„Alles gut”
Redewendungen, die Aggressionsbereitschaft zum Erblühen bringen
Es gibt Redewendungen, die mein Aggressions-Adrenalin zur Blasenbildung anregen. „Alles gut” ist zum Beispiel so eine. „Alles gut” besitzt nämlich auch einen durchaus bedrohlichen Unterton. Denn „Alles gut” in so einer Tonlage, die jederzeit ins Hysterische kippen könnte, sagen oft Menschen, die in ihrem Kopfkino bereits diverse Tötungsarten für ihr Gesprächsgegenüber flimmern haben. In diese Kategorie fällt auch die präventive Beurteilung eines Themas (gerne in Redaktionskonferenzen) „total spannend”, man kann davon ausgehen, dass alles „total Spannende” sich als so lähmend wie ein langer Regentag erweist. In „G’scheithosen” (Altausseer Idiom für abgehobene Intellektuelle)-Diskussionen fallen oft gerne Phrasen wie „das Narrativ hat sich drastisch geändert”, oft purzelt man gleich danach in „eine Dystopie”.
Ein Wort übrigens, dem ich gerne die Frage stellen würde: „Wo warst du eigentlich meine letzten dreißig Jahre und warum bist du nicht einfach dort geblieben?”Wenn man mit dem Generation-Z-Fortpflänzen konversiert, wird man sowieso zum nationalistischen Sprachpolizisten. Wohl Temperiertes bekommt unisono „nice” drauf gestempelt, „sus” (Kurzform von suspicious/verdächtig) wird für diskussionswürdiges Benehmen/Essen/Musik eingesetzt. Der Ausdruck von Emotionen, der über die Grenze derPeinlichkeit schwappt, ist „cheesy”. Tinderellas (also Fräuleins, die auf Tinder nach Dates fischen) besitzen bereits ein empirisch fundiertes Sensorium für „red flags” bei den Buben - in Form von Mutterproblematik, Peter-Pan-Syndrom, Will-irgend-was-Kreatives-machen-Laschheit.
Ein Freund, der eine Werbeagentur besitzt, bekam von einem Gen-Zler kürzlicheine Abwesenheits-Entschuldigung mit der Begründung, dass der „emotionally not in the right place” sei. Daraufhin fiel ihm nichts anderes als ein bedrohliches „Alles gut” von sich zu geben.
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