Der Sauerstofftank der Freundschaft

Zu herzen sind die, die man jederzeit nachts um vier anrufen kann.

Zum Thema Cool-Aging ist Jane Fonda, 85, mein Idol. Die Teuerste hat noch immer ein flammendes Protest-Gen, ihre TV-Serie „Grace & Frankie“ sollten sich alle reinziehen, die ständig über ihre Wehwehchen jammern, Do-it-yourself-Backwerk posten und die blutsverwandten Generation Zler mit Sätzen wie „Das haben wir alles nicht gehabt“ torpedieren. Der einzige Knick in meiner Verehrung ist, dass sie der Schönheit ihres Gesichts nicht vertraut hat und es in die Kategorie „unbekannt verzogen“ bugsieren ließ.

Kürzlich sagte meine Jane, befragt nach dem Geheimnis ihrer guten Laune: „Meine Freundinnen sind mein Sauerstofftank. Mein Lieblings-Ex-Ehemann sagte einmal, ab 60 triffst du keine Leute mehr, die einen bedeutenden Platz in deinem Leben haben werden. Er hat sich auch dabei geirrt.“ In der Kulturtechnik der Freundschaftspflege sind manche, besonders in der Herrenabteilung, völlig talentbefreit. Freundschaften funktionieren nach dem Kreditkarten-Prinzip: Man kann nicht ständig abheben, ohne je etwas einzuzahlen – in den Währungen Zuwendung, Interesse, Angeboten von gemeinsamen sozialem Tralala und Trouble-Shooting, wenn es eng werden sollte. Menschen, die behaupten, dass sie keine Freunde brauchen oder einfach keine haben, sollten einem suspekt sein. Solche, die sich auf digitales Lausen in Whats-App-Gruppen beschränken und über Monate kein „Ich will dich wieder einmal sehen“ loslassen, kann man getrost sanft entschlummern lassen.

Zu herzen sind vor allem jene, die man nachts um vier anrufen kann, wenn man heulend in der Notambulanz gelandet sein sollte. Ich habe vier davon. Das ist eine Form von Reichtum, dessen Zinsen stetig steigen. Und der nicht hormonellen Schwankungen ausgesetzt ist, wie die Eros-Liebe, die natürlich, zugegeben, auch mehr Adrenalin-Lametta hat.
 

Valentinstag-Special mi8t Polly Adler und ihrer Truppe  im Rabenhof

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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