Polly Adlers Chaos de luxe: Beziehungsstatus: Das blaue Eis muss weinen
Manche Mütter sind echte Frustrationstoleranz-Killer
"Welches Eis dann, Ruben?” – "Ich will ein blaues.” – "Es gibt kein blaues, aber schau, das grüne ist auch toll.” – "Nein, nein, nicht grün. Blödes, blödes Eis!” Das Kind wirft sich auf den Boden, die Mutter hockt sich zu dem tobenden Buben und beginnt in einem NLP-geschulten Meeting-Ton mit ihm zu verhandeln: "Ich verstehe total, dass du jetzt enttäuscht bist. Das nächste Mal gehen wir wieder dorthin, wo das blaue Eis verkauft wird. Oder willst du lieber ein Schleckeis?” Klein-Höllenruben, voll aufgedreht: "Neeein! Kugel, nur Kugel. Scheiße-Schleckeis.”- "Oh, das ist aber kein liebes Wort. Da muss das Eis gleich weinen.” Nicht nur ich, auch fünf andere Menschen stehen vor der Eistheke in der Schlange, während wir Zeuge dieses Arbeitskreises werden dürfen, der sich irgendwo zwischen Camp-David-Verhandlungen und dem antiautoritäten Erziehungsprojekt Summerhill bewegt.
Man ist ja Kummer gewohnt in solchen Schlangen. Besonders gern hat man, wenn man wirklich nur schnell ein hundsordinäres Kipferl in der Brotboutique will und eine Weizen-Paranoide oder Gluten-Hysterikerin vor einem über jeden verfügbaren Laib ein Kurzreferat begehrt ("Wie hoch ist hier der Roggenanteil?” – "Sie sagten Fenchel-Zusatz, also, nein Fenchel ist mir zu intensiv, aber was ist mit dem daneben?”) "Wir haben beim Falschmachen alles richtig gemacht”, resümierte C, die auch einen erwachsenen Fortpflanz hat, "irgendwie aus der Instinkt-Hüfte die Brut hoch gezogen. Freebasing halt. Aber diese neuen Heli-Mums schrauben mit ihrem "Ich-verstehe-dich-total-aber-können-wir-uns-darauf-einigen-dass..-Modus die Frustrationstoleranz ihrer Mini-Egoshooter unter Null.”– "Und weißt du, was das Tolle ist?”, fragte ich sie. "Nu?” "Es kann uns so wurscht sein wie Muttertag in Afrika, ” um ein Bonmotscherl meiner Freundin B zu strapazieren.
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