Guido Tartarotti

Überleben: Die Kolumne ist nicht gut

Wenige Menschen haben mich so geprägt.

Es war im Jahr 2005, da sagte Michael Horowitz zu mir: „Ich glaube, du kannst besser werden.“ Damit hatte er natürlich recht. Und dann bot er mir eine Kolumne in der Freizeit an. Eine Freizeit-Kolumne war immer mein Traum gewesen. Und ich wusste auch immer, wie sie heißen sollte: ÜberLeben. 

Wir haben uns sehr schnell auf den Titel geeinigt. Für mich ging damit ein Traum in Erfüllung: Eine Kolumne in der Freizeit war immer mein Ideal gewesen. Was mich besonders beeindruckte: Michael Horowitz gab mir völlige Freiheit, worüber ich schreiben sollte. Hauptsache, lustig sollte es sein. Für mich war das das Größte: Eine eigene Kolumne in meinem Lieblingsmagazin. Plötzlich war ich nicht mehr nur Journalist, ich war Kolumnist, und das war für mich das Größte.

Nach meiner ersten Kolumne bat mich Michael in sein Büro und sagte schelmisch: „Die Kolumne ist nicht gut.“ Pause. „Nein, sie ist sehr gut.“ Für mich änderte sich dadurch mein Leben. Ich schrieb über Urlaube, die Liebe, die Freundschaft und das Leben an sich. Nicht jede Kolumne war sehr gut, aber die meisten hatten Qualität, hoffe ich jedenfalls.

Michael war immer freundlich zu mir, seine Art war charmant, gleichzeitig intelligent und gebildet. Er hat mich immer beeindruckt. Seine Stimme war angenehm und freundlich, er war überhaupt ein zutiefst freundlicher Mensch. Mich haben die Begegnungen mit ihm verändert, ich lernte nachzudenken, die Dinge zu hinterfragen, ich lernte auch, Essen und Trinken und Kunst zu hinterfragen. Wenige Menschen haben mich so geprägt.
Dass Michael jetzt gestorben ist, ist nicht weniger als ein Skandal. Wie ich ohne seinen Rat leben soll, ist mir völlig unklar.

Solche Menschen wie Michael werden nicht mehr gefertigt, und ich werde ihn ungeheuer vermissen.

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

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