. Erotik mit Tarnkappe. Klingt schräg. Und irgendwie auch poetisch, ist aber wissenschaftlich überholt. Neuere Studien setzen lieber auf weniger anzügliche Erklärungen. Lippen als Symbole von Gesundheit, Empathie und Signalwirkung. Sie sind sichtbar, sensibel, durchblutet – perfekt für die stille Kunst der nonverbalen Verführung. Oder des passiv-aggressiven Schmollens. Oder für ein dramatisch inszeniertes Duck Face. 

Letzteres feierte seinen Siegeszug ab 2010, mit Instagram, Selfie-Wahn und Teenie-Ikonen à la Kardashian-Jenner. Die nach vorn geschobene Lippe sollte die Wangenknochen heben, den Mund betonen – und signalisieren: „Ich bin heiß.“ Oder: „Ich tu nur so, als wäre ich heiß.“ Das Duck Face wurde schließlich zur ironiefreien Signatur einer Generation. Zwischen Selbstvermarktung und Parodie. Zwischen Verführung und Meme. Ist angeblich wieder rückläufig, genauso wie exzessives Lippen-Tunen. Im Trend liegt der Rückbau. Filler raus. Von der Schlauchboot-Schnute zur sanften Kontur. Auch das ist ein Lippenbekenntnis. Diesmal vielleicht sogar ehrlich – und angenehm authentisch.

Rendite

Geld macht Singles nicht glücklicher, aber paarungswilliger. Laut einer neuen Studie im „Journal of Marriage and Family“ steigt mit dem Einkommen nicht die Zufriedenheit am Singledasein, sondern die Lust auf Nähe. Heißt: Wer mehr verdient, fühlt sich eher bereit für eine Beziehung und landet auch häufiger in einer. Entscheidend ist die finanzielle Stabilität – es geht nicht um kurzfristige Einkommenssprünge. 

Gabriele Kuhn

Über Gabriele Kuhn

Seit 1995 an Bord des KURIER - erst 14 aufregende Jahre lang als Ressorleiter-Stv. im Freizeit-Magazin, dann als Leiterin des Ressorts Lebensart. Seit 2017 Autorin. Kolumnistin. Interessens- und Know-How-Schwerpunkte: Medizin, Lifestyle, Gesundheit. Und Erotik. Die ironische Kolumne "Sex in der Freizeit" gibt es seit 2002. Damit's nicht fad wird, schreibe ich seit Anfang 2012 die Paar-Kolumne "Paaradox" gemeinsam mit Ehemann und Journalist Michael Hufnagl. 2014 wurde Paaradox zum Lesekabarett - mit Auftritten im Rabenhof und auf vielen Bühnen Ostösterreichs.

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