Chaos de luxe Kolumne: "Es hatte nichts zu bedeuten”

Requiem auf den promisken Saurier-Typen.

Ich zog mir kürzlich die Serie "Wilderness”  auf Amazonien rein. Anständige Menschen meditieren oder wandern, ich verschlucke nach anstrengenden Tagen Serien. Der Plot: Hipster-Jungpaar in New York. Im todschicken Tribeca-Loft ein ständiges "Love you”- "Love you even more”-Pingpong, fantastischer Sex, ans Bett gebrachte Smoothies, der ganze Zinnober. Doch irgendwann checkt die Frau, die noch dazu über ein Bambi-Gesicht von hoher Leidensfähigkeit verfügt, dass der vermeintliche Jackpot-Gatte sein halbes  Büro  niederstreckt. De facto war dieses Genre Mann, mit dem Zusatz "Casanova-Komplex” versehen, lange ein salonfähiger Prototyp. Bis zum #Metoo-Einschlag fielen solche unter wilde Kerle, einfach nicht zähmbar.  

Danke Mädels von der "New York Times”, dass ihr diesen Typ Mann mit dem Stempel "Maximal haltbar bis  2017” zum traurigen Restposten vergangener Dekaden degradiert habt. Manche von denen stehen noch immer entwicklungsresistent an diversen Tresen in zerzauster Selbstherrlichkeit und klimpern mit ihren Autoschlüsseln. Die Rechtfertigungstiraden dieser Typen nach Untreue-Überführungen sind überschaubar originell. Offensichtlich hat sich die  weltweite Gewerkschaft für promiske Männer auf folgendes Stufenprogramm geeinigt: "Wir sind nur Kollegen/Freunde.”/ "Es war nichts.”/ "Ok, es war nur eine Nacht. Wir waren beide betrunken.”/ "Es hatte nichts zu bedeuten”/ "Dich liebe ich, das ist nur Sex”/ "Wieso schnüffelst du in meinem Handy? Ok, ein zweites Mal...”/"Sie textet mir ständig. Was soll ich machen? Die Frau ist wie besessen von mir, sie braucht Hilfe.” Und wenn man damit nicht mehr landen kann, kommt dann: "Ich weiß nicht, was mit mir los ist.Ich brauche Hilfe...” Und das Schlimme ist, dass man früher tatsächlich lange glaubte "Ich bin das Problem”, weil nicht genügend. Die neue Girls-Genaration seufzt da nur mit mondänem Desinteresse: "Red flag-Typ, voll groß, abhaken!” Das ist äußerst beruhigend.

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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