Vom Jammern und Sündigen
Über Generationenkonflikte und die komplizierte Beziehung zwischen Jungeltern, Einwegwindeln und Plastikprodukten
Eine Dame, die in der Schule des Lebens einige Semester mehr absolviert hat als ich, schrieb mir: „Jungeltern heutzutage jammern viel zu viel.“ Ihr zufolge habe meine Generation aus drei Gründen kein Anrecht auf Klage: 1. Waschmaschine 2. Trockner 3. Einwegwindeln. Anno dazumal musste sie dem Gatten dankbar sein, dass er während ihres „Krankenhausurlaubs“, wie er die Geburt jedes weiteren Sprösslings bezeichnete, die schon vorhandenen Kinder beaufsichtigte. Kam sie mit dem Neugeborenen nach Hause, wartete ein gewaltiger Berg Wäsche und verschmutzter Stoffwindeln.
Die Dame hat recht: Einwegwindeln sind ein Segen. Meine eigene Oma fragt mich regelmäßig, ob es meiner Generation den Vogel raushaut, wenn lautstark zur Rückkehr zur Stoffwindel aufgerufen wird. Dann muss ich sie beruhigen: „Keine Sorge, der Dottore Amore und ich versuchen, auf andere Art unseren Beitrag zu leisten und wickeln mit extrasaugstarken Umweltsündern.“ Wir zahlen für diese Umweltsünden allerdings genau wie für unser Jammern regelmäßig Strafe: Denn wo Einwegwindeln sind, ist Plastikspielzeug meist nicht weit. Kleine Sandrechen, Duplosteine, Autos.
Man muss sie nicht einmal selbst kaufen. Dieses Klumpert findet auf magische Weise seinen Weg in jedes Kindes Zuhause, weil unabsichtlich mitgenommen oder von größeren Cousins säckeweise angekarrt. Egal, wie emsig man das abendliche Jetzt-räumen-wir-alles-z’sam-Spiel betreibt: Besonders Spitzes bleibt liegen, damit das übermüdete Jungelternteil später arglos und bloßfüßig draufsteigt. Egal, worüber gejammert wurde, im Antlitz dieses in Mark und Bein stechenden Schmerzes ist es nichtig, und sogar überzeugte Umweltschänder schreien nach sofortigem Plastikverbot. Vieles war früher schwerer. Doch zumindest lauerte weniger Plastikklumpert, um müden Elternfüßen den letzten Rest zu geben.
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